Mittwoch, November 20

Martin Bürki von der FDP setzte sich für die Coupons ein. Nun kritisiert er, dass der Entscheid «durchgestiert» werde.

Als es im Zürcher Gemeinderat Ende September um die kostenlosen Entsorgungscoupons ging, wurde die Debatte hitzig. Das Tiefbaudepartement von Stadträtin Simone Brander (SP) hatte beschlossen, diese Coupons abzuschaffen, um das Zürcher Recycling-Regime zu reformieren. Der Gemeinderat war gegen eine sofortige Abschaffung und überwies daraufhin ein entsprechendes Postulat an die Stadtregierung.

Doch nun zeigt sich, dass die Coupons in den Augen von Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) schon Geschichte sind. In diesen Tagen verschickte ERZ ihre Informationen für 2025. Den Couverts liegen keine Gutscheine für kostenloses Entsorgen mehr bei. Einzig einen Gebührensack mit 10 Liter Volumen bekommen Zürcherinnen und Zürcher noch geschenkt.

Auf der Website von ERZ heisst es als Begründung: Die Coupons widersprächen dem städtischen Ziel, «Abfall zu vermindern und vermeiden», weil sie es den Zürcherinnen und Zürchern erlaubten, jährlich bis zu 400 Kilogramm Abfall gratis zu entsorgen.

Für Martin Bürki (FDP), den Verfasser des gemeinderätlichen Postulats, ist dieses Vorpreschen eine unangenehme Überraschung. Sogar die SP hat sein Postulat im September unterstützt – gegen ihre eigene Stadträtin. Das Postulat wurde mit einer wuchtigen Mehrheit von 91 zu 16 Stimmen angenommen und forderte den Stadtrat auf, den Erhalt der Coupons zu prüfen. Auf der Onlineplattform Campax haben inzwischen mehr als 4000 Personen eine Petition mit ähnlichem Inhalt wie das Postulat unterschrieben.

Martin Bürki sagt zur NZZ: «Ich verstehe nicht, warum sich Frau Brander über diesen offensichtlichen Willen von Volk und Gemeinderat hinwegsetzt.» Er findet es stossend, dass die Abschaffung der Coupons «so durchgestiert» werde.

Eine Ungerechtigkeit ersetze eine andere

Der ursprüngliche Grund für die Debatte war die Feststellung des Stadtrates, dass das bisherige Entsorgungsregime ungerecht sei. Denn die Coupons finanzierten sich über die Abfall-Grundgebühr. Damit hätten alle gleich viel gezahlt – profitiert hätten davon aber vor allem jene, die auch viel entsorgt hätten.

Deshalb schaffte ERZ die Coupons kurzerhand ab. Stattdessen sollen Zürcherinnen und Zürcher ab dem kommenden Jahr mehr mobile Angebote wie das Cargo-Tram oder die neuen Recycling-Lastwagen nutzen. Diese dezentralen Angebote wurden in den vergangenen zwei Jahren ausgiebig getestet und sollen bis 2026 ausgebaut werden.

Für Brander ist diese Lösung ökologischer und sozialverträglicher. Denn so würden Autofahrten nicht mehr mit Gutscheinen für kostenloses Recycling belohnt. So sagte sie sinngemäss während der Ratsdebatte.

Martin Bürki begrüsst es zwar, dass die Stadt neue Vorschläge für das Recycling mache, ist mit den Plänen der Tiefbauvorsteherin aber nicht einverstanden. Bis die mobilen Recycling-Angebote ausgebaut seien, brauche es die bisherigen Coupons als Übergangslösung.

Sonst werde bloss eine Ungerechtigkeit durch eine andere ersetzt, sagt er. Das Übergangsregime sei nachteilig für Personen weit von den Entsorgungsstellen entfernt wohnten, aber grosse Gegenstände loswerden wollten. «Wenn man einen schweren Blumentopf wegwerfen will, ist das Cargo-Tram gut. Aber was machen Sie mit einem Sofa?»

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Für solche Fälle verweist ERZ auf einen Service, den es heute schon gibt. Doch der Abholdienst muss im Voraus reserviert werden. Er kostet mindestens 86 Franken – und nochmals so viel, wenn das Aufladen des Abfalls länger als eine Viertelstunde dauert. In den Entsorgungshöfen Looächer und Werdhölzli kosten 100 Kilogramm Abfall demnächst 20 Franken.

ERZ verweist zudem auf «private Unternehmen», die ähnliche Dienstleistungen im Angebot hätten.

Das definitive Ende der Coupons ist aber noch nicht besiegelt. Während der Weisungsdebatte der zuständigen Kommission im Gemeinderat werden die Parlamentarier eine letzte Gelegenheit haben, sich einzubringen. Diese Gelegenheit will Martin Bürki unbedingt nutzen: «Je nachdem, ob wir eine Mehrheit finden, bringen wir die Coupons als Übergangslösung noch einmal zurück», sagt er.

Dann dürfte es im Gemeinderat wieder hitzig zugehen.

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