Sonntag, Oktober 20

Austern sind gleichermassen beliebt bei Gastronomen wie bei Gourmets. Der Aufwand beim Servieren ist überschaubar, der Genuss hoch. Dass man die Schalentiere nicht nur im Herbst und Winter essen kann, hat sich allerdings noch nicht herumgesprochen: Viele Zürcher Austernrestaurants haben sich auf die kalte Jahreszeit spezialisiert.

Echte Kenner bestellen nicht einfach nur Austern, sondern wissen genau, was sie wollen. Sie kennen die Grössen, den Unterschied zwischen Spéciales und Fines de Claire (Erstere sind oft fleischiger und/oder länger geklärt) sowie die unterschiedlichen Herkünfte. Seit ein paar Jahren wissen sie auch Bescheid darüber, welche Züchter sich einen Namen gemacht haben, wie sich die Ware von Gillardeau von jener unterscheidet, die Tarbouriech und Hervé in den Handel bringen. Es geht, kurz gesagt, um Terroir!

Für die edelsten Waren, etwa die nur noch in kleinen Mengen gezüchteten flachen Austern (Ostrea edulis), die beispielsweise als Belons auf den Markt kommen, wird einiges gezahlt, aber auch Vertreter der Standardsorte Crassostrea gigas können teuer sein. So manche Auster ist halt nicht mehr, wie früher, ein Alltagssnack, sondern ein Luxusprodukt, und mehr als zehn Franken pro Stück sind keine Seltenheit mehr. Dass man Austern auch im Sommer bedenkenlos essen kann, hat sich bislang freilich nicht herumgesprochen. Spätestens zu Frühlingsbeginn will üblicherweise niemand mehr Schalentiere verzehren.

«Brasserie Lipp»: Austern bis zum Abwinken

Die Dépendance des berühmten Pariser Bistros gleichen Namens hat jede Menge Austern im Angebot und stellt sie gern zu Probierplatten zusammen. Gehobene Preise sind einzukalkulieren. Fines de Claire der Grösse Nr. 3 kosten sieben Franken das Stück, die renommierte Tsarskaya (Nr. 2) schon 9 Franken 50, die Gillardeau gleichen Umfanges gar 13. Kenner bestellen die Luxusvariante mit dreissig unterschiedlichen Austern zu 189 Franken.

«Hummerbar»: Luxus an der Bahnhofstrasse

Man muss hier nicht Hummer essen, sondern kann sich auch Seezunge, Wolfsbarsch, sogar Kalbsrücken bestellen. In dem 1935 eröffneten Restaurant, das ein bisschen wie aus der Zeit gefallen wirkt, geht es aber auch sehr austernaffin zu. Kenner können sich gleich einen Degustationsteller mit Belonaustern, solchen des Züchters Gillardeau und den aus Irland stammenden Ostra Regal zusammenstellen lassen. 8 Franken für eine Belon Nr. 0 sind nicht überteuert.

«The Grand Heritage»: Austern überbacken

Natürlich wird ein Teil des Austerngeschmacks überdeckt, wenn man die Tiere erhitzt und mit weiteren Zutaten ergänzt. Doch es entsteht auch etwas Neues, Eigenständiges. Was die Gourmets schon vor fünfzig Jahren wussten, weiss auch das «Grand Heritage», das als Pop-up der etwas anderen Art bis in den Februar 2025 existieren wird. Austern «Vladimir» stehen hier auf der Karte, wie vor hundert Jahren, also überbacken mit buttriger Sauce und zu 9 Franken pro Stück.

«Frisk Fisk»: Austernkompetenz

Kaum ein anderes Restaurant hat sich so auf Fisch und Meeresfrüchte aus besten Quellen spezialisiert wie dieses. Zwei Sorten gibt es derzeit, die Fines Nr. 3, also eine mittlere Grösse, und die etwas mehr Inhalt bietenden Spéciales, die einen zu 30 Franken für sechs Stück, die anderen zu 36. Dazu das ausgezeichnete Sauerteigbrot und ein Glas des nicht weniger exzellenten Crémants von Rieffel, und das Glück ist vollkommen.

«Brasserie Louis»: Austern, Muscheln, Zwiebelsuppe

Französische Esskultur wird zelebriert in diesem Zürcher Bistro, das sich für fast vergessene Spezialitäten einen Namen gemacht hat. Champagner mit Cassislikör als Apéritif ist ja bei Kennern aus der Mode gekommen, gratinierte Zwiebelsuppe leider auch. Hier stehen im Herbst Muscheln noch mehr im Vordergrund als Austern, aber auch die sollte man sich genauer anschauen. Fines de Claire der mittleren Grösse kosten 31 Franken für sechs Stück.

«Brasserie & Bar» im «Savoy»

Eine Adresse, die sich nicht nur für ihre Süssspeisen einen Namen machen konnte, sondern die auch mit neu interpretierten Klassikern der Brasserieküche Furore macht. Anders als bei «Lipp» gibt es hier keine riesige Auswahl an Austern, aber die Gillardeau Nr. 2 zu 13 Franken das Stück. Gäste werden gebeten, mindestens drei zu bestellen, bekommen dazu aber auch Ponzu, die japanische Würzsauce. Ob man die verwenden oder Austern dieser Art bloss pur essen sollte, ist Gegenstand intensiver Diskussionen.

«Austernbar»: Ein paar Delikatessen im Stehen

Wenn jemand sich spezialisiert hat auf das Zusammenspiel von Austern und Wein, dann dieses Lokal im Viadukt. Und wenn man die Preise und das Angebot dazurechnet, dann wird klar, dass man sich auf der Stelle aufmachen sollte. Gerade einmal 3 Franken 50 für eine Auster der Sorte Fines de Claire mittlerer Grösse des Austernzüchters David Hervé, gerade einmal 4 Franken für eine BB Peter Spéciale und 6 Franken 50 für die legendäre Irish Mór. Dazu gibt es gleich mehrere herausragende Champagner glasweise.

«Lux»: Austern für alle Fälle

Austern oder Jahrgangssardinen? Egal. In diesem Restaurant geht es weniger um das Zelebrieren von Austern, sondern darum, den Appetit zu stillen. Schalentiere der Sorte Fines de Claire zu 6 Franken das Stück sind gerade noch akzeptabel bepreist. Und wer nicht satt wird, lässt die Sardinen samt Sauerteigbrot folgen.

«Bar Iris»: Austernfreitag

Warum nicht einmal aufbrechen in Richtung Flughafen? In der Bar im dortigen «Hyatt» werden nämlich im Moment auch Austern angeboten – passend zum ebenfalls ausgeschenkten Champagner. Jeder Freitag im Oktober ist den Mollusken aus Frankreich der Kategorie Fines de Claire gewidmet. Ein cool designtes Ambiente und das beachtliche Angebot an Cocktails gibt es als Zugabe.

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