Freitag, April 25

Die vierzig Unternehmen aus dem deutschen Leitindex Dax werden 2025 wieder Milliarden zur Ausschüttung bereitstellen. Wer im nächsten Jahr voraussichtlich zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern zählen wird, und welche Titel echte Dividendenperlen sein könnten.

«Wissen Sie, was das Einzige ist, was mir Freude bereitet? Zu sehen, wie meine Dividenden eintrudeln.»
John D. Rockefeller, US-amerik. Unternehmer und erster Milliardär der Weltgeschichte (1839-1937)

Der deutsche Leitindex hat dieses Jahr kräftig zugelegt. Viele der Dax-Konzerne erzielen einen Grossteil ihres Umsatzes und Gewinns im Ausland und dort läuft das Geschäft – im Gegensatz zum Heimatmarkt. Mittlerweile liegen die Resultate der ersten neun Monate vor und die Prognosen werden genauer, so dass Anleger absehen können, was Unternehmen im nächsten Frühjahr an Dividende ausschütten können.

The Market wagt die Prognose und sagt für die vierzig Unternehmen aus dem Dax eine Dividendensumme von 49 Mrd. € voraus. Dennoch: «Die Dividendensumme eines Index ist ein Eyecatcher, für den Investor aber weitgehend irrelevant, nicht zuletzt, weil die Zahl ja gar nicht handelbar ist», sagt Christian Röhl. Er ist Mitherausgeber einer jährlichen Dividendenstudie, Investor, Bestsellerautor, und neuerdings auch Chief Economist des Neobrokers Scalable Capital. Röhl veröffentlicht seinen Bericht immer erst nach Vorliegen der Ist-Daten zum Stichtag Ende März und kann daher keine konkrete Summe vorhersagen. Doch auch er erwartet, dass sie niedriger ausfällt als in diesem Frühjahr, als die Dax-Unternehmen seiner Erhebung zufolge insgesamt 52,9 Mrd. € an ihre Aktionäre ausschütteten.

Der Hauptgrund für den Rückgang der Gesamtsumme: Die einstigen Goldesel, die deutschen Autobauer, schwächeln. Die Autowerte standen zuletzt für ein Drittel der Dax-Ausschüttungen. Ob dies 2025 erneut der Fall sein wird, ist fraglich.

Dividendenrendite im Dax: nur noch 2,7%

In der Vergangenheit brachten die Dax-Konzerne ihren Anteilseignern vor Steuern allein durch die Dividende eine Rendite von im Schnitt 3,1% pro Jahr. Da die Kennzahl die Gewinnausschüttung je Aktie ins Verhältnis zum Aktienkurs setzt und der Dax auf mehr als 20‘000 Punkte gestiegen ist, liegt die Dividendenrendite nun deutlich darunter. Sie beträgt derzeit nur 2,7%.

Im SPI, dem Gesamtmarktindex für Schweizer Aktien, waren es in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt 3,2% und damit nicht viel mehr als im Mittel beim Dax. Doch im Gegensatz zu den Eidgenossen sind deutsche Staatsanleihen eine Alternative geworden, wenn man die Dividende als eine Art konkurrierenden Zins versteht. Wobei die Gewinnausschüttungen nicht gesichert sind.

Die zentrale Stärke der Dividenden gründet vor allem in ihrem meist langfristig ausgelegten Charakter. Das Gros der Unternehmen ist darauf bedacht, einen Teil des Gewinns kontinuierlich und verlässlich an seine Aktionäre auszuschütten. Diese Konstanz täuscht des Öfteren darüber hinweg, wie es gerade um ein Unternehmen bestellt ist. Wer sich davon ein Bild machen will, achtet lieber auf den Gewinn je Aktie anstatt auf den Teil des Gewinns, der ausgeschüttet wird.

Dividenden: grosser Renditebringer

Dennoch macht die Dividende einen wesentlichen Anteil an der Gesamtrendite für Anleger aus. Während der Dax ohne Dividenden in zehn Jahren knapp 55% zugelegt hat, hat sich der klassische Dax, der als Performanceindex die Dividenden beinhaltet, mehr als verdoppelt.

Die Dividendenrendite sollte indes nicht als alleiniges Auswahlkriterium herangezogen werden. Die Kennzahl eignet sich nur bedingt zur Selektion, oft sind Aktien mit einem besonders hohen Wert zuletzt stark gefallen.

Das ist das Prinzip der als «Dogs of the Dow» in die Geschichte eingegangenen Strategie von Michael O’Higgins, bei der Anleger auf die zehn Aktien aus dem Dow-Jones-Index mit der höchsten Dividendenrendite setzen. Der Börsenstar suchte nicht etwa die Unternehmen aus dem Dow, die eine besonders hohe Dividende zahlten, sondern die Aktien, deren Kurse stark gefallen waren. Der Begriff Hunde steht in diesem Zusammenhang umgangssprachlich für minderwertige Sachen. O‘Higgins hatte herausgefunden, dass es jene Verlierertitel sind, die im Folgejahr oft besonders gut abschneiden.

Dass es wenig Sinn macht, stur auf die Titel mit der höchsten Rendite zu setzen, zeigt der DivDax unfreiwillig, aber eindrucksvoll. Den Index hat die Deutsche Börse 2005 ins Leben gerufen. Er setzt sich aus den fünfzehn Dax-Titeln mit der höchsten Dividendenrendite zusammen und wird jeweils im September angepasst. Ein Unterschied zum Dax ist in den vergangenen zehn Jahren kaum auszumachen. 2024 entwickelte sich der DivDax sogar deutlich schlechter.

Mercedes, VW, Porsche, BMW und BASF: die Sorgenkinder

Der Grund für das schlechte Abschneiden liegt insbesondere bei den erwähnten Autobauern: Die höchste Dividendenrendite auf Basis geschätzter Ausschüttungen 2025 bieten gemäss Daten von Bloomberg Mercedes-Benz (7,9%), Volkswagen (7,2%), die VW-Eigentümerholding Porsche (7,1%) und BMW (5,8%) sowie der Chemieriese BASF (5,6%). Alle fünf Titel sind problembehaftet.

Mercedes 📈 hat im dritten Quartal einen heftigen Gewinneinbruch gemeldet, die teuren Modelle mit dem Stern finden in China derzeit keine Abnehmer mehr. Den schlechten Quartalszahlen waren schon zwei Prognosesenkungen in diesem Jahr vorausgegangen. Die bei Bloomberg erfassten Analysten erwarten deshalb auch nur noch eine Dividende je Aktie von 4.28 nach 5.30 € in diesem Jahr.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei BMW 📈: Die Münchner schockten Anleger ebenfalls mit einer Prognosesenkung. Sie kämpften im abgelaufenen Quartal ausserdem mit einem Auslieferungsstopp infolge der Probleme mit von Continental zugelieferten Bremsen. Für die Stammaktien von BMW sagen die Analysten im Mittel 4.55 € Dividende voraus, nach 6 € in diesem Jahr und 8.50 € im Vorjahr.

Bei Volkswagen 📈 stehen gar Werkschliessungen und Entlassungen im Raum. Je Vorzugsaktie gab es zuletzt noch 9.06 € Dividende. 2025 könnten es nur noch 6.01 € sein, wenn es nach den Analysten geht. Es könnte aber auch ganz anders kommen. Denn ob VW überhaupt eine Dividende zahlt oder in welcher Höhe, «ist auch eine Frage der gesellschaftlichen Vertretbarkeit», so Dividendenspezialist Röhl. Viel werde darauf ankommen, wie gerade die Gemengelage zum Zeitpunkt des Dividendenvorschlags sei.

Der Chemiekonzern BASF 📈 hat dagegen bereits auf seinem Kapitalmarkttag verkündet, weniger Geld an seine Aktionäre ausschütten zu wollen. Statt 3.40 € je Aktie wie dieses Jahr und die zwei vorherigen sollen es für 2024 nur noch «mindestens 2.25 € je Aktie» sein. Analysten erwarten im Schnitt immerhin 2.51 €.

Allianz: Ausschüttungsquote von 60%, plus 15%

Interessant aus Anlegersicht sind eher Aktien, die punkto Dividendenrendite dem Quintett aus Autowerten und dem Chemieriesen folgen. Das sind der Logistiker DHL 📈 mit einer Dividendenrendite von 5,2%, der seine Ausschüttung wohl nur stabil halten wird (1.85 € je Aktie), oder auch Allianz 📈 mit 5%. Der Versicherer hat jüngst eine neue Dividendenpolitik vorgestellt. Demnach soll die Ausschüttungsquote 60% des auf Anteilseigner entfallenden Jahresüberschusses betragen. Die Dividende je Aktie soll zumindest auf Höhe des Vorjahreswertes (zuletzt 13.80 €) liegen. Das ist dem Versicherer seit der Finanzkrise immer gelungen und galt bislang als ungeschriebenes Gesetz.

Neu ist das Versprechen, in den Jahren 2025 bis 2027 durchschnittlich 15% des Jahresüberschusses zusätzlich an die Anteilseigner zurückzugeben. Dass dies «zum Beispiel über Aktienrückkäufe» geschehen könnte, ist positiv zu bewerten. Offensichtlich will der Versicherer eigene Aktien nicht zu jedem Preis zurückkaufen. Auch eine Sonderdividende wäre möglich. In absoluten Zahlen ist der Konzern nach VW 2025 mutmasslich der grösste Dividendenzahler im Dax.

Ebenfalls eine überdurchschnittlich hohe Dividendenrendite bieten Daimler Truck 📈 (4,9%), E.On 📈 (4,6%), Deutsche Bank 📈 (3,9%), Vonovia 📈 (3,7%) und RWE 📈 (3,6%). Spannender sind allerdings die Unternehmen, die ihre Dividende aller Voraussicht anheben werden. Das zeugt von einer soliden Ertragsbasis oder zumindest zurückgewonnener Stärke.

Adidas: Verdopplung der Ausschüttung`?

Adidas 📈 ist so ein Fall. Der Sportartikelhersteller könnte seine Dividende im nächsten Jahr fast verdoppeln. Der Markt erwartet 1.37 € je Aktie nach je 0.70 € in diesem Jahr und im Vorjahr. 2022, vor Bjørn Gulden als CEO und vor den Problemen mit dem Rapper Kanye West und dessen Yeezy-Kollektion, zahlte Adidas allerdings noch 3.30 €. Vor der Coronapandemie waren es gar 3.35 €. Die Dividendenrendite ist trotz üppiger Erhöhung verschwindend gering.

Commerzbank 📈 und Deutsche Bank 📈 sowie der Rückversicherer Hannover Rück 📈 und der Immobilienkonzern Vonovia 📈 schütten vermutlich ebenfalls deutlich mehr Geld aus als noch in diesem Jahr. Die vier Titel vereint zudem eine ansehnliche Dividendenrendite zwischen 3,3 und 3,9%.

Deutsche Dividendenaristokraten: Fehlanzeige

Zurück unter den Dividendenzahlern ist Fresenius 📈. Der Medizin- und Klinikkonzern hat 2023 für seine Tochter Helios staatliche Energiehilfen in Anspruch genommen und deshalb dieses Jahr keine Dividende zahlen dürfen. Ausgerechnet Fresenius, mögen Dividendenstrategen denken. Das Unternehmen war vor der Coronapandemie das einzige aus dem Dax, das seine Dividende 25 Jahre in Folge gesteigert hatte – also der einzig wahre Dividendenaristokrat. Fresenius zahlt nach der Nullrunde nun voraussichtlich 0.80 € je Aktie, so die Prognose der Analysten.

Die Softwareschmiede SAP 📈 (neue Dividendenpolitik: mindestens 40% des bereinigten Konzerngewinns nach Steuern), der Chemikalienhändler Brenntag 📈 sowie der Aromen- und Duftstoffhersteller Symrise 📈 kämen im nächsten Jahr auf je fünfzehn Jahre kontinuierliche Ausschüttung. In weiteren Abständen folgen aus dem Dax Deutsche Börse 📈 (zehn Jahre) und E.On 📈 (acht Jahre), wenn sie die Dividende erneut anheben wie erwartet.

Fuchs: die grosse Ausnahme

Der heisseste alleinige Anwärter auf den deutschen Thron kommt aus der zweiten Reihe, dem MDax, und heisst Fuchs 📈. Der Schmierstoffhersteller aus Mannheim hat seine Dividende bislang 22 Jahre hintereinander angehoben. Kein anderes deutsches, an der Börse kotiertes Unternehmen hat eine längere Serie. 2025 wäre das 23. Mal und 2027 wäre Fuchs dann adlig. Das ist kein unrealistisches Ziel, zumal das Management jüngst auf dem Kapitalmarkttag angekündigt hat, die Dividende weiter jedes Jahr anheben zu können und zu wollen. Das jährliche Dividendenwachstum liegt seit 2001 bei 13,2%. Analysten rechnen 2025 allerdings nur mit einer Dividende je Vorzugsaktie von 1.15 nach 1.11 € in diesem Jahr.

Der Fotodienstleister Cewe 📈 aus dem SDax könnte es im nächsten Jahr auf eine Serie von sechzehn Jahren schaffen, der IT-Dienstleister Bechtle aus dem MDax auf das 15. Mal in Folge. Doch vielen anderen Unternehmen fehlt es an langfristiger Kraft. «Es liegt nicht nur an der Sektorstruktur – der deutsche Aktienmarkt hat gar nicht die notwendige Breite und Tiefe, um eine Dividendenaristokratenstrategie umzusetzen», sagt Röhl. Immerhin: Ohne Kürzung kommen seit mindestens einem Vierteljahrhundert Munich Re 📈, SAP 📈, Henkel 📈 und Beiersdorf 📈 aus. Den vier Titeln kann man das Prädikat «zuverlässiger Zahler» verleihen.

RTL, DWS, Deutsche Telekom: Drei Sonderfälle

In Sachen Dividendenrendite lohnt sich mitunter ein Blick auf den Medienkonzern RTL 📈. Das Kölner Unternehmen aus dem MDax mit luxemburgischen Wurzeln hat traditionell eine hohe Rendite. 2025 könnte sie noch durch eine Sonderdividende stark steigen, falls die Sendergruppe ihre Tochter RTL Nederland an DPG Media verkaufen kann. Noch prüft die niederländische Wettbewerbsbehörde ACM den Verkauf für schätzungsweise 800 Mio. €.

Auch Deutsche-Bank-Tochter DWS 📈 aus dem SDax lockt mit einer recht sicheren und attraktiven Rendite von 5,4%. The Market empfahl die Titel bereits im November. Der Mutterkonzern, der fast 80% der Anteile an der Fondstochter hält, dürfte an einer hohen Ausschüttung immer interessiert sein.

Und für wen Steuern sparen ein Motiv ist, der ist erneut bei Deutsche Telekom 📈 gut aufgehoben. Weil beim ehemaligen Staatskonzern die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagenkonto erfolgt, muss sie erst beim Verkauf der Aktien (nach-)versteuert werden.

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