Mittwoch, März 19
Nachgewürzt

Wolfgang Fassbender


Restaurant-Tipps

Restaurants mit Fleisch im Fokus liegen zwar nicht im Trend. Wen es doch gelüstet: Diese europäischen Lokale zeigen, wie kreative Fleischküche geht.

Wer bei Google den Begriff Fischrestaurant eingibt, bekommt eine Fülle an Treffern; wer dagegen nach einem Fleischrestaurant sucht, geht beinah leer aus. Der Begriff existiert fast nicht. Offenbar ist Fleisch per se nichts, worauf man sich als Gastronom spezialisieren kann. Allenfalls vom Steakhouse sprechen die Gourmets, doch Fleischküche der besten Art geht weit über das kurze Braten eines Stückes Muskelfleisch vom Rind hinaus.

Also sollte man die besten Steakhäuser in Zürich, der Schweiz und dem Rest Europas zwar unter die Lupe nehmen, aber das Thema Fleisch weiter fassen. Wild fällt darunter, die Schnitzelbraterei ist eine Kunst für sich, und manche Betriebe haben sich ganz auf die oft missachteten Innereien spezialisiert. Streng genommen gehören auch die Burger zu den Fleischgerichten, für die Gourmets im besten Falle weite Wege auf sich nehmen.

Unsere Tipps für gute Fleischrestaurants in Europa:

1. «Plachutta»: Schnitzel, Tafelspitz und ein Service alter Art

Es existieren gleich mehrere Wiener Restaurants unter dem Namen Plachutta, und als Tester kann man dummerweise kaum in alle gehen. Ich musste also entscheiden, war in Plachuttas Gasthaus zur Oper essen und schwankte dort lange zwischen den beiden Klassikern Tafelspitz und Wiener Schnitzel. Es wurde dann erst die Rindssuppe mit Frittaten und anschliessend die gebackene und wunderbar zarte Leber. Routiniert zubereitet, prima gewürzt, aber von einem bestens geschulten Service in rundum überzeugender Güte serviert.

2. «La Tasquería»: Madrids Innereienküche

Einen Stern für ein paar Innereien? Wer einmal da war, ist fest davon überzeugt, dass dieses kleine, rustikale Lokal inmitten der spanischen Hauptstadt genau diese Auszeichnung verdient hat. Der Küchenchef Javi Estévez bereitet grossartige Fleischterrinen, macht aus Zunge eine Delikatesse, bietet lang geschmorte Rindersehnen an und ergänzt alles mit den passenden Weinen und Wermuts. Dass man reservieren muss, versteht sich von selbst. Klar, dass es sich hier um eines meiner Madrider Lieblingsrestaurants handelt.

3. «George Prime Steak»: Steak-Präzision

Steakhäuser existieren viele in Deutschland, aber nur wenige legen so viel Wert auf das Fleisch wie das «George» und vermitteln gleich noch eine ganze Menge Grandezza dazu. Herkunft (US Prime), Reifung und Zubereitung im 650 Grad heissen Grill gehören ebenso zu den Geheimnissen der hier servierten Fleischgerichte wie die Würzung. Der Gast kann wählen: Rib-Eye mit lediglich Salz und Pfeffer oder Filet mit Speck und Blauschimmelkäse? Austern von der Raw-Bar und coole Cocktails ergänzen das Abenteuer.

4. «Le Pharamond»: Kutteln seit 1879

Reservieren kann man nicht in diesem Klassiker unter den Pariser Bistrots, und neugierig muss man sein. Auf die Kutteln natürlich, also auf einen seit Ewigkeiten zubereiteten Klassiker unter den Fleischgerichten. Das Rezept stammt von 1879 und wird am sinnvollsten von einem Markknochen als Vorspeise ergänzt. Weil die Preise hier atemberaubend niedrig sind, bleibt immer noch Budget für Camembert als Käsegang und Mousse au Chocolat als Nachtisch übrig.

5. «Restaurant de l’Hôtel de Ville»: Gams und Schnepfe

Ja, man kann Fisch essen. Oder Gemüse. Desserts eh. Aber viele Gäste kommen, vor allem in der Wildsaison im Herbst, in allererster Linie der fleischigen Spezialitäten wegen in das vielleicht renommierteste Restaurant der Schweiz. In Crissier bekommen die Gäste nämlich all das, was sie anderswo vermissen. Nicht nur Reh und Hirsch, sondern auch Gams und Rebhuhn, Wildenten und Schnepfen. In begrenzter Menge, klar, aber so gut zubereitet wie in kaum einem anderen Lokal der Welt.

6. «Goodman Mayfair»: Fleisch aus aller Welt

Man nehme gutes Fleisch und guten Wein, und fertig ist das Paradebeispiel eines Steakhauses. Am besten bestellt man in Mayfair, im Flagship-Restaurant des Unternehmens, ein Tatar als Vorspeise, einen reifen Bordeaux zum Aufwärmen, macht sich dann erst an die Auswahl der Hauptgänge. Fleisch vom 140 Tage auf der Weide gehaltenen australischen Rind oder vielleicht echtes japanisches Wagyu Beef? Der tollen Auswahl an Portweinen glasweise sprechen Weinkenner aber meist erst nach dem Fleisch zu.

7. «Don’s – Meats & Spirits»: Burger oder Dry Aged Beef

Rom der Pasta wegen, des Kaffees, der Süssigkeiten? Ja klar. Aber Rom des Steaks halber? Kann man machen. Hier zum Beispiel, wo Dry Aged New York Strip Steak ebenso angeboten wird wie einer der besten Burger, die ich je in Italien gegessen habe. Klar, dass der nach der nun international populären Smashed-Methode zubereitet wird. Ein paar kultige Weine wirken überteuert, aber andererseits bekommt man schon für 30 Euro eine Flasche sehr sympathischen Südtiroler Rotweines.

8. «Kantýna»: Prags fleischiger Geheimtipp

Fleisch direkt vom Metzger. Markknochen, Würste, Hackbraten, Rindsnacken und viele sogenannte Second Cuts, die normalerweise nicht zu haben sind in der fleischbetonten Gastronomie. Auf die Spitze treibt es dieses Prager Lokal für Gruppen ab sechs Personen. Die bekommen dann Gang um Gang, bis die neugierigen Esser platzen; 750 Gramm Fleisch sind pro Person vorgesehen, aber vorher auszusteigen, ist notfalls erlaubt. Achtung: Reservieren kann man, ausser für Gruppenevents, nicht.

9. «The Harwood Arms»: Sunday Roast

Natürlich kann man an jedem Tag kommen und Short Rib mit Markknochen oder die hausgemachte Schweinsfusspastete bestellen. Doch in dieser Institution der Londoner Gastronomie sind die sonntags nach alter Sitte ganztags servierten Fleischgerichte die eigentliche Attraktion. Sie knüpfen an die alte englische Tradition des Wochenendbratens (Sunday-Roast) an, schmecken aber sehr viel besser als im durchschnittlichen Privathaushalt. Dass der Laden einen Stern im Guide Michelin führt, ist sehr berechtigt.

10. «Kumpel & Keule»: Und was gibt es heute?

Imbiss oder Metzgerei? Beides. In diesem innerhalb der kultigen Markthalle Neun existierenden Lokal kennt man sich aus mit Fleisch. Welche Spezialitäten es gerade gibt, verrät man hier auf Nachfrage oder in einem der regelmässig veröffentlichten, ziemlich coolen Social-Media-Videos. Der Burger ist legendär, die Würste sind toll, aber vor allem ist es die Philosophie – artgerecht aufgezogene Tiere, gläserne Metzgerei, hochwertige Gewürze –, die beeindruckt.

Exit mobile version