Stilkritik
Céline Dion ist überall – an den Olympischen Spielen, in einer neuen Dokumentation und auf Social Media, wo sie gefeiert wird. Warum die kanadische Sängerin und Diva nicht nur als moralisches, sondern auch als modisches Vorbild taugt.
«Ich laufe mit dem Schuh, nicht der Schuh mit mir», sagt Céline Dion in französisch akzentuiertem Englisch in einem Video, das kürzlich viral gegangen ist. Ihre Stimme ist dabei ernst, sehr ernst, es wird deutlich, das ist ein Thema, bei dem mit der 56-Jährige nicht zu spassen ist: «Wenn ein Mädchen Schuhe liebt, dann sorgt sie dafür, dass sie passen.»
10 000 Paar Schuhe
Diese Sätze, aufgenommen vor wenigen Monaten, stammen wie aus einer anderen Zeit, nämlich den 1990er und 2000er Jahren, als Stilikonen wie Carrie Bradshaw aus «Sex and the City» exklusive Highheels zum Nonplusultra des guten Geschmacks und des guten Lebens erhoben. Viele kauften sich solche Schuhe, egal wie teuer, egal wie unbequem, und stellten sie auf Regalen in der Wohnung aus wie Kunstwerke. Dion hat wohl ein eigenes Warenlager angemietet für ihre rund 10 000 Exemplare.
Seitdem ist viel passiert untenherum. Eine neue Generation von Frauen nennt sich nicht mehr Mädchen und trägt lieber flache, bequeme Schuhe: Sneaker, Mokassins, sogar Gesundheitssandalen wie Birkenstocks. Céline Dion aber vertritt ihren Standpunkt unbeirrt weiter und wird dafür gefeiert. Sowieso ist Dion gerade die absolute Königin der Herzen – trotz oder gerade wegen ihrer Retro-Attitude.
Eine Kämpfernatur
Das liegt natürlich auch an ihrer Tapferkeit. Dion vertritt nicht nur fragwürdige Werte von gestern, wie die Verniedlichung von Frauen und fiesen Schuhen. Sie verficht auch ein Arbeitsethos alten Schlags. Für ihren Auftritt an der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris 2024 trainierte sie monatelang unter schwersten Bedingungen. Seit fast 20 Jahren leidet sie an einer Autoimmunkrankheit, dem sogenannten Stiff-Person-Syndrom. Bis Dezember 2022, fast 17 Jahre lang, hielt sie geheim, dass sie an der seltenen neurologischen Krankheit leidet, welche die Muskeln versteift und schmerzhafte Krämpfe auslöst.
Erst vor kurzem lief auf Amazon Prime die Dokumentation «I Am: Celine Dion», in der gezeigt wird, wie sehr der Alltag der Sängerin eingeschränkt ist, wie sehr sie sich quält.
Wenn sie dann als stimmgewaltige Eiskönigin in Dior-Haute-Couture als krönender Abschluss der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele auftritt, ist es fast unmöglich, ihr keinen Respekt entgegenzubringen (auch wenn das Internet natürlich eine Horde Trolle parat hält, welche sich sicher sind, dass Dion einen Playback-Auftritt hingelegt hat).
Mehr ist mehr bei ihren Outfits
Neben der Stärke, für die Dion steht, sind es aber auch ihre Looks, welche die Menschen begeistern. Von Zurückhaltung hält die in Las Vegas beheimatete Dion wenig. Stattdessen setzt sie – wie ihre Diven-Schwestern im Geiste Dolly Parton und Beyoncé Knowles – auf mehr ist mehr und Glamour der alten Schule, vom Abendkleid bis hin zu Highheels. Das war schon 1988 abzusehen, als sie mit Dauerwelle, Tutu zum Blazer und Minnie-Maus-Pumps den Grand Prix Eurovision für die Schweiz gewann.
Hier eine Übersicht über ihre unvergesslichsten Looks, bei denen deutlich wird: Auch vor waghalsigen Modeentscheidungen fürchtet Céline Dion sich niemals.
