Mittwoch, Oktober 9


Tipps

Klar, der launische Hausberg ist das grösste Tourismus-Spektakel. Doch auch Foodies werden in der sizilianischen Stadt glücklich. Tipps für Schlemmerferien in Catania.

Gute Freunde sind Gold wert. Da braucht es auch nicht viele davon. Ralphi ist so einer. Er fuhr 120 Kilometer, um mich vom Flughafen in Catania abzuholen. Ich trete aus der Ankunftshalle in die lauwarme Frühlingsnacht und krame mein Handy hervor, wo wartet er wohl auf mich? Doch anrufen erübrigt sich. Ein ohrenbetäubender Lärm brandet mir entgegen. Auf dem Parkplatz steht eine Wagenkolonne bis in die hintersten Parkfelder. Zuvorderst ein kleiner Fiat mit offenen Türen, Ralphi steht daneben und winkt wild gestikulierend. Hinter ihm wird gehupt. Und wie.

Weil die Autofahrer in Catania ein symbiotisches Verhältnis zu ihrer Hupe pflegen, hupen alle. Ununterbrochen. Ich sprinte auf Ralphi zu und hechte auf den Rücksitz wie ein Bankräuber nach dem Überfall. «Fahr los!», schreie ich. Ralphi würgt den Motor ab. Mein «Robbery-Bro» wird er nicht. Hinter uns beginnen die Ersten auszusteigen und nähern sich uns bedrohlich.

Unser Fiat macht einen Satz vorwärts, rumpelt über die Bordsteinkante und schiesst auf einen Kreisel hinaus. «Kein Vortritt» scheint Ralphi nicht zu kennen, um ein Haar wäre unsere Reise schon wieder zu Ende gewesen. Dazu muss man sagen: Ralphi gewann seinen Führerschein an einem Kochwettbewerb. Weil darin ist er meisterhaft. Und sein unschlagbarer Schalk-Charme rettet ihn immer wieder, er verhalf uns auch zu einem Tisch in einer völlig ausgebuchten Trattoria an Ostermontag.

Tipps für Sightseeing in Catania

Ätna besteigen

Informationen erhält man bei der Touristeninformation.

Römische Amphitheater bestaunen

Mehr Informationen hier.

Im Benediktinerkloster meditieren

Das Kloster San Nicolò gehört zum Unesco-Weltkulturerbe.

Castello Ursino erforschen

Das Schloss befindet sich in der Nähe des Meers. 

Bei La Piscaria Appetit holen

Zum Catania-Besuch gehört ein Spaziergang durch den historischen Fischmarkt La Piscaria.

Im Teatro Massimo Bellini eine Oper Geniessen

Musik- und Kulturinteressierte kommen hier auf ihre Kosten.

Im Palazzo Biscari dem Barock verfallen

Er ist der bedeutendste Privatpalast in Catania und ein Zeugnis des sizilianischen Barocks. Absolut sehenswert!

Einen Ausflug machen

Mit dem Zug nach Syrakus fahren und Fisch essen im Stadtteil Ortigia. 

In die zauberhaften Barockstädte Noto und Modica fahren.

Das Hotel liegt zentral, nur ein paar Schritte vom Dom entfernt. Ralpie lädt mich ab, er wird den Cinquecento auf einem Behindertenparkplatz stehenlassen und ihn dort am nächsten Tag vergeblich suchen. Doch davon später.

Der Ätna ist Fluch und Segen zugleich

Catania wird auch die schwarze Stadt genannt. Die unheilvolle, dramatische Symbiose mit ihrem Hausvulkan, dem mächtigen Ätna, prägt diese Stadt seit 2700 Jahren. Und bedroht sie weiterhin. Seit dem letzten, grossen Ausbruch 1669, der zwei Drittel der Stadt unter sich begrub, rumorte die Erde immer wieder, zerstörte ganze Dörfer, Weinberge und Orangenfelder. Allgegenwärtig im Leben der Catanesi, ist der Ätna Fluch und Segen zugleich, denn auf den fruchtbaren Ausläufern des Vulkankegels wachsen Weine, Zitrusfrüchte und Pistazien von Weltruf.

Die Schneefelder auf dem 3350 Meter hohen Berg fungieren als wichtige Wasserreservoire, und der unablässig Rauch und Feuer spuckende Riese ist das wichtigste Asset im Tourismus-Portfolio des zweitgrössten Ortes von Sizilien. Die lebendige, farbenfrohe Szene – geprägt durch unzählige Wermut-Bars, junge Kunstschaffende und aus Industriebrachen wachsende Kulturinstitutionen – verdrängt den Gedanken an den Begriff «schwarze Stadt», ein Überbleibsel der Verfärbungen der unzähligen Barockpaläste und -kirchen durch die schwarze Vulkanasche.

Der nächste Tag begrüsst mich mit strahlendem Sonnenschein. Der Blick von meiner Terrasse über die Stadt auf den mythischen Vulkan ist atemraubend, er weckt auch sofort eine meiner Obsessionen: Ist da ein Berg, muss ich ihn hochrennen. Ralphis Anruf holt mich gedanklich vom Vulkan. Auto weg, was tun? Ich rate ihm zum Gang auf den nächsten Polizeiposten. Das habe er versucht. Alle geschlossen im Quartier. Hey, es ist Ostermontag, auch Carabinieri wollen zur Messe.

Wir setzen uns in eine Pasticceria und bestellen Cappuccino und Tartufo al Pistacchio. Was wir bekommen, ist eine der unzähligen süssen Spezialitäten dieser Stadt. Auf dem Teller wackelt eine grosse, grüne wolkenleichte Kugel aus feinster, süsser Mascarpone-Masse, überstäubt mit Pistazienbröseln. Das Eigengewicht des Löffels lässt ihn darin versinken wie Vanilleglace in einem Soufflee. Ich möchte augenblicklich hinterherspringen. Ralphi erkundigt sich bei einer Gruppe rauchender Carabinieri, wie er sein Auto wiederfinden könnte. Ich stürze mich auf sein unbewachtes Tartufo.

Tipps für Restaurants und Bars in Catania

Trattoria Antica Marina

Auf dem Fischmarkt. Bestellen sollte man Crudi di Mare sowie Spaghetti Ricci di Mare. anticamarina.it

Pamocha

Für Aperitivo. Das Restaurant führt über 200 Sorten Champagner und Franciacorta. pamocha.it

Me Cumpari Turiddu

Mix aus traditioneller und moderner sizilianischer Küche, arbeitet vor allem mit Slow-Food-Presidio-Zutaten. Unbedingt Spaghetti alla Turiddu bestellen. mecumparituriddu.it

Pasticceria Savia

Ganz klar für Tartufo al Pistacchio dorthin gehen. lnx.savia.it

Vermut

Aperitivo und grandiose Snacks. Eine brodelnde Beiz, vor allem junges, hippes Catania-Volk. instagram.com/vermutsalumeria

Trattoria del Cavaliere

Trattoria del Cavaliere, traditionelle Catania-Küche (Pasta mit Pistazien!). consolepsp.com/trattoria-del-cavaliere

Mi Scialai

Moderne Fischküche. Crudi di Mare, Muscheln, Fritto di Mare bestellen. ristorantemiscialai.it

Forno Biancuccia

Bäckerei und für Frühstück. biancuccia.it

Comis Ice Café

Pistazien- und Mandel-Granita mit Brioche – ein Traum!

La Siciliana 

Ein einfaches Lokal mit guten sizilianischen Gerichten. ristorantelasiciliana.wordpress.com

Trattoria I Rizzari

50 Minuten südlich von Catania in Brucoli. Essen: Gambero rosso di Mazara, Catch of the Day.

Der Fischmarkt ist ein Muss

Kein Catania-Besuch, ohne morgens auf den Fischmarkt zu gehen. Mehr Italien geht nicht. Ich stelle mir das durcheinander parlierende Gewusel an Menschen in Gewändern des alten Rom vor. Schon vor 2000 Jahren muss es so zu und her gegangen sein. Die Händler schreien ihre Offerten durch die Gassen. Der Dialekt, keine Chance für mich, zu verstehen.

Umso mehr kommen die Augen auf ihre Kosten. Glänzende Fische in allen Grössen, die famosen Gamberi rossi di Mazara; kein Stand ohne riesige Stücke blutroten Thun- und weissrosa Schwertfisch, die Könige des Mittelmeers. Und überall aufgetürmt die tiefschwarzen, stachligen Diamanten der Tiefe, die Ricci di Mare. Später werden wir uns in der Trattoria Antica Marina über Spaghetti mit Seeigeln hermachen, frisch aus ihrer Schale gepult.

Am nächsten Morgen – Ralphi löste sein Auto für einen lächerlichen Betrag aus dem Polizeigewahrsam und fuhr weiter nach Noto – erlag ich dem Ruf des Ätna. Mit dem Touri-Bus hinauffahrend durch die erkalteten Lavafelder, heisse ich den Fahrer auf 2000 Meter Höhe anhalten. Kopfschüttelnd lässt er mich im steinigen, schwarzen Nirgendwo aussteigen. Die nächsten drei Stunden treiben mich Endorphinschübe – magische Gedanken im Kopf und Bruckners Symphonien im Ohr – bis hinauf in die Nähe des Kraters, die spärliche Vegetation macht nachtschwarzem Basaltstaub auf den Pfaden Platz.

Ich meine, das Grollen und Fauchen tief im Inneren des Vulkans zu spüren. Dieser Berg, er schläft nie, wiegt die Stadt unten am Meer in trügerischer Sicherheit. Und wie wenn er seine vermeintliche Harmlosigkeit in den blauen Himmel pusten würde, steigen in diesem Moment riesige, exakt kreisförmige Wolken wie Ringe aus dem Krater, purste Magie.

Später, zurück in der Stadt und mit dem Muskelkater meines Lebens vom Hinunterrennen, sinniere ich bei einer Granita di Mandorla über die Hassliebe der Catanesi zu ihrem Vulkan. Und über den Zauber der Ringwolken. Ich bin sicher, die Bewohner würden selbst diese mit Pistazien und Mascarpone füllen, würden sie ihrer habhaft.

Gute Mitbringsel für zu Hause

Salami aus den Suino-nero-dei-Nebrodi-Schweinen

Kunstvolles Schreib- und anderes Papier aus dem Kunstzentrum Cartura

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