Donnerstag, Oktober 10


Stadtporträt

Ob man die Stadt bei einem Törn auf der Elbe erleben oder die futuristische Hafen-City erkunden möchte: Hamburg hat viel zu bieten.

Gemütlich düst der Zug mit 250 km/h durchs Flachland. Mit stabiler WLAN-Verbindung und leckeren Snacks lässt es sich gut acht Stunden aushalten, optimal, um einen Home-Office-Tag in der deutschen Bahn zu verbringen. Es grenzt fast an ein Wunder, aber: Auf Langstrecken kommt es kaum zu Ausfällen oder Verspätungen. Wer also an Flugscham leidet und dadurch vom Fliegen abgehalten wird, erreicht die norddeutsche Hafenstadt auch per Schiene. Für tiefe Schläfer lohnt sich die Option der Nachtzüge, die an den Hogwartsexpress erinnern und wo einem am nächsten Morgen das Frühstück ans Bett gebracht wird.

Die Stadt an der Elbe hat einiges zu bieten

Die Hansestadt im hohen Norden Deutschlands schaut auf eine lange und spannende Geschichte zurück. Bereits im neunten Jahrhundert entstand hier die erste Siedlung, welche später dann den Handel in Europa dominierte. Daher auch der Name: «Hanse» stand für eine der mächtigsten Handelsorganisationen des Mittelalters. Die Stadt an der Elbe gilt also seit Jahrhunderten als wichtiger Knotenpunkt – der Hafen ist nach wie vor das Herzstück der Stadt. Täglich gehen riesengrosse Frachter ein und aus, mehr als 1,8 Millionen «Nordlichter» wohnen inzwischen hier. Viele von ihnen sind seit Generationen gebürtige Hamburger – und stolz darauf.

Eine von ihnen ist Lynn Kühner, die seit sieben Jahren als Backfee beim Sat. 1-Frühstücksfernsehen tätig ist und die Hotspots der Stadt bestens kennt. Begeistert schwärmt sie: «Hamburg ist total entspannt, ohne langweilig zu sein. Ein toller Ort, der zugleich elegant, urban, grün und authentisch hanseatisch ist.» Besonders der Mix aus alten Gebäuden und zeitgemässer Architektur gefalle ihr, weshalb sie unbedingt einen Besuch in der Hafencity empfiehlt.

Das brachliegende Aussenquartier wurde während 18 Jahren umgebaut und kürzlich fertiggestellt. Schnell mauserte es sich zum neuen Place to be. Mit 157 Hektaren gilt es als grösstes innerstädtisches Entwicklungsprojekt Europas, welches Charme, Moderne und Geschichte vereint. Das Quartier ist aber nicht nur ein architektonisches Highlight, sondern auch ein Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung.

Tipps zum Übernachten

The Westin Hotel

Das Westin Hotel bietet einen atemberaubenden Ausblick und befindet sich direkt bei der Elbphilharmonie. Durch die Lage inmitten der Hafencity ist es ein perfekter Ausgangspunkt, um Hamburg zu erkunden und zu geniessen. 

Tortue Hotel

Das moderne Boutique-Hotel mit stylischem Design verfügt über einen freundlichen Service und liegt sehr zentral in St. Georg. Aufgepasst Frühstücksfreunde: Der reichhaltige Samstagsbrunch ist äusserst beliebt und muss unbedingt im Vorneherein reserviert werden.

«Mit zahlreichen Parks, Grünflächen und Promenaden am Wasser ist die Hafencity auch ein Ort der Erholung und Entspannung – und ein Muss für jeden Besucher der Hansestadt», führt Kühner aus. Zu den bekanntesten Bauwerken zählen das Unilever-Haus, der Marco-Polo-Tower und die Elbphilharmonie. Letzteres empfiehlt Kühner wärmstens zum Ausgehen: «Mein erstes Konzert in der Elphi war eine Trommlergruppe – also nicht unbedingt das, was man erwarten würde. Aber es war ein Supererlebnis in einem Konzertsaal, den man einfach mal von innen gesehen und gehört haben muss. Dabei ist eigentlich egal, wo man sitzt oder um was für eine Veranstaltung es sich handelt – hin da!»

Wer kein Ticket mehr bekommt, kann einen Kaffee auf der tollen Aussichtsplattform trinken, von der man den Blick über das maritime Hafengelände und die Elbe schweifen lassen kann.

Hamburg bei Regen, Sonne und Sturm

Wer das Wasser lieber spüren als nur betrachten möchte, wird sicherlich glücklich auf einem Törn. «Hamburg vom Wasser aus zu sehen, gehört einfach dazu. Danach am Anleger an den Landungsbrücken ein Fischbrötchen mitnehmen, dort gibt es die besten», meint Kühner.

Wer den Hunger noch aushält, kann sich das Brötchen aufsparen bis zum Elbstrand und da picknicken. Bei Sommer, Sonne und Strand kommt garantiert Ferienfeeling auf. Wer eine Abkühlung braucht, wird in der «Strandperle» fündig und bekommt dort auch ein Alsterwasser – oder im Schlecks Eisladen, wo es tolle vegane Optionen gibt. Und was tun bei Hamburger Schiitwetter?

Zum Glück gibt es genügend Indoor-Aktivitäten, zum Beispiel das Zollmuseum, Harrys Hafenbasar oder die Escape-Rooms auf dem Museumsschiff Rickmer Rickmers, die durch Kajüten und den Schiffsbug führen. Autofans kommen im Prototypmuseum auf ihre Kosten und Kinofans in der Astor Film Lounge. Die lässigste Schlechtwetteroption aber sei das Miniatur-Wunderland.

Kühner dazu: «Andauernd wird es erweitert und erneuert, so gibt’s jedes Mal Neues zu entdecken. Aktuell haben sie eine Virtual Reality Experience aufgebaut, bei der man sich kleinschrumpfen lassen und so durchs Miniatur Wunderland spazieren kann, um Challenges zu lösen. Unbedingt buchen vorher!» Geschichte und Gegenwart Möchte man die Stadt lieber «in echt» erkunden, bietet sich die St.-Pauli-Krimitour an. Bei der interaktiven Verbrecherjagd durch die Hansestadt lernt man viel über ehemalige Kiezgrössen und sieht einige der spannendsten Tatorte der Stadt.

Was man anschauen sollte

Fussballspiel

Die legendären Fussballclubs St. Pauli oder HSV sind in der Hansestadt zu Hause – ein Spiel live anzuschauen lohnt sich allemal. 

Quartiere

Die Schanze und die Lange Reihe sind tolle Ausgehquartiere mit vielen Restaurants, Bars und herrlich norddeutschen Kneipen.

Musicals

Spektakuläre Musicals wie «König der Löwen» oder «Mamma Mia» laufen an diversen Standorten nahe der Hafencity. Auch den Broadway-Hit «Hamilton» gibt’s hier zu sehen, sogar in Deutscher Ausführung. Ausserdem kann man mit der Fähre hinfahren

St.-Michaelis-Kirche

Die St.-Michaelis-Kirche hat einen hohen Turm, der eine phantastische Sicht über die Altstadt ermöglicht. Wunderschön am Wasser entspannen kann man auf den Magellan-Terrassen – GrosstadtIdylle pur! Die Kräne, die am südlichen Rand des Wassers stehen, machen das Bild komplett.

Auf dem Rundgang von der Reeperbahn zur Speicherstadt löst man gemeinsam einen Fall – Action für die ganze Familie. Weiter in Fahrt kommen Adrenalinjunkies bei den «Urban Heroes Bootcamps», die täglich Walk-in-Klassen anbieten. Wer lieber nachts unterwegs ist, für den ist die SUP Light Night Tour perfekt – also eine Stand-up-Paddel-Tour kurz vor Sonnenuntergang.

Tipps für Restaurants, Cafés und Bars

Speicherstadt Kaffeerösterei

Richtig guten Kaffee trinkt man in der «Speicherstadt Kaffeerösterei» mit einer eigenen historischen Rösterei, wie es sich für eine alte Handelsstadt gehört. Auch zu empfehlen ist das urchige Café am Fleet in der Deichstrasse.

Alte Liebe

Das offiziell «beliebteste Brunchlokal Deutschlands» ist laut dem Gourmetmagazin «Falstaff» die Alte Liebe. Den hochgelobten Brunch gibt es jeweils sonntags für 32 Euro, mit dabei sind auch Räucherfischspezialitäten. Vieles davon bekommt man auch vegan oder vegetarisch. Das Lokal ist im Kaispeicher B in einem denkmalgeschützten Lagerhaus, gelegen, welches durch lässigen Industriecharme betört. Ausserdem ist das Internationale Maritime Museum im selben Gebäude untergebracht, auch ein sehr cooles Ausflugsziel und herrlich passend zur Hansestadt.

Fleetschlösschen

Perfekt für ein herzhaftes Mittagessen: traditionell den Hamburger Labskaus bestellen oder ein Fischbrötchen – wie echte Seeleute eben.

Fisch & Co.

Rustikales Ambiente, noch mehr tolle Fischgerichte und lokale Spezialitäten gibt es im Fisch & Co. Unbedingt probieren sollte man den Hamburger Pannfisch.

The Lisbeth

Moderne Küche auf Sterneniveau, schön eingebettet in der historischen Deichstrasse. Die Speisekarte im «The Lisbeth» ist klein, aber fein, saisonal ausgelegt und wechselt wöchentlich. Sehr lecker, eignet sich gerade auch mittags gut.

Carls Bistro

Zu finden in der Brasserie Carl, herrlich moderne französische Küche mit schönem Ambiente. Besonders zu empfehlen sind die Tartines: Die Niçoise schmeckt wie auf der Promenade in Nizza.

Boilerman Bar

Was hier hinter dem Tresen passiert, ist nichts als pure Magie: Eine wirklich aussergewöhnlich breite Auswahl an Drinks aus allen denkbaren (auch alkoholfreien) Spirituosen gibt es in der Boilerman Bar. Liebhaber von Gin Tonic werden hier ihr Mekka finden. Wer gerne mal etwas Neues ausprobieren möchte, sollte unbedingt den «Very Sexy Rattlesnake» bestellen.

Weniger heiter, doch nicht weniger wichtig ist eine Zeitreise in die Geschichte. Wer mehr über den Zweiten Weltkrieg und die Zeit danach erfahren möchte, findet dazu Informationen auf einem Spaziergang durch den alten Elbtunnel oder etwa im Lohsepark. Da steht eine Gedenkstätte am Hannoverschen Bahnhof, die an die Deportation von rund 8071 Menschen erinnert. Und obwohl Hamburg heute eine moderne, pulsierende Stadt ist, geht ein Besuch kaum ohne einen Blick in die Vergangenheit. Dabei erstaunt, wie sich die Hansestadt seither entwickelt hat, denn im Juli 1943 wurden in der «Operation Gomorrha» grosse Teile der Stadt stark beschädigt. Über 34 000 Menschen starben dabei und eine Million wurde obdachlos.

Der Wiederaufbau dauerte fast 20 Jahre, eine zentrale Rolle spielten dabei die Trümmerfrauen: Frauen, die sich freiwillig meldeten, um die Schuttmassen wegzuräumen, und jahrelang unter schwierigsten Bedingungen arbeiteten. Zusammen mit mutigen Planern setzten sie ein modernes Konzept um. So nutzten sie die Zerstörung der alten Infrastruktur, um die Stadt zu modernisieren und gänzlich neue Viertel aufzubauen. Resilienz und Hartnäckigkeit haben die Hamburger also im Blut, «gepaart mit ganz viel Freundlichkeit und trockenem Humor», fügt Kühner lächelnd hinzu.

«Moin» bedeutet nicht etwa «Morgen»

Das widerspiegelt sich in der überschwänglichen Begrüssung, dem weltbekannten «Moin». Dieser herzliche, kurze Gruss wird zu jeder Tages- und Nachtzeit gebraucht, was für Verwirrung sorgen kann. Moin bedeutet nicht etwa «Morgen», sondern ist ein Ausdruck der hanseatischen Warmherzigkeit. Der Begriff wird hergeleitet aus dem plattdeutschen Wort «moi», was angenehm, gut, schön bedeutet. Übrigens sind die hamburgische Ursprungssprache wie auch das Schweizerdeutsch aus dem Niederdeutschen entstanden. Platt hört sich in etwa so an wie unser Mundart – nur mit einer nasalen Aussprache. Kiek mol wedder in und bis bald!

Tipps für Shopping an der Elbe

Überseeboulevard

In Hamburgs jüngstem Quartier findet man rund um den Überseeboulevard alles, was das Herz begehrt: Massgeschneiderte Mode von Stefan Eckert gibt es im gleichnamigen Store, bei Gute Jacke kauft man tolle Outdoorkleidung. Besonders Daunenjacken sind im hohen Norden gefragt. Echte Buchschätze lagern hingegen in der Shanghaiallee 21 bei Hafenfuchs. Im Kuestensilber Concept Store gibt es Kleidung und Accessoires aus Italien, Skandinavien, Frankreich oder kleinen deutschen Manufakturen. Auch die Langschläferflohmärkte locken regelmässig Besucher auf den Überseeboulevard.

Dieser Artikel ist im Rahmen der NZZaS-Verlagsbeilage «Reisen» erschienen.

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