Das Schwyzer Kantonsparlament lehnt es ab, einen Beitrag an die Betriebskosten der Bibliothek zu leisten. Damit dürfte der Finanzierungsplan insgesamt scheitern.

Der Schwyzer Kantonsrat hat es am Donnerstag mit 54 Nein- gegen 40 Ja-Stimmen abgelehnt, für die nächsten vier Jahre einen jährlichen Betriebsbeitrag von 600 000 Franken an die Bibliothek Werner Oechslin in Einsiedeln zu leisten. Die Ablehnung fiel deutlich aus, denn eine Zustimmung hätte ein qualifiziertes Mehr von 60 Ja-Stimmen erfordert. Damit dürfte das Schicksal der auf die Geschichte der Architektur und des abendländischen Denkens spezialisierten Bibliothek besiegelt sein. Sie wird in ihrer jetzigen Form als öffentlich zugängliche Forschungsbibliothek kaum mehr weiterzuführen sein.

Die vom emeritierten ETH-Professor Werner Oechslin begründete Bibliothek verfügt über Bestände von rund 60 000 bis 70 000 Büchern im geschätzten Gesamtwert von 30 bis 40 Millionen Franken. Sie ist in Einsiedeln in einem vom Stararchitekten Mario Botta entworfenen Bau untergebracht, der sich wie eine Arche an den südwestlich des Klosters gelegenen Meinradsberg anlehnt. In ihrem Bauch sind die Bücher wie in einem Theater des kulturellen Gedächtnisses angeordnet und frei zugänglich. Denn für diese Bibliothek gilt: Berühren ist hier nicht verboten, sondern Pflicht.

Bedeutender kultureller Wert

Die Institution steht seit ihren Anfängen auf prekärem Grund. Sie ist bekanntermassen unterfinanziert, personell zu schwach dotiert und auf Gedeih und Verderb von der Tatkraft ihres Begründers abhängig. Werner Oechslin wird in diesem Jahr achtzig Jahre alt. Er will darum die Leitung abgeben und die Bibliothek organisatorisch und finanziell auf eine solidere Basis stellen.

Mit dem Kanton Schwyz, dem Bezirk Einsiedeln, mit Bund, ETH und Hochschule Luzern wurde darum eine Übereinkunft zur finanziellen Beteiligung an den Betriebskosten ausgehandelt. Der Schwyzer Regierungsrat hatte in seinem jetzt abgelehnten Finanzierungsantrag festgehalten, dass die Bibliothek für den Kanton «einen sehr bedeutenden kulturellen und forschungspolitischen Wert darstellt». Es gebe darum «ein sehr grosses Interesse an einem nachhaltigen Weiterbestehen der Bibliothek im Klosterdorf».

Das Nein des Kantonsrates wiegt umso schwerer, als die Umsetzung der Übereinkunft mit den verschiedenen Geldgebern an die allseitige Zustimmung gebunden ist. Mit dem Schwyzer Entscheid entfallen mit grösster Wahrscheinlichkeit auch die übrigen versprochenen Beiträge, wobei die Zuwendung vonseiten des Bundes in Höhe von einer Million Franken jährlich am deutlichsten ins Gewicht fällt.

Versäumte Gelegenheit

Ein sichtlich verbitterter Werner Oechslin gab vor Wochenfrist in einem Interview mit dem «Einsiedler Anzeiger» zu verstehen, dass ein ablehnender Entscheid das Ende seiner Forschungsbibliothek bedeuten würde. «Wir könnten dann allenfalls die Tätigkeit auf ein Minimum reduzieren, um dann noch eine Weile auf eine ‹Rettung› zu hoffen.»

Angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse liess er zudem auf sehr undiplomatische Weise erkennen, dass er wenig Hoffnung setze in die kulturelle Kompetenz der Kantonsräte, die über die Zukunft der Bibliothek entscheiden: «Wir müssen uns gegenüber Nachbarn rechtfertigen, die das Ganze als persönliches ‹Hobby› begreifen wollen und die Frage ‹Was bringt es?› stellen.»

Die Anfänge von Werner Oechslins Sammlung gehen zurück auf die Zeiten, als er studierte und forschte und notgedrungen jene Bücher kaufte, die in den Universitätsbibliotheken nicht vorhanden oder zu wertvoll waren, um ausgeliehen zu werden. Denn für ihn war stets das oberste Gebot, dass man Bücher in die Hand nehmen müsse, um sie lesen zu können. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird eine solche Bibliothek von lauter Unikaten bald einmal selber ein Unikat sein. Spätestens dann wird man bedauern, die Gelegenheit für ihre Erhaltung versäumt zu haben.

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