Montag, Oktober 7

Die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft», kurz Biodiversitätsinitiative, will schutzwürdige Landschaften, Ortsbilder, Natur- und Kulturdenkmäler bewahren. Abgestimmt wird am 22. September.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Artenvielfalt und die Vielfalt der Lebensräume stehen in der Schweiz unter Druck. Treiber sind die intensive Landwirtschaft im Mittelland und der Ausbau von Siedlungen und Infrastrukturen im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum. Mehrere Umweltverbände, der Schweizer Heimatschutz und die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz wollen mit der Biodiversitätsinitiative gegensteuern. Das Volksbegehren wurde im Jahr 2020 eingereicht und fordert zusätzlich weitergehende Massnahmen beim Ortsbild- und beim Landschaftsschutz.
  • Der Bundesrat hatte einen Gegenvorschlag ausgearbeitet. Das Parlament entschied aber, dem Volk die Initiative ohne Gegenvorschlag vorzulegen.

Die Vorlage im Detail

Die Initiative will in der Bundesverfassung verankern, dass schutzwürdige Landschaften, Ortsbilder, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler bewahrt werden müssen. Zudem sollen die Natur, die Landschaft und das baukulturelle Erbe auch ausserhalb von Schutzobjekten geschont werden. Weiter müssten die zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität erforderlichen Flächen, Finanzmittel und Instrumente zur Verfügung gestellt werden.

Der Bund soll nach Anhörung der Kantone die Schutzobjekte von gesamtschweizerischer Bedeutung bezeichnen. Die Kantone jene von kantonaler Bedeutung. Ferner heisst es im Initiativtext: «Der Kerngehalt der Schutzwerte ist ungeschmälert zu erhalten.» Im Fall einer Annahme müsste das Parlament diese Verfassungsbestimmungen in einem Gesetz konkretisieren.

Unter Biodiversität versteht man die genetische Vielfalt innerhalb einer Population, aber auch die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume. Der Erhalt der Biodiversität ist in der dichtbesiedelten Schweiz eine Herausforderung. Eine intakte Umwelt mit vielfältigen Lebensräumen und Arten ist für die Landwirtschaft essenziell, unter anderem, weil die angebauten Pflanzen bestäubt werden müssen. Der Rückgang der biologischen Vielfalt hat aber auch Folgen für die Arzneimittelproduktion, für die Widerstandsfähigkeit ökologischer Kreisläufe und für die Lebensqualität der Menschen.

Die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL bilanzierte kürzlich, es habe im Zuge der Industrialisierung und der Gewässerkorrekturen bis zu den Boomjahren nach dem Zweiten Weltkrieg in allen Bereichen der Biodiversität starke Verluste gegeben. Seither beobachte man bei gewissen Artengruppen und Lebensräumen eine Stabilisierung oder Erholung. Eine echte Trendwende sei aber nur in wenigen Lebensräumen und Artengruppen erreicht. Gemäss der roten Liste der Lebensräume sei etwa die Hälfte der Lebensraumtypen gefährdet.

Die Initianten und die Befürworter sagen, ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten sei gefährdet oder bereits ausgestorben und die Hälfte der Lebensräume sei bedroht. Sie kritisieren, die Schweiz unternehme zu wenig für den Erhalt ihrer Natur und Landschaft und damit ihrer Lebensgrundlagen. Daher müsse dieses Schutzziel besser in der Bundesverfassung verankert werden.

Sie sagen, die Initiative verlange die nötigen Flächen und finanziellen Mittel für einen besseren Schutz. Sie nehme Bund und Kantone in die Pflicht, fixe Zahlen zu Flächen und Mitteln zu definieren. Die Initiative schone zudem die Natur, vielfältige Landschaften und schöne Ortsbilder auch ausserhalb von Schutzgebieten.

Eine vielfältige Natur sorge für sauberes Wasser, fruchtbare Böden, Bestäubung und gesunde Nahrung. Dies sei von unschätzbarem Wert und müsse erhalten bleiben.

Im Gegenkomitee haben sich der Bauernverband, verschiedene Wirtschaftsverbände und Vertreter der Energiebranche formiert. Sie sagen, die Initiative schiesse über das Ziel hinaus.

Der Bauernverband sagt, bereits heute dienten 19 Prozent der Landwirtschaftsflächen der Förderung der Biodiversität. Statt neue Schutzgebiete zu schaffen, solle man lieber die bestehenden Flächen aufwerten.

Werde die Initiative umgesetzt, so würde dies die nachhaltige Energie- und Lebensmittelproduktion beeinträchtigen, meinen die Gegner. Zudem würde die Nutzung des Waldes und des ländlichen Raums für den Tourismus stark eingeschränkt und das Bauen verteuert. Die Gegner weisen auch auf die jährlichen Kosten hin, die auf 375 bis 440 Millionen Franken geschätzt werden. Diese Mittel stünden nicht zur Verfügung. Die Initiative führe zudem zu einer Beschneidung der Kompetenzen von Gemeinden und Kantonen durch den Bund.

Bei einem Ja müsste die Schweiz 30 Prozent ihrer Landesfläche unter Biodiversitätsschutz stellen, sagen die Gegner mit Verweis auf die Uno-Biodiversitätskonvention. Heute sind es etwas über 13 Prozent der Landesfläche, die die Biodiversität sichern.

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