Dienstag, September 2

Die BBC hat in einer achtteiligen Serie die Schlacht von Hastings dramatisch aufgearbeitet. Die unzufriedenen Zuschauer weisen nun auf zahlreiche Mängel und wissenschaftliche Fehler hin.

In England kennt sie jedes Kind: die Schlacht von Hastings. 1066 verlor der englische König jenes fatale Gefecht gegen William, den Duke of Normandy. In den nächsten Jahrhunderten wurde England französisch regiert, mit weit in die Zukunft reichenden Folgen.

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In Grossbritannien werden die Eckdaten dieses Ereignisses als geistiges Grundnahrungsmittel im Schulunterricht verabreicht. Doch wie sich jetzt herausstellt, wissen die Zuschauer darüber hinaus auch viele Details, wie nun das Echo auf die neue BBC-Serie «King and Conqueror» zeigt.

Nach acht Folgen sind die Kommentare auf Online-Plattformen und in den Kommentarspalten von Zeitungen zum allgemeinen Rauschen angeschwollen. Mehr als tausend Kommentare gab es bisher allein beim «Guardian». Ohne es geahnt zu haben, hat die BBC die Serie einer Nation von Experten vorgesetzt. Und diese sind nicht froh über das, was sie zu sehen bekommen haben.

Kein angelsächsischer Schnurrbart

«King and Conqueror» liefert der Kritik tatsächlich Steilvorlagen. Es beginnt schon mit Äusserlichkeiten. Die Serie wurde in Island gedreht, aber das Fernsehpublikum kann sich partout nicht vorstellen, dass England einmal so ausgesehen haben soll. Und sicher trabten Harold und William nicht auf kleinen Islandpferden über die Steppe, die besser frisiert sind als ihre Reiter.

Nicht wenige Zuschauer fragten sich auch, warum Harold in der Serie auf seinen typischen angelsächsischen Schnurrbart verzichten muss, wogegen sich der in Wirklichkeit glatt rasierte William über einen 1970er-Jahre-Bart streicht. Aber das sind nur Details. Es gibt auch bedeutendere Streitpunkte.

War König Edward der Bekenner, nach dessen Tod das Machtvakuum entstand, das zur besagten Schlacht führte, so interessant wahnsinnig wie in der Serie behauptet? Laut den Historikern nicht. Nach seinem Tod wurde er überdies als Heiliger verehrt. Hat derselbe Mann seine bösartige Mutter mit den Zacken seiner Krone erschlagen? Nein. Starb Edward, während er Sex mit seiner Frau hatte? Der Geschichtsschreibung muss es entgangen sein.

Eine andere Frage: Tötete König Harold seinen Bruder Tostig in der Schlacht von Stamford Bridge? Tostig starb in jener Schlacht, aber nicht von der Hand seines Bruders. War Tostig untröstlich über den Tod seiner Frau? Keineswegs, denn in Wirklichkeit überlebte sie ihn und heiratete nach seinem Ableben erneut. Liess Harold seinen Bruder Sweyn töten? Auch davon weiss die Geschichte nichts.

Parallelen zur Gegenwart

Das BBC-Publikum hätte die exzessiv genutzte dichterische Freiheit allenfalls noch durchgewinkt. Ebenso wie das über dem Ganzen liegende bleierne Dunkel, das wirkt, als habe man den englischen Begriff für das Mittelalter, «the Dark Ages», wörtlich genommen. Die Dialoge im flachen Fernsehjargon aber («Wir müssen reden!» – «Ich hatte keine Wahl») strapazierten die Nerven nachhaltig.

Und der «Game of Thrones»-Star Nikolaj Coster-Waldau (Jaime Lannister) kämpft als William erfolglos gegen das Drehbuch von Michael Robert Johnson an. Sein Gegenpart James Norton wiederum schleppt sich als Harold mit einer Beisshemmung durch die Kulissen, die dem behaupteten Ehrgeiz der Figur widerspricht.

Aber auch als rein eskapistische Phantasie funktioniert die Serie nicht. Einige Online-Kommentatoren bemerkten in ihren Fernsehsesseln nämlich Ähnlichkeiten zwischen den Schiffen der einfallenden Normannen und jenen Booten, die derzeit aus Frankreich nach Grossbritannien übersetzen. «Immer noch keine Patrouillen im Ärmelkanal gegen Männer in Booten wie die Normannen», schrieb ein Leser des «Guardian». Und ein anderer pflichtete bei: «Wenn es jemals eine Zeit gab, in der man die Boote hätte stoppen müssen, dann war das 1066.»

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