Dienstag, November 26

Unterschriften sammeln für die Armee: kein einfaches Unterfangen. Das zeigt eine Petition, die seit Frühling läuft. Bis jetzt sind lediglich 15 000 Unterschriften zusammengekommen, obschon Militärgesellschaften sie unterstützen.

Eine «vernünftige Stimme aus der Bevölkerung» will die «Bürgeroffensive für eine starke Armee 2030» sein. Bis jetzt ist die Offensive jedoch lediglich ein Stimmchen mit 15 000 Unterstützern. Sie kann damit das Potenzial bei weitem nicht ausschöpfen. Denn der Kreis der mutmasslichen Armeeunterstützer ist gross: Allein die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) hat 20 000 Mitglieder, dazu kommt der Verband Militärischer Gesellschaften (VMG) mit seinen 34 Gesellschaften und rund 100 000 Mitgliedern.

Die «Bürgeroffensive» ins Leben gerufen hat der Schwyzer FDP-Nationalrat Heinz Theiler. Er sitzt seit einem Jahr im Parlament und ist Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission. Im Militär war er Gefreiter. In sicherheitspolitische Themen hat er sich nach seinem Amtsantritt eingearbeitet. Für ihn ist klar: «Sicherheit ist eine Staatsaufgabe.» Jeder Bürger, jede Bürgerin habe das Recht, geschützt zu werden. Dafür brauche es unter anderem eine verteidigungsfähige Armee.

Dass der Bundesrat wegen der finanziell schwierigen Lage des Bundeshaushaltes die Armeefinanzen bis 2035 auf ein Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) erhöhen will und nicht schon 2030, findet Theiler sicherheitspolitisch fahrlässig. Doch das Parlament stimmte diesem Plan im letzten Dezember äusserst knapp zu.

Drei Monate später lancierte Theiler seine Petition. Wer unterzeichnet oder sich online registriert, fordert Parlament und Bundesrat auf, das Armeebudget bis 2030 auf ein Prozent des BIP zu erhöhen. Eine solche Petition hat zwar keinen bindenden Charakter, aber die betroffene Behörde muss sie zur Kenntnis nehmen. Die Schweiz müsse jetzt vorwärtsmachen, sagt Theiler. «Europa rüstet auf, und wir sind mittendrin. Wir dürfen nicht abseitsstehen.»

An Standaktionen versucht er, Bürgerinnen und Bürger vom Anliegen zu überzeugen. Unterstützt wird er von diversen Milizverbänden wie der SOG und dem VMG. Die hohen Mitgliederzahlen der militärischen Gesellschaften und Verbände widerspiegeln sich jedoch nicht in der Zahl der Unterschriften für die Petition. Warum nicht?

Soziale Themen beschäftigen die Menschen mehr

Als Hauptgründe nennt Theiler das beschränkte Budget – und dass nationale Medien das Thema bis jetzt nicht aufgenommen hätten. Auch sei es schwierig, die einzelnen Mitglieder der Milizverbände zu erreichen. «Die Präsidien der kantonalen Milizsektionen haben wir angeschrieben, aber wir wissen nur von wenigen, dass die Informationen den Weg zu den Mitgliedern gefunden haben.»

Der SOG-Präsident Dominik Knill hat persönlich mitgeholfen, Unterschriften zu sammeln. Nur wenige Bürgerinnen und Bürger, die er auf der Strasse getroffen habe, hätten vom Anliegen gehört. «Dazu kommt, dass die Leute andere Prioritäten haben. Sicherheit wird als selbstverständlich wahrgenommen.»

Soziale Themen wie die Gesundheitskosten oder die Altersvorsorge beschäftigten die Menschen viel mehr, sagt Knill. Er nennt als Beispiel die FDP-Petition «Nein zur Vorsorgesteuer», welche kürzlich lanciert wurde. Diese erzielte gemäss dem Parteipräsidenten Thierry Burkart innerhalb einer Woche über 40 000 Unterschriften bzw. Online-Registrierungen.

Knill wünscht sich so ein Bekenntnis auch zum Thema militärische Sicherheit: «Unsere Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, wenn wir nach acht Monaten nur 15 000 Unterschriften beisammenhaben.»

Stefan Holenstein, Präsident des VMG, sagt, er habe die Informationen und den Appell an seine über dreissig Gesellschaften geschickt. Allerdings sei Theiler noch nicht so bekannt als Nationalrat. Wäre er das, hätte die Petition schon mehr Aufmerksamkeit bekommen, sagt Holenstein: «Die Notwendigkeit der höheren Armeefinanzen ist unbestritten. Das sieht ja auch die bürgerliche Mehrheit im Parlament.»

Parlament hat Zahlungsrahmen erhöht

In der Herbstsession hat das Parlament den Zahlungsrahmen der Armee um zusätzliche vier Milliarden Franken erhöht. Dies, um insbesondere die Lücken in der Luftverteidigung zu schliessen. Der Bundesrat wollte das wegen der schwierigen Haushaltslage hingegen nicht.

Offen ist indes, woher das Geld kommen soll. Das Parlament ist uneins, wie die Finanzierung aussehen könnte. Im Gespräch waren Fondslösungen, eine Mehrwertsteuererhöhung oder Einsparungen in anderen Bereichen. Bis jetzt ist nichts mehrheitsfähig.

Heinz Theiler wollte ursprünglich nur bis im Herbst sammeln. Jetzt will er aber weitermachen. Ein Sammelziel kommuniziert er nicht. Theiler ist sich sicher, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit Blick auf die geopolitische Lage ernsthafte Sorgen machen: «Das merke ich in persönlichen Gesprächen deutlich. Wir sind inzwischen zur Anlaufstelle für Fragen zur Armee geworden.»

Sollte in der Budgetdebatte im Dezember keine mehrheitsfähige Finanzierungslösung zustande kommen, bringt auch der höhere Zahlungsrahmen nichts, auf den sich die bürgerliche Mehrheit geeinigt hat. Die Armeebotschaft und der darin enthaltene Finanzrahmen sind lediglich ein Planungsinstrument. Der effektive Betrag wird am Jahresende gesprochen.

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