Der Versicherer Zurich setzt sich früher als geplant neue Ziele für die Geschäftszahlen. Die Blicke richten sich auf den Investorentag – und nach dem Trump-Sieg in die USA, wo Zurich 60 Prozent der Gewinne erzielt.
Der Versicherer Zurich ist weiter auf Wachstumskurs. Dies gilt sowohl für die Schaden- und Unfallversicherung als auch den Bereich Lebensversicherung. Auch der US-Partner Farmers erreichte einen Anstieg der Bruttoprämien, wie der Versicherer bei der Präsentation von Geschäftszahlen für die ersten neun Monate des Jahres bekanntgab.
Georg Marti, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), stufte die Ankündigungen als «insgesamt vorteilhaft» ein. Mit Spannung warten Analysten und Anleger nun auf den 21. November. Dann will die Zurich-Führung an einem Investorentag neue Ziele für die Periode 2025 bis 2027 vorstellen.
Dreijahreplan um ein Jahr vorgezogen
Zurich sei auf dem besten Weg, alle Ziele aus dem aktuellen Dreijahreplan zu übertreffen, sagt die Finanzchefin der Zurich-Gruppe, Claudia Cordioli, im Gespräch. «Wir präsentieren einen neuen Plan, bevor der alte abgelaufen ist. Die derzeit geltenden Ziele sind keine Ambition mehr für uns, deshalb haben wir den neuen Plan um ein Jahr vorgezogen.»
Die Zurich-Führung sehe attraktive Möglichkeiten für Wachstum und wolle deshalb neue Ziele definieren, sagt die Italienerin mit Jahrgang 1971, die seit März dieses Jahres als Zurich-Finanzchefin amtiert und vom Rückversicherer Swiss Re kam. Dies werde man am Investorentag adressieren und aufzeigen.
Für die Jahre 2023 bis 2025 hatte das Management des Versicherungskonzerns unter anderem das Ziel einer Eigenkapitalrendite zum Betriebsgewinn von 20 Prozent angegeben. Dieses wurde im vergangenen Jahr mit 23,1 Prozent mehr als nur erreicht. Als weiteres Ziel hatte Zurich in dem derzeit noch geltenden Plan ein Gewinnwachstum je Aktie von mehr als 10 Prozent genannt. Unterdessen hat der Versicherer erst Ende Oktober ein im Juni dieses Jahres gestartetes Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 1,1 Milliarden Franken abgeschlossen.
Die Zurich-Aktie legte am Donnerstag leicht zu. Seit Anfang Jahr hat der Titel ein Plus von rund 19 Prozent erzielt, während der Swiss-Market-Index (SMI) um etwas mehr als 7 Prozent zulegte. Der in Euro gerechnete Versicherer-Index Stoxx Europe 600 Insurance verbucht seit Anfang Jahr ein Plus von knapp 16 Prozent. Auf Sicht von drei Jahren liegt die Zurich-Aktie mit fast 28 Prozent in positivem Terrain, während der SMI in diesem Zeitraum ein Minus von etwas mehr als 3 Prozent ausweist.
Die Zurich-Aktien haben im SMI ein Gewicht von 6,1 Prozent und sind damit in dem Schweizer Standardwerte-Index der sechstgrösste Wert nach Nestlé, Novartis, Roche, UBS und ABB.
Naturkatastrophen stützten Preise
Dass Zurich davon ausgeht, die Ziele zu übertreffen, sei mit einer Kombination von Faktoren zu erklären, sagt Cordioli. Als die derzeit noch gültigen Ziele im Jahr 2022 definiert wurden, sei man davon ausgegangen, dass sich die Preise im Bereich Firmenversicherung und damit die Margen reduzieren würden. Doch dies sei überhaupt nicht eingetreten. Die Häufung von Naturkatastrophen habe die Preise im Property-Geschäft gestützt. Ausserdem habe die Zurich-Führung nicht mit einem so deutlichen Anstieg der Inflation und der Zinsen gerechnet, als sie damals die Ziele festlegte. «Die Zinsen sind viel länger höher geblieben, als man damals erwartet hat», sagt Cordioli.
Nun sei spannend, welche Folgen die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf die Zinsen haben werde. Einerseits seien Unternehmen froh, dass es bei den Wahlen so schnell Klarheit gegeben habe, sagt Cordioli. Zurich verfolge die Entwicklungen in den USA sehr interessiert – schliesslich kämen im Durchschnitt 60 Prozent der Gewinne des Versicherers aus den Vereinigten Staaten. Sie sei zuversichtlich, dass man mit der neuen Regierung gut zusammenarbeiten werde.
In den USA werde das Versicherungsgeschäft sehr stark auf Ebene der Gliedstaaten geführt, sagt Cordioli. In Kalifornien gälten beispielsweise ganz andere Regeln als in Texas – für Zurich und Farmers ist das Geschäft in beiden Gliedstaaten sehr wichtig. Es werde sehr lokal reguliert, folglich seien gute Beziehungen mit den lokalen Behörden entscheidend. Ende 2020 hat Zurich zusammen mit Farmers Teile des amerikanischen Versicherers Met Life übernommen. Nun plane Farmers, stärker an der Ostküste der USA zu expandieren, sagt Cordioli.
Umstrukturierung bei Farmers trägt Früchte
Vor einigen Monaten hätten sich Investoren und Analysten besorgt gezeigt über den hohen Schaden-Kosten-Satz und die verschlechterte Kapitalposition bei Farmers Exchanges. Nun habe sich der US-Partner rasch erholt, die Umstrukturierung habe Früchte getragen. Farmers Exchanges wies für die ersten neun Monate des Jahres einen Anstieg der Bruttoprämien um 4 Prozent auf 21,5 Milliarden Dollar aus. Der Schaden-Kosten-Satz für die ersten neun Monate betrug 93,5 Prozent und lag damit 15 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Dies bedeutet, dass der US-Partner 93,50 von 100 Prämien-Dollar dafür ausgab, um versicherte Schäden und eigene Kosten zu begleichen – 6,50 Dollar blieben ihm selbst.
Oft werde Zurich mit den grossen europäischen Versicherern verglichen, sagt Cordioli. Das sei etwas irreführend, denn die Bilanz von Zurich sei anders strukturiert – schliesslich kämen im Durchschnitt 60 Prozent der Gewinne aus den USA und fast die Hälfte davon von Farmers. Versicherer wie Allianz oder Generali haben hingegen mehr Risiken in Europa. Zurich ist stärker gegenüber den USA exponiert als ihre europäischen Wettbewerber.
Mit Spannung erwarteten die Finanzmarktteilnehmer bei der Präsentation der Geschäftszahlen auch die Angaben von Zurich zu den jüngsten Naturkatastrophen: Für den Hurrikan «Helene» beträgt der Aufwand rund 160 Millionen Dollar, für den Wirbelsturm «Milton» weniger als 200 Millionen Dollar. Die Schäden seien niedriger ausgefallen, als das viele Analysten erwartet hätten, sagt Cordioli. Dies zeige, dass Zurich hier vorsichtig agiere.