Dienstag, November 11

Die Ampelkoalition will durch weitere Abkommen mit Usbekistan und Kenya die Einwanderung besser regeln. Es gibt Gründe, warum diese Rechnung nicht aufgehen dürfte.

Die deutsche Regierung will mit weiteren Ländern Migrationsabkommen schliessen, die die Rücknahme von abgelehnten Asylbewerbern regeln sollen. Das haben sowohl der Sonderbevollmächtigte für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, als auch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser angekündigt.

Faeser lobte die Fortschritte der eigenen Koalition aus SPD, Grünen und FDP: «Wir haben in den letzten zwei Jahren mehr erreicht als die Union in den sechzehn Jahren zuvor.» Dem «Handelsblatt» sagte sie: «Neben der gerade erst vereinbarten Zusammenarbeit mit Georgien, Marokko und Kolumbien werden wir in Kürze weitere Migrationsabkommen schliessen – als Nächstes mit Moldau und mit Kenya.»

Durch eine bessere Kooperation bei der Ausschaffung von Menschen, die nicht in Deutschland bleiben dürften, solle irreguläre Migration reduziert werden, so die SPD-Innenministerin.

Auch der Sonderbevollmächtigte Stamp äusserte sich zuversichtlich. Er kündigte an, das Migrationsabkommen mit Kenya werde nach letzter rechtlicher Prüfung im September unterzeichnet werden. Einen ähnlichen Zeitplan gebe es für Usbekistan. «Beide Länder haben geopolitisch grosse Bedeutung», sagte FDP-Politiker Stamp der «Rheinischen Post».

Mehr als 220 000 Asylanträge aus Syrien, der Türkei, Afghanistan

Wie gross die Bedeutung wirklich ist, ist fraglich, denn keiner der Staaten gehört zu den wichtigsten Herkunftsländern der Asylbewerber für Deutschland. In den ersten vier Monaten des Jahres 2024 gab es 126 Asylanträge von Menschen aus Kenya. Im selben Zeitraum gab es 32 Anträge auf Asyl aus Usbekistan, von moldauischen Staatsangehörigen 910. Zum Vergleich: Staatsangehörige aus der Türkei stellten mehr als 12 000 Asylanträge.

Die grösste Gruppe der Asylbewerber machen im laufenden Jahr mit mehr als 27 500 Anträgen bis anhin Menschen aus Syrien aus. Diese erhalten fast immer einen Aufenthaltstitel, da sie als subsidiär schutzberechtigt gelten und nach Syrien nicht ausgeschafft wird.

Auch in den Jahren davor haben Usbekistan, Kenya und die Republik Moldau zahlenmässig de facto keine Rolle bei der Massenmigration gespielt. Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2023 gab es lediglich 459 kenyanische und 120 usbekische Asylbewerber, also insgesamt 579 Asylanträge aus diesen zwei Staaten. Aus den drei Hauptherkunftsländern Syrien, Türkei und Afghanistan gab es hingegen in Summe mehr als 220 000 Asylanträge.

Stamp schliesst Ausschaffung nach Afghanistan aus

Nach der tödlicher Terrorattacke in Mannheim ist die Debatte um Abschiebungen erneut entfacht. Der angeblich 25-jährige Sulaiman A., der einen Polizisten tötete und den Aktivisten Michael Stürzenberger mit einem Messer angriff, war 2014 nach Deutschland gekommen. Obwohl sein Asylantrag abgelehnt worden war, wurde er nieausgeschafft – wegen der Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan.

Der Innensenator Hamburgs Andy Grote forderte in der «Bild»-Zeitung: «Wer hier schwere Straftaten begeht, muss das Land verlassen, auch wenn er aus Afghanistan kommt.» SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese legte nach: «Wenn jemand, wie der wahrscheinliche Täter, hier schwerste Straftaten begeht, dann hat er hier sein Bleiberecht verloren und muss nach Afghanistan abgeschoben werden können.»

Für SPD-Politiker sind das ungewohnte Töne. Doch bei einer Migrationskonferenz der Sozialdemokraten am Montag erteilte ausgerechnet der Sonderbevollmächtigte und Liberale Stamp der Forderung eine Absage: Eine Abschiebung in nach Afghanistan sei «im Augenblick undenkbar, kein Verwaltungsgericht würde dies akzeptieren».

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