Dienstag, November 26

René Benkos Signa-Gruppe und die thailändische Central Group sind auf Konfrontationskurs. Auf dem Spiel steht die Zukunft der bisher gemeinsam betriebenen Warenhausgeschäfte.

Der unkoordinierte Zerfall des Immobilien- und Handelsimperiums von René Benko geht weiter. Bereits am Freitagabend hat die KaDeWe Group nach Informationen der NZZ einen Insolvenzantrag gestellt. Am Montag bestätigte die Firma, um ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ersucht zu haben. Dem Antrag wurde bereits stattgegeben.

Mit dem einstigen «Kaufhaus des Westens» (KaDeWe) gerät eines der Vorzeigeobjekte der Signa-Gruppe von Benko in den Strudel der Insolvenz. Der operative Betrieb ist davon jedoch nicht betroffen, das Kaufhaus ist weiterhin normal geöffnet.

Das Gleiche gilt für das Alsterhaus in Hamburg und den Oberpollinger in München, die beide ebenfalls zur KaDeWe Group gehören und das Portefeuille vervollständigen. Noch Ende November hatte Michael Peterseim, der Chef der KaDeWe Group, in einem Interview geäussert, dass die Insolvenzen in der Signa-Gruppe keine Auswirkungen auf seine Warenhäuser hätten. Nun haben wohl ein enttäuschendes Weihnachtsgeschäft und ein Zerwürfnis zwischen den beiden Eigentümern zur Verschlechterung der Lage beigetragen.

Klage über zu hohe Mieten

Die KaDeWe Group gehört zu 49,9 Prozent der Signa und zu 50,1 Prozent der Central Group, einem Handels- und Immobilienkonzern aus Thailand, hinter dem die Familie des Milliardärs Tos Chirathivat steht. «Forbes» schätzte sein Vermögen 2023 auf 12,4 Milliarden Dollar. Ähnliche Besitzverhältnisse herrschen bei der Immobilie des KaDeWe in Berlin, wogegen die Gebäude des Alsterhauses und des Oberpollinger zu 100 Prozent der Signa Prime Selection, der wichtigsten Signa-Immobiliengesellschaft, gehören.

In Medienberichten wird immer wieder kolportiert, dass die Mieten für die drei Häuser deutlich über den ortsüblichen Marktmieten für solche Objekte lägen. Beispielsweise mache beim Oberpollinger die Miete rund 20 Prozent des Umsatzes aus, was in der Branche als grenzwertig gilt. Laut KaDeWe sind die Mieten für die drei Häuser seit dem Geschäftsjahr 2018/19 um 37 Prozent gestiegen und sollen weiter klettern. Was für das Warenhausgeschäft eine Belastung ist, wird umgekehrt zum Vorteil für den Immobilienbesitzer, denn die hohen Mieten treiben die Bewertungen der Liegenschaften nach oben.

Überhöhte Mieten spielten auch schon bei der Insolvenz der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH eine Rolle, die ebenfalls zur Signa-Gruppe gehört und am 9. Januar zum Amtsgericht gegangen war. Der bestellte Insolvenzverwalter hatte sogleich öffentlich gesagt, die Signa-Gruppe schränke durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten von Galeria stark ein. Auch die KaDeWe Group klagte am Montag, die hohen Mieten machten ein «ertragreiches Wirtschaften nahezu unmöglich».

Vor harten Verhandlungen

Sowohl bei der KaDeWe Group als auch bei Galeria dürfte es nun zu harten Verhandlungen über die Höhe der künftigen Mieten kommen – im einen Fall zwischen Signa und Central Group, im anderen zwischen Signa und dem Galeria-Insolvenzverwalter. Dabei dürfte eine Insolvenz eher der Gegenseite von Signa helfen.

Allerdings sind KaDeWe und Galeria nicht eins zu eins vergleichbar, da die Central Group die Warenhäuser wohl fortführen möchte, während Galeria mit der Schliessung einiger der Häuser drohen kann, falls es keine Einigung bei der Miete gibt.

Verunsicherung über Globus und Selfridges

Die KaDeWe Group ist innerhalb des Signa-Imperiums ein Teil der European Luxury Department Store Group. Zu dieser Einheit gehört auch die Warenhauskette Globus, die in der Schweiz neun Standorte hat. Die Warenhausgeschäfte und Immobilien dieser Standorte gehören wiederum jeweils zu 50 Prozent der Signa und zu 50 Prozent der thailändischen Central Group. Die Partner kauften zudem gemeinsam Anfang 2022 die britische Warenhauskette Selfridges.

Die Luxuskaufhäuser von Signa und Central Group

Die Entwicklungen rund um die deutsche KaDeWe Group schüren nun die Verunsicherung darüber, wie es mit Globus in der Schweiz und mit Selfridges in Grossbritannien weitergeht. Denn dem Vernehmen nach werden die Verhandlungen zwischen Signa und den Thailändern mit harten Bandagen geführt. Offenbar war man nahe an einer Einigung, die vorsah, dass die Thailänder die restlichen 50,1 Prozent des KaDeWe-Gebäudes in Berlin kaufen und beim Alsterhaus in Hamburg sowie beim Oberpollinger in München künftig geringere Mieten bezahlt werden sollten, um das Warenhausgeschäft zu entlasten.

Doch der Deal platzte – angeblich wegen überrissener Forderungen der Signa-Verantwortlichen. Die Thailänder fühlten sich darauf nicht mehr an Finanzierungszusagen für das Warenhausgeschäft der KaDeWe Group gebunden, was die Insolvenz ausgelöst haben dürfte.

Gegensätzliche Interessen

An vielen Orten im weitverzweigten Signa-Imperium prallen nun solche Interessengegensätze aufeinander. Bei der zentralen Immobiliengesellschaft Signa Prime hat mittlerweile der österreichische Sanierungsexperte Erhard Grossnigg zusammen mit einem gerichtlich bestellten Sanierungsverwalter das Ruder übernommen. Ihr Ziel ist es, Immobilien wie das KaDeWe-Gebäude zu einem hohen Preis zu verkaufen, um möglichst viel Geld für die Gläubiger zu lösen. Dagegen drücken Mietnachlässe die Immobilienwerte nach unten.

Auf der Gegenseite steht beim Luxuswarenhausgeschäft die thailändische Central Group, die daran interessiert ist, sowohl das Warenhausgeschäft als auch die strategisch wichtigsten Immobilien zu möglichst günstigen Konditionen vollständig übernehmen zu können. Dem Vernehmen nach suchen die Thailänder dabei auch die Unterstützung eines neuen Finanzinvestors von aussen.

Nötiges Bekenntnis der Central Group

Die Zukunft von Globus in der Schweiz hängt davon ab, dass die Besitzstruktur in absehbarer Zeit geklärt wird. Die Thailänder gelten, womöglich zusammen mit einem Partner, als natürliche Käufer für jene Hälfte des Warenhausgeschäfts und der Immobilien, die bis jetzt Signa gehört. Noch Ende 2023 hatte die Central Group ihre Unterstützung für das europäische Luxuswarenhausgeschäft bekräftigt.

Doch die Thailänder scheinen sich nicht drängen zu lassen. Im Ringen um die Warenhäuser können sie sich tendenziell mehr Zeit lassen als die Signa-Verantwortlichen. Aber auch die Central Group muss aufpassen, dass ihr der Prozess nicht entgleitet und Immobilien plötzlich in andere Hände kommen – allenfalls gar in den Besitz von Eigentümern, die sie anders nutzen wollen. Zudem dürften die schlechten Nachrichten rund um die KaDeWe Group das Geschäft in den Luxuswarenhäusern kaum beflügeln.

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