Donnerstag, März 20

Die Serie «Fawlty Towers» von John Cleese ist bekannt für seine Nazi-Witze. Eine aktuelle Theaterfassung zeigt, dass die «Germans» gerne mitlachen.

Jahrzehntelang waren die Deutschen die beliebtesten Opfer englischen Spotts. Witzige und abfällige Bemerkungen über die Nation, der das jetzige englische Königshaus entstammt, gehörten zur Volksbelustigung. «Don’t mention the war», lautete ein berühmt gewordener Satz aus der Comedy-Serie «Fawlty Towers», der regelmässig zitiert wurde, wenn es um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern ging. Er gehört in England zur Folklore.

Das Monty-Python-Mitglied John Cleese hatte die Serie in den siebziger Jahren mit seiner damaligen Frau Connie Booth entwickelt. Sie ist eine der ganz grossen Schöpfungen britischer Comedy. Nun ist «Fawlty Towers» von Cleese selbst in einer Live-Fassung auf die Bühne des Londoner Apollo Theatre gehoben worden. Mit neuer Besetzung. Im Original nämlich spielte der inzwischen 84-jährige Cleese den cholerischen Hotelbesitzer Basil Fawlty noch selbst: als ein Monstrum der Überheblichkeit mit übersteuertem Klassenbewusstsein.

Kein Sinn für Humor

Die berühmteste Folge, die ebenjenen nicht totzukriegenden «Don’t mention the war»-Slogan hervorbrachte, ist den «Germans» gewidmet. Darin traktiert Basil Fawlty deutsche Gäste mit Anspielungen auf den Krieg, bis ihnen die Tränen kommen. «Würden Sie bitte aufhören, über den Krieg zu reden?», flehen die Deutschen irgendwann. «Ich?», erwidert Fawlty. «Ihr habt doch angefangen.» «Ich habe gar nichts angefangen», verteidigt sich einer der Touristen. «Ihr habt Polen überfallen!», triumphiert der Hotelbesitzer und hält sich einen Zeigefinger unter die Nase, um an Hitlers Schnurrbart zu erinnern.

Dann schreitet er im Stechschritt durch das Restaurant, um die verzweifelten Deutschen aufzumuntern, und erklärt, das sei doch saukomisch: «Ich habe es noch nie erlebt, dass jemand darüber nicht lachen kann.» Die Gäste jammern: «Das ist nicht komisch!» Fawlty greift nun zum Killerargument, das auch im britischen Alltag jede Beleidigung legitimieren soll: «Ihr habt eben absolut keinen Sinn für Humor.»

Don't Mention the War | Fawlty Towers

Auch diese Szene ist in der aus den zwei Serienstaffeln destillierten Bühnenversion zu sehen. Allerdings sind die Briten unterdessen sensibilisiert für den möglichen Affront gegenüber den europäischen Nachbarn. Als der deutsche Botschafter Miguel Berger die Theaterproduktion jüngst lobte, brachte ihn das prompt in die Schlagzeilen. Der «Times» erklärte er: «Die Deutschen mögen den britischen Humor. Es ist ein harter Humor. Aber es gibt viele Menschen, die etwas mit diesem dunklen britischen Humor verbindet.» Eigentlich sei es ja der Brite Fawlty, der sich schwertue, mit den Deutschen umzugehen. Die Einstellung der Briten zu Deutschland habe sich in den letzten zwei Jahrzehnten allerdings entspannt, resümierte Berger.

Lange hatten die beiden Weltkriege im Mittelpunkt der britischen Wahrnehmung von Deutschland gestanden. Vor allem in der freien, oft kruden Presse wurde das Germany-Bashing nach 1945 als Form einer in britischen Augen humorvollen Fremdenfeindlichkeit akzeptiert. Denn der «Spass» ging ja nicht auf die Kosten einer geplagten Minderheit, sondern einer starken, reichen Nation – die obendrein im Fussball erreichte, wovon England seit 1966 nur noch träumen konnte. Damals wurden die Three Lions zum letzten Mal Weltmeister, nachdem sie im Final ausgerechnet gegen die Bundesrepublik gewonnen hatten. Es waren neben britischen Kriegsfilmen dann tatsächlich die Fussballfans, die die Klischees von den Deutschen als ewigen Nazis immer wieder bemühten.

Aber in den Stadien zeigte sich in den letzten Jahren auch, wie sich die Wahrnehmung der Deutschen allmählich änderte. Die von Deutschland ausgerichtete Weltmeisterschaft 2006 trug zu einem Prestigegewinn für die Gastgeber bei, ein Trend, der sich in den Folgejahren fortsetzte. Die englische Presse war positiv überrascht, auch über eine neue Geläufigkeit des deutschen Spielstils, der nicht mehr darauf abzielte, den Gegner einfach platt zu walzen.

Die Zeiten, in denen die «Germans» als «Jerry the Hun» und «Fritz» durch die Boulevardpresse gejagt wurden, sind vorbei. Eine Zeitlang schaute man aus Frustration über die eigene wirtschaftliche Lage hin und wieder nach Deutschland, um sich inspirieren zu lassen. Ein Generationenwechsel habe stattgefunden, meint der deutsche Botschafter und betont, dass es unter Premierminister Rishi Sunak einen willkommenen «Wandel hin zum Pragmatismus in den Beziehungen nach dem Brexit» gegeben habe.

Die Vorstellung von Deutschland als modernem Staat ist heute verbreiteter als die überlieferten Karikaturen. Die britische Kulturszene beobachtete das Land schon lange mit gespanntem Interesse, speziell was die bildende Kunst betrifft. Und Filme wie «Good Bye, Lenin» (2003) oder «Das Leben der Anderen» (2006) haben dazu beigetragen, das Bild vom humorlos-tumben Hunnen beim Mainstream-Publikum zu korrigieren. Hinzu kommt der «Berlin-Faktor» – die wachsende Beliebtheit der deutschen Hauptstadt bei jungen Leuten. Berlin gilt als eines der grossen Partyziele der Welt.

Deutsche Gelassenheit

«Seit dem Brexit hat sich das Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns deutlich gesteigert», sagt dazu Katharina von Ruckteschell-Katte, die Direktorin des Londoner Goethe-Instituts. Der Wegfall von «Creative Europe» – ein von der Europäischen Union ins Leben gerufenes Förderprogramm zur Unterstützung des Kultur-, Kreativ- und audiovisuellen Sektors in ganz Europa – und generell die Angst, den Kontakt zum Kontinent zu verlieren, habe dies bewirkt. Ein Zeichen für das neue «Interesse» sei, dass etwa die britischen Arts Councils inzwischen erhebliche Mittel in Kooperationsprojekte mit dem Goethe-Institut und Partnern in Deutschland steckten.

Auch auf der politischen Ebene tue sich etwas, weiss Katharina von Ruckteschell-Katte: «Seit 2023 gibt es wieder eine gemischte bilaterale Kulturkommission auf Ministerebene, die ein deutliches Zeichen dafür ist, dass man die durch den Brexit entstandenen Hürden minimieren will.»

Die entspannten Reaktionen der Deutschen auf die Theaterfassung von «Fawlty Towers» mitsamt dem «Don’t mention the war»-Sketch scheint die Neueinschätzung der «Krauts» zu bestätigen. «Die Haltung der deutschen Botschaft steht in krassem Gegensatz zu den humorlosen britischen Sendern, die darauf bestehen, alte Comedy-Sendungen mit Trigger-Warnungen zu versehen, und die im Jahr 2020 kurzzeitig die Folge ‹The Germans› aus den Streaming-Diensten entfernt haben», schrieb die «Daily Mail». Und John Cleese resümierte: «Die Einzigen, die sich noch nie über die deutsche Episode beschwert haben, sind die Deutschen.»

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