Mittwoch, April 16

Schokolade und Eier sind so teuer wie seit Jahren nicht mehr. Das könnte das Vertrauen der Bürger in das Stabilitätsversprechen der Europäischen Zentralbank erschüttern.

Nur wenige Tage noch, dann werden bunt gefärbte Eier und Schokoladen-Osterhasen Deutschlands Frühstückstische dekorieren. In vielen Familien werden sich die Kinder dann wieder auf die Suche nach Ostereiern begeben, die die Eltern in Wohnung und Garten versteckt haben. Gut möglich, dass die Suche dieses Jahr schneller endet als in den Vorjahren. Denn manche Eltern dürften sich angesichts der rasant gestiegenen Preise für Schokolade und Eier beim Einkauf derselben zurückgehalten haben.

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So müssen Verbraucher nach Angaben des Statistischen Bundesamtes dieses Jahr knapp 17 Prozent mehr für Süsswaren aus Schokolade zahlen als im Vorjahr. Eine Schokoladentafel kostet sogar 25 Prozent mehr als vor einem Jahr. Für Schokoladenriegel muss man 11 Prozent mehr zahlen. Der beliebte Goldhase des Schweizer Schokoladenherstellers Lindt & Sprüngli kostet in Deutschlands Supermärkten erstmals mehr als 4 Euro.

Noch höher fällt die Teuerung aus, wenn man die Preise mit jenen aus dem Jahr 2020 vergleicht. So mussten Liebhaber von Süsswaren vergangenes Jahr knapp 40 Prozent mehr für Produkte aus Schokolade zahlen als vier Jahre zuvor. Süsswaren insgesamt verteuerten sich in diesem Zeitraum um rund 29 Prozent.

Aber auch für Hühnereier, die die Deutschen gern zu Ostern verspeisen, müssen sie tiefer in die Taschen greifen. Eier verteuerten sich im Zeitraum von 2020 bis 2024 um mehr als 38 Prozent. Schokolade und Eier trugen mit dazu bei, dass sich die Nahrungsmittel insgesamt binnen vier Jahren um 33 Prozent und damit stärker verteuerten als die Lebenshaltung insgesamt (19 Prozent).

Sinkende Ernteerträge in Afrika

Der rasante Anstieg der Preise für Schokolade hat seinen Grund in Westafrika. Von dort stammen rund 75 Prozent der weltweit gehandelten Kakaobohnen, die der Grundstoff für Schokolade sind. Extremwetterereignisse wie Dürren und Starkregen haben die Ernteerträge in Afrika spürbar reduziert. So brach die Kakaoernte in Ghana vergangenes Jahr um fast 50 Prozent ein. 13 Millionen Kakaobäume mussten dort abgeholzt werden, weil sie von einer Pflanzenkrankheit befallen waren. Die Aussichten auf eine baldige Erholung der Ernteerträge sind gering, da neu gepflanzte Bäume erst nach rund fünf Jahren Früchte tragen.

Auch in Côte d’Ivoire schrumpften die Ernteerträge. Wegen der Trockenheit erwarten die Bauern dort für die nächsten Wochen eine nur schwache Zwischenernte mit kleineren Bohnen von schlechterer Qualität. Insgesamt stammen rund 80 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Kakaos aus Côte d’Ivoire und Ghana.

Die Knappheit hat den Börsenpreis für Kakao in die Höhe schnellen lassen. Derzeit kostet eine Tonne Kakao mehr als 8300 Dollar. Damit hat sich der Preis in den vergangenen zwei Jahren fast vervierfacht.

Die gefühlte Inflation wird befeuert

Die Teuerung für Schokolade und andere Lebensmittel dürfte das Gefühl vieler Konsumenten bestätigen, der allgemeine Kaufkraftschwund sei deutlich höher, als es in der offiziell gemessenen Teuerungsrate für die Lebenshaltung zum Ausdruck kommt. Diese lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im März bei 2,2 Prozent.

Der Preisindex für die Lebenshaltung gewichtet die einzelnen Preise mit den Anteilen der Produkte an den Gesamtausgaben eines typischen Haushalts. Dabei gehen die Ausgaben für Nahrungsmittel nur mit einem Gewicht von knapp 12 Prozent in die offiziell gemessene Inflation ein. Die Ausgaben für die Wohnungsmiete einschliesslich Nebenkosten haben hingegen ein Gewicht von knapp 26 Prozent.

Entscheidend für die gefühlte Inflation ist jedoch nicht der Anteil der einzelnen Produkte an den Gesamtausgaben, sondern die Häufigkeit, mit der die Konsumenten die einzelnen Produkte erwerben. Die Preise für Nahrungsmittel haben daher einen grösseren Einfluss auf die gefühlte Inflation als die Wohnungsmiete.

Die EZB steht vor einem Problem

Laut einer aktuellen Umfrage der Bundesbank sind die deutschen Konsumenten daher skeptisch, ob die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Versprechen, die Inflation auf den Zielwert von 2,0 Prozent zu drücken, in absehbarer Zeit erfüllen wird. Für die nächsten 12 Monate rechnen die Bürger mit einer Teuerungsrate von rund 3 Prozent. Auf Sicht der nächsten 3 und 5 Jahre erwarten sie im Schnitt sogar eine Teuerungsrate von über 3 Prozent.

Für die EZB, die an diesem Donnerstag über die Leitzinsen entscheidet, könnte das zu einem Problem werden. Denn je höher die Inflationserwartungen der Bürger sind, desto höher fallen die Lohn-, Miet- und Preisforderungen aus. Die Inflation droht sich auf hohem Niveau zu verfestigen. Gleichwohl rechnen die meisten Experten damit, dass die EZB die Leitzinsen bei ihrer Sitzung am Donnerstag wegen der Sorgen um die Konjunktur senken wird. Ändern könnte das wohl nur noch ein Einkauf der Währungshüter im Supermarkt.

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