Zwischen den Pensionskassen in der Schweiz gibt es grosse Unterschiede. Diese entscheiden über den Lebensstandard im Alter. Wie man prüft, ob man in einer guten Kasse ist oder nicht.
Erneut ist eine geplante Reform der beruflichen Vorsorge an der Urne gescheitert. Immerhin hat die Debatte über die Vorlage aber dazu geführt, dass sich viele Versicherte intensiv mit ihrer Pensionskasse auseinandergesetzt haben.
Dies ist umso wichtiger, als diese für viele Menschen in der Schweiz der wichtigste Vermögenswert ist – und für den Lebensstandard im Alter eine entscheidende Bedeutung hat.
Einkaufen in die Pensionskasse oder nicht?
Zudem naht das Jahresende, und viele Versicherte fragen sich, ob sie allenfalls freiwillige Einzahlungen in ihre Pensionskasse leisten sollen. Solche Einkäufe lassen sich vom steuerbaren Einkommen abziehen, und man kann mit ihnen oftmals die Steuerprogression brechen. Gerade für Personen im Alter von 50 Jahren oder mehr ist der Steuerspareffekt besonders gross, da ihre Zeit bis zur Pensionierung kürzer ist.
Auch bei der Stellensuche ist es wichtig, die Leistungen potenzieller Arbeitgeber in der beruflichen Vorsorge unter die Lupe zu nehmen. «Viele Arbeitnehmer schauen bei der Auswahl einer Stelle nur auf den Lohn, nicht auf die Pensionsleistungen des Arbeitgebers», sagt Tashi Gumbatshang, Vorsorgeexperte bei Raiffeisen. Vielen sei gar nicht bewusst, dass die Pensionskasse ein wichtiger Lohnbestandteil sei. Bei den freiwillig von den Arbeitgebern eingeführten überobligatorischen Teilen der Vorsorge gebe es grosse Unterschiede zwischen den Pensionskassen, sagt er weiter. Grössere Unternehmen mit eigenen Kassen hätten oft die besten Vorsorgelösungen für Arbeitnehmer.
Welche Kennzahlen wichtig sind
Für alle Versicherten ist es wichtig, die Qualität und die Leistungen ihrer Pensionskasse einzuschätzen. Dies ist anhand von einigen Kennzahlen möglich.
1. Deckungsgrad: Zunächst einmal sollte eine Pensionskasse einen Deckungsgrad von mehr als 100 Prozent haben, besser noch etwas mehr. Ist dies nicht der Fall, droht die Gefahr, dass die Kasse saniert werden muss und die Versicherten daran einen Beitrag leisten müssen. Die Kennzahl Deckungsgrad informiert darüber, ob die Verpflichtungen der Pensionskasse durch ihre Vermögen abgedeckt sind. Ende vergangenen Jahres lag der Deckungsgrad der privatrechtlichen Kassen in der Schweiz im Durchschnitt bei 113,5 Prozent, wie die in der Branche stark beachtete Swisscanto-Studie zeigt.
Allerdings sollten sich Versicherte auch bewusst sein, dass die Aussagekraft der Kennzahl Deckungsgrad begrenzt ist. Sie hängt unter anderem vom technischen Zins ab, den eine Pensionskasse festlegt – je höher sie diesen ansetzt, umso höher ist auch der Deckungsgrad.
2. Technischer Zins: Der technische Zins wird vom Stiftungsrat der Pensionskasse festgelegt. Als Daumenregel gilt, dass er nicht höher sein sollte als die erwarteten Erträge auf dem Pensionskassen-Vermögen. Kassen mit einem tiefen technischen Zinssatz rechnen also vorsichtig und nehmen dafür einen niedrigeren Deckungsgrad in Kauf. Bei zu hohen technischen Zinssätzen droht zudem eine Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentnern. Auch hier ist aber eine individuelle Betrachtung nötig: Pensionskassen mit hohen Deckungsgraden können sich oftmals höhere technische Zinssätze «leisten».
Wie das Beratungsunternehmen PPCmetrics in seinem Jahrbuch für 2024 ausführt, lag der durchschnittliche technische Zinssatz der Pensionskassen im vergangenen Jahr bei 1,63 Prozent. Die Unterschiede zwischen den Kassen waren indessen sehr gross, die Spannbreite lag zwischen 0 und 2,75 Prozent.
3. Höhe des Umwandlungssatzes: Bei der Pensionierung wird das angesparte Pensionskassenvermögen mit dem sogenannten Umwandlungssatz multipliziert, um die Höhe der jährlichen Rente zu errechnen. Hat eine Person also Kapital in Höhe von 500 000 Franken angespart und der Umwandlungssatz beträgt 5 Prozent, erhält sie eine Rente von 25 000 Franken pro Jahr.
Laut dem Beratungsunternehmen Complementa lag der durchschnittliche Umwandlungssatz der Schweizer Pensionskassen für Versicherte im Alter von 65 Jahren in diesem Jahr bei 5,23 Prozent. Obwohl viele Pensionskassen in den vergangenen Jahren die Umwandlungssätze deutlich gesenkt haben, ist dies tendenziell immer noch zu hoch. Da zu hohe Umwandlungssätze zu einer unerwünschten Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentnern führen, haben viele Kassen für die nächsten Jahre weitere Senkungen beschlossen. Laut Complementa dürfte der durchschnittliche Umwandlungssatz bis zum Jahr 2029 auf 5,1 Prozent sinken.
4. Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse: Auch die Höhe der Arbeitgeberbeiträge variiert je nach Pensionskasse. Der Beitrag des Arbeitgebers an die berufliche Vorsorge müsse indessen zumindest gleich hoch sein wie die gesamten Beiträge seiner Arbeitnehmer, teilt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mit. «Viele Arbeitgeber zahlen indessen zwei Drittel der Beiträge», sagt Gumbatshang. Oft werde dies von den Arbeitnehmern zu wenig gewürdigt. «Viele Mitarbeitende wissen es nicht einmal.»
5. Anlagestrategie, Rendite und Kosten: Eine hohe Verzinsung der Altersguthaben ist nur dann möglich, wenn die Pensionskasse gute Renditen bei ihren Vermögensanlagen erzielt. Es schadet also nicht, wenn die Versicherten sich über die Anlagepolitik ihrer Pensionskasse informieren. Informationen dazu finden sich im Allgemeinen in der Jahresrechnung der Pensionskasse. Stiftungsratsmitglieder können ebenfalls Auskunft geben.
Auch bei den Anlagerenditen ist die Bandbreite zwischen den Pensionskassen gross, wie sich Jahr für Jahr zeigt. Laut der Swisscanto-Studie, für die 483 Kassen befragt wurden, betrug die durchschnittliche Rendite der besten zehn Prozent der Kassen im vergangenen Jahr 8,2 Prozent, während diejenige der schlechtesten zehn Prozent der Kassen bei lediglich 2,3 Prozent lag.
Auch die Vermögensverwaltungskosten der Pensionskassen können in diesem Zusammenhang ein Thema sein. Dabei handelt es sich um die Gebühren, die Finanzinstitute für die Anlage von Pensionskassengeldern einnehmen. Versicherte können schauen oder beim Stiftungsrat ihrer Pensionskasse nachfragen, wie hoch diese Kosten sind. Laut dem Beratungsunternehmen C-Alm betrugen sie 2022 im Durchschnitt 0,56 Prozent des Anlagevolumens. Sind die Kosten bei der eigenen Pensionskasse höher, ist es spannend zu sehen, ob sich dies auch in höheren Renditen niederschlägt oder nicht – und andersherum.
6. Verzinsung der Altersguthaben: Auch bei der Verzinsung der Altersguthaben gibt es zwischen den Pensionskassen grosse Unterschiede. Die besten zehn Prozent der Kassen hätten 2023 die Altersguthaben im Durchschnitt mit 3,7 Prozent verzinst, heisst es in der Swisscanto-Studie. Bei den schlechtesten Kassen waren es hingegen im Schnitt nur 2 Prozent.
Viele Versicherte wüssten gar nicht, wie gut oder schlecht ihre Pensionskasse die Altersguthaben verzinse, sagt Gumbatshang. Dabei hat die Verzinsung einen enormen Einfluss auf die Altersguthaben. Dies zeigt auch die Studie von PPCmetrics: Laut ihr erzielten Schweizer Pensionskassen im Zeitraum 2014 bis 2023 im Durchschnitt eine kumulierte Verzinsung von rund 25 Prozent.
7. Rentner-Anteil der Kasse: Eine wichtige Kennzahl ist auch das Verhältnis von aktiven Versicherten zu Rentnern in der Pensionskasse. Hat eine Kasse viele Rentner, ist ihr Spielraum bei der Vermögensanlage oft begrenzt – sie kann die Gelder weniger risikoreich anlegen, was sich auf Dauer im Allgemeinen in einer geringeren Rendite äussert. Oftmals können Kassen mit einem hohen Rentneranteil auch die Vorsorgevermögen der aktiven Versicherten weniger gut verzinsen als «jüngere» Pensionskassen.