Vielen Schweizer Industriebetrieben fehlt es auch nach zwei Jahren Abschwung an Aufträgen. Die Maschinenhersteller Bystronic, Trumpf, Komax und Liebherr mussten gar Kurzarbeit einführen.

Patrons von Industrieunternehmen lassen sich schwer aus der Ruhe bringen. Schliesslich sind sie als Hersteller von Maschinen, Metallteilen oder Chemieprodukten Schwankungen beim Auftragseingang und in der Umsatzentwicklung gewohnt. Und jeder Abschwung findet einmal ein Ende.

Gewinnwarnungen verschrecken Investoren

Doch die Hartnäckigkeit der gegenwärtigen Flaute lässt die Führung mancher Firmen doch langsam nervös werden. Seit Mitte 2022 hat sich der Auftragseingang in der Schweizer MEM-Branche, die neben der Maschinenbau- und Metallindustrie auch den Elektrosektor umfasst, mit einer einzigen Ausnahme Quartal für Quartal zurückgebildet. Lediglich im Schlussquartal 2022 gab es einen geringfügigen Anstieg bei den Bestellungen gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode.

Nach zwei Jahren Abschwung ist noch immer keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil: Die schwache Nachfrage schlägt zusehends negativ auf die Profitabilität der Firmen durch. Im MEM-Sektor mehren sich Gewinnwarnungen.

So musste der Maschinenhersteller Komax Mitte Juni eingestehen, dass er im laufenden Jahr auf Stufe Betriebsergebnis (Ebit) nur noch von einem «leicht positiven» Resultat ausgehe. Das Innerschweizer Unternehmen, das seine Anlagen für die Herstellung von Kabelbäumen hauptsächlich im Autosektor absetzt, erwischte damit die grosse Mehrheit der Finanzmarktteilnehmer auf dem falschen Fuss.

Die Analytiker der Zürcher Kantonalbank beispielsweise hatten zuvor noch mit einem Überschuss von gut 40 Millionen Franken gerechnet. Nun sehe es nur noch nach einer «roten Null» aus, konstatierten sie. Zugleich gab Komax bekannt, ab Juli für den Grossteil der insgesamt 750 Beschäftigten am Hauptsitz in Dierikon sowie in Cham Kurzarbeit beantragt zu haben.

Bestellungen aus der Uhrenbranche bleiben aus

Am Freitag vergangener Woche erschreckte auch der frisch fusionierte Werkzeugmaschinenhersteller Starrag-Tornos Investoren mit einer Gewinnwarnung. Er teilte mit, er erwarte für das laufende Gesamtjahr ebenso wie für das erste Semester «deutliche» Einbussen bei Umsatz und Ebit. Als Grund für seine Hiobsbotschaft führte das Unternehmen mit Sitz in Rorschacherberg die negative Entwicklung insbesondere im Geschäft mit kleinen Zulieferern der Industriebranche sowie mit Herstellern von Luxusgütern an.

Die hochpräzisen Maschinen von Starrag-Tornos zum Drehen, Fräsen und Stanzen von Metallteilen stehen in vielen Schweizer Uhrenfabriken. Bis anhin schien sich die Uhrenbranche deutlich robuster als die Hersteller von Autos und anderen langlebigen Konsumgütern wie Haushaltapparaten und Sportgeräten zu entwickeln. Letztere leiden schon seit geraumer Zeit unter der – vor allem teuerungsbedingten – Zurückhaltung von Konsumenten in vielen Ländern.

Dass sich viele der Zulieferbetriebe, die Starrag-Tornos ebenfalls mit Werkzeugmaschinen beliefert, in einer schwierigen Lage befinden, stellt im Gegensatz dazu keine Überraschung dar. So schrieb der Industrieverband Swissmechanic, der zahlreiche dieser kleinen sogenannten Job-Shops zu seinen Mitgliedern zählt, Ende Mai, dass die Mehrheit der KMU im ersten Quartal mangels Aufträgen weitere Umsatzeinbussen erlitten habe.

Warten auf weitere Zinssenkungen

Schweizer Maschinenherstellern macht ähnlich wie ihren deutschen oder italienischen Konkurrenten zu schaffen, dass die Nachfrage nach Investitionsgütern generell abgenommen hat. Viele Kunden halten sich wegen der schwachen Konjunkturentwicklung vorab in Europa, China und Japan mit Neuanschaffungen zurück. Zugleich dürften manche Industriebetriebe weitere Zinssenkungen abwarten, um Investitionen in ihren Maschinenpark günstiger finanzieren zu können.

Die schlechte Auftragslage zwang den Berner Maschinenproduzenten Bystronic bereits Anfang November 2023, in seinem Stammwerk in Niederönz für 170 von 700 Beschäftigten Kurzarbeit einzuführen. Die Massnahme wurde bis Ende Juni aufrechterhalten. Anfang September, nach der Beendigung des ferienbedingt ohnehin ruhigeren Sommerbetriebs, will das Unternehmen entscheiden, ob es bei den Behörden eine Verlängerung der Kurzarbeit beantragen will.

«Anhaltend schwierige Lage» bei Trumpf

Auch beim deutschen Maschinenbauer Trumpf, der mit seinen Laserschneideanlagen für die Blechbearbeitung in direktem Wettbewerb mit Bystronic steht, leistet ein Teil der Schweizer Belegschaft seit vergangenem Januar Kurzarbeit. Die Massnahme im Werk im bündnerischen Grüsch gelte für 30 Prozent der Mitarbeiter in der Produktion weiterhin, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt. Trumpf rechne für die nächsten Monate mit einer «anhaltend schwierigen Lage bei Auftragseingang und Umsatz». Erst Anfang Juli wurden ausserdem beim Baumaschinenhersteller Liebherr in Bulle 350 Mitarbeitende in Kurzarbeit geschickt.

Bei der Mehrheit der Unternehmen im Schweizer MEM-Sektor handelt es sich indes nicht um Maschinenproduzenten und Anlagenbauer, sondern um Komponentenhersteller. Manche von ihnen sind – wie die Job-Shops – reine Auftragsfertiger, die einzelne Teile für Maschinen oder Fahrzeuge fertigen und sich dabei oft stark auf Vorgaben ihrer Kunden abstützen.

Gewisse Komponentenhersteller sind aber deutlich grösser und bedienen wie beispielsweise die Giessereisparte von Georg Fischer oder der Ostschweizer Anbieter von Verbindungsteilen SFS eine Vielzahl von Kunden. Viele ihrer Produkte haben sie selbst entwickelt. Zugleich erfüllen die Komponenten, die sie für Gebäudetechnik, Autos oder Elektronikgeräte produzieren, oft spezifische Aufgaben und gelten damit als systemkritisch.

Hohe Lagerbestände belasten Lem und Maxon

Allerdings leiden auch viele dieser grossen Schweizer Komponentenhersteller unter überhöhten Lagerbeständen bei ihren Kunden. Die hohe Nachfrage nach vielen Konsumgütern zu Beginn der Pandemie sowie Schwierigkeiten in der Beschaffung veranlassten Industrieunternehmen, extra grosse Lager zu bilden. Noch sind diese manchenorts nicht vollständig abgebaut worden, wie jüngst gleich drei Schweizer Komponentenanbieter, der Genfer Konzern Lem, Carlo Gavazzi aus Steinhausen und die nicht kotierte Obwaldner Firma Maxon, übereinstimmend feststellten. Alle drei äusserten sich zurückhaltend, was die kurzfristigen Aussichten in wichtigen Absatzmärkten betrifft.

Nächste Woche beginnt die Saison der Präsentation der Halbjahreszahlen. Als eines der ersten Schweizer Industrieunternehmen wird am 12. Juli Ems das Ergebnis vorlegen. Der Konzern ist zwar nicht im MEM-Sektor, sondern in der chemischen Industrie tätig. Allerdings lebt auch er mit seinen Granulaten für die Kunststoffherstellung stark von Geschäften mit der Autobranche und Anbietern weiterer langlebiger Konsumgüter. Ende April hatte die Firmenführung Aussagen vom vergangenen Februar bekräftigt, wonach sie für 2024 von einem «weiterhin herausfordernden konjunkturellen Umfeld» ausgehe.

Die Erwartungen an den Geschäftsgang der meisten Schweizer Industrieunternehmen sind deshalb gering. Dies spiegelt sich auch in jüngsten Erhebungen zur Stimmung unter Einkaufsmanagern, die hartnäckig tiefe Werte zeigen. Die Flaute könnte sich noch eine Weile fortsetzen. Und damit dürfte auch die Unruhe unter den Patrons weiter zunehmen.

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