Donnerstag, Februar 6

Die Dermatologiespezialistin ist weiterhin der Star an der Schweizer Börse, für eine Enttäuschung braucht es nicht viel. Ausserdem: Lonza profitiert vom Momentum, den Dormakaba-Aktien geht der Schnauf aus und Ohrfeige für Sawiris von den Orascom-Aktionären.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

Themarket.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

War da was mit Strafzöllen der USA gegen Kanada und Mexiko? Heute Donnerstag sind die Börsenturbulenzen zum Wochenbeginn beinahe schon vergessen, die weltweiten Aktienmärkte streben wieder nach oben.

Auch der Schweizer Leitindex SMI hat die Delle wettgemacht und notiert knapp unter dem Höchst.

Ist damit alles wieder vergessen? Ich denke kaum. Die Launen und Ideen des erst seit gut zwei Wochen amtierenden US-Präsidenten Donald Trump werden die Börsen in Atem halten. Für Anlegerinnen lautet dabei die beste Devise: ruhig bleiben. Vieles, das kurzfristig für Schlagzeilen sorgt, wird Lärm sein und wieder verpuffen.

Wie ich bereits vergangene Woche geschrieben habe, könnte in diesem Umfeld die Stunde der Schweizer Börse geschlagen haben.

Seit Jahresbeginn steht vor allem der Pharma- und Medtech-Sektor richtig gut da, die Titel von Roche und Novartis notieren auf dem höchsten Stand seit drei Jahren bzw. seit vergangenem Sommer.

Und dieser Trend könnte aus meiner Sicht durchaus noch weitergehen. Die Aktien überzeugen nicht nur mit defensiven Qualitäten. Beide Pharmakonzerne präsentieren sich derzeit auch in guter Verfassung. Nachdem Roche am vergangenen Donnerstag ein gutes Resultat publiziert hatte, überraschte am Freitag Novartis mit einem sehr starken Leistungsausweis. Aus Sicht von The Market bietet Roche für das laufende Jahr das grössere Kurspotenzial.

Zu den grössten Gewinnern an der Schweizer Börse gehörte Galderma. Zwar beliefert das Unternehmen aus seiner Fabrik in der Nähe des kanadischen Montréal die USA mit verschiedenen Wirkstoffen, und im Fall eines Handelskriegs mit der Europäischen Union könnte der Standort im schwedischen Uppsala in den Fokus rücken, wo der Kassenschlager zur Verbesserung des Hautbildes, Restylane, produziert wird. Auch Galdermas jüngste Produkthoffnung Nemluvio (Nemolizumab) könnte laut UBS bereits ohne Strafzölle mit dem Risiko von Rabatten durch US-Produzenten von Mitteln zur Behandlung atopischer Ekzeme konfrontiert sein.

Aber solcherlei negative Gedanken scheinen die Anleger gegenwärtig wenig zu kümmern – zumal die positiven Kommentare trotz allem nicht abreissen. Am Montag haben ebenjene Analysten von UBS in einem Bericht die Aktien der Dermatologiespezialistin gepriesen und ihnen den Vorzug vor Sandoz gegeben. Just beendeten die Titel den Handelstag entgegen dem breiten Markt auf dem Schlusskurs von Donnerstagabend und damit auf dem Niveau, bevor die Zolldrohungen von Trump für Aufregung gesorgt hatten.

Diese Unbekümmertheit halte ich für bemerkenswert, zumal mir die praktisch durchwegs positiven Analystenstimmen bereits im Dezember aufgefallen waren. Damals lag der Aktienkurs auf 96 Fr. Mittlerweile liegen die Kursziele der Kaufempfehlungen alle über 100 Fr., wobei selbst das höchste mit 123 Fr. (Goldman Sachs) in Griffnähe gerückt ist – so schnell kann es gehen. Auch Investoren schwärmen im Gespräch immer wieder vom Börsenneuling Galderma.

Mich macht die Euphorie misstrauisch. Wenn alle Marktteilnehmer dermassen zuversichtlich sind, braucht es in der Regel nur eine kleine Enttäuschung, um den Aufwärtstrend der Aktien zu stoppen. Und diese ist in Galdermas vollem Kalender für 2025 durchaus denkbar: Unter den wichtigsten Ereignissen ist die Markteinführung von Nemluvio zur Behandlung von atopischen Ekzemen und der Hautkrankheit Prurigo nodularis in den USA, die ein Erfolg werden muss. Das «Kronjuwel», wie die Analysten der Bank Berenberg das Mittel nennen, könnte einen Spitzenumsatz von über 2 Mrd. $ erzielen und für mehr als die Hälfte des Gewinnwachstums bis 2030 verantwortlich sein – wenn alles gut läuft.

Das Konsortium um die Investmentgesellschaft EQT und die Abu Dhabi Investment Authority, das als grösster Aktionär immer noch knapp 55% der Aktien hält und bestimmt noch mehr davon mit einem schönen Kursgewinn platzieren will, wird alles daransetzen, dass die gute Stimmung noch etwas andauert. Aber nach der Kursavance von mehr als 50% seit dem vergangenen Sommer nehme ich Gewinn mit und bringe meine Position auf das Ausgangsgewicht im Portfolio zurück.

Einen guten Lauf haben auch die Aktien von Lonza. Am Dienstag sind sie über die Marke von 600 Fr. geklettert und notieren so hoch wie seit April 2022 nicht mehr.

Damals, als die Pandemie die Welt noch im Klammergriff hielt, profitierte der Pharmaauftragsfertiger von der hohen Nachfrage nach dem Covid-Impfstoff, den er für Moderna in den Niederlanden und am Sitz in Visp produzierte. Bereits aber gab es erste Zweifel an der Nachhaltigkeit des Wachstums dieses Geschäfts, in das Lonza beträchtliche Summen investiert hatte.

Seither scheinen eher Jahrzehnte als nur knapp drei Jahre vergangen zu sein. Moderna hat den Impfstoffauftrag zurückgezogen – und kämpft um ihre Zukunft –, und 2023 war auch sonst ein sehr schwieriges Jahr für Lonza: Zum stark rückläufigen Covid-Geschäft kam die Schwäche im Biotech-Sektor hinzu, Aufträge blieben aus. Auch die Nachfrage nach Kapseln enttäuschte. Anlässlich der Halbjahreszahlen gab CEO Pierre-Alain Ruffieux die Senkung des kurz- und mittelfristigen Ausblicks bekannt, per Ende September nahm er den Hut. Der Aktienkurs fand damals erst kurz vor 300 Fr. einen Boden.

Bereits aber haben die Vorzeichen erneut gedreht. Mit der Bestätigung der Prognose Anfang 2024 erkämpfte sich Lonza das Vertrauen an der Börse zurück. Im März gelang ihr schliesslich ein Coup: In Vacaville, Kalifornien, übernahm sie eine ehemalige Produktionsanlage der Roche-Tochter Genentech. Am Kapitalmarkttag Mitte Dezember dann präsentierte Lonza einen weiteren wichtigen Schritt, den sich viele Investoren seit langem erhofft hatten. Das Kapselgeschäft der 2016 übernommenen Capsugel soll verkauft werden, es war stets hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Ausserdem soll die Organisation verschlankt werden.

Heute steht Lonza im Pharmabereich – dank den auch kritisierten Investitionen in die Infrastruktur und ins Personal – stärker da denn je und ist bestens positioniert, um von den strukturellen Wachstumstreibern zu profitieren. Dazu gehört nicht nur die Auslagerung der Produktion neuer Medikamente, sondern auch die Nearshoring-Tendenz, gerade in den USA.

Da fällt gerade kaum ins Gewicht, dass das Unternehmen anlässlich der vergangene Woche präsentierten Jahreszahlen kein Update zum Kapselgeschäft geliefert hat, und auch nicht, dass 2025 ein Übergangsjahr wird. In den Köpfen der Investorinnen scheinen andere Faktoren gegenwärtiger zu sein: Im schwierigen Marktumfeld können die Valoren trotz auf zwölf Monate betrachtet stattlicher Bewertung – ein KGV von 37 auf Basis der Gewinnschätzungen für 2025 – mit ihren defensiven Qualitäten und den langfristigen Wachstumsaussichten punkten. Und vor allem dürften dabei allfällige US-Zölle kaum ins Gewicht fallen.

Das Momentum an der Börse stimmt ohnehin.

Was für eine Wandlung. Nachdem Dormakaba jahrelang die Erwartungen verfehlt hatte, hat der Schliesstechnikkonzern nach der Publikation eines sehr guten Jahresergebnisses Anfang September 2024 bereits erneut positiv überrascht. Am Dienstagabend meldete das Unternehmen, dass es für das erste Halbjahr des Geschäftsjahres 2024/25 (per Ende Juni) mit einem «signifikant höheren» Gewinn rechnet. Die Transformation ist auf Kurs, die Komplexität der Gruppe wird erfolgreich reduziert.

Die Aktien reagierten am Mittwoch mit einer schönen Kursavance.

Als Grund für den überraschend hohen Gewinn nennt Dormakaba niedrigere Restrukturierungskosten und einen Abschreiber auf dem Goodwill sowie einen ausserordentlichen Gewinn durch den Verkauf des Standorts in Montréal. Ausserdem bestätigt das Unternehmen die Prognose für das Gesamtjahr, wonach der Umsatz zwischen 3 und 5% wachsen und die adjustierte operative Marge auf Stufe Ebitda mehr als 15% erreichen soll.

Die längerfristige Betrachtung zeigt aber: Die gute operative Entwicklung als Folge der Massnahmen unter CEO Till Reuter überrascht eben nicht mehr wirklich, insbesondere, wenn man die Sondereffekte ausklammert. Seit Ende Oktober tendiert der Aktienkurs seitwärts. Für das laufende Geschäftsjahr rechnen die Analysten damit, dass die angekündigten Ziele gerade so erreicht werden. Alexander Koller von Vontobel verweist darauf, dass der Markt einen Grossteil der Normalisierung bereits vorwegnehme.

Die Gewinnsteigerung ist schön und gut, und auch Sondereffekte ausgeklammert, bin ich weiterhin der Meinung, dass sich Dormakaba unter Reuter in die richtige Richtung bewegt. Bis das Unternehmen sein erklärtes Ziel erreicht und sich punkto Profitabilität mit der schwedischen Branchenführerin Assa Abloy messen kann – adjustierte Ebita-Marge von 17,1% für 2024 –, sind jedoch noch einige Herausforderungen zu meistern.

Mit Blick auf die Bewertung aber können es die Aktien bereits mit jenen der Konkurrenz aufnehmen, selbst wenn man noch etwas weiter in die Zukunft blickt: Dormakaba kommt auf Basis des für 2025/26 geschätzten Gewinns auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 20, Assa Abloy für 2026 auf weniger als 19.

Die Self-help-Story von Dormakaba ist intakt, die Zeit des schnellen Kursgewinns aber vorbei.

Public Relations, nullte Stunde, nulltes Semester: Wer als Manager in der öffentlichen Kritik steht, sucht sich einen Auftritt in einem wohlwollenden Medium, um seine menschliche Seite zu zeigen. Dieser Strategie bediente sich Naguib Sawiris, Verwaltungsratspräsident der Hotel- und Immobiliengruppe Orascom Development Holding.

In den vergangenen Wochen erschienen in der «Bilanz» und der «NZZ am Sonntag» zwei überaus sanfte Porträts über den 34-jährigen Sohn von Samih Sawiris. Sie zeichneten das Bild eines freundlichen Mannes, der sich wohl in der Schweiz fühlt und gerne Zeit in Andermatt im Kanton Uri verbringt.

Nun, das mag durchaus sein. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Sawiris-Clan mit einem viel zu tiefen Angebot versucht, die Publikumsaktionäre aus Orascom DH auszukaufen. Die offerierten 5.60 Fr. je Aktie liegen deutlich unter dem inneren Wert des Unternehmens, weil die riesigen Landreserven in der Bilanz kaum berücksichtigt werden. Dieses dreiste Vorgehen der Familie Sawiris hat zahlreiche Aktionäre erzürnt.

Heute hat die Familienholding LPSO kommuniziert, wie viele Orascom-Aktien sie nach Ablauf der regulären Angebotsfrist hält: 87,58%. Nur gerade 10% der Aktien wurden angedient (die Familie hielt schon vor Lancierung des Angebots mehr als 77% der Aktien), nicht einmal die Schwelle von 90% haben die Sawiris erreicht. Und das, obwohl zahlreiche Banken und auch einzelne Medien empfohlen hatten, die Titel anzudienen.

Das ist eine schallende Ohrfeige für Naguib Sawiris und zeigt, wie viel Unmut er im Aktionariat gegen sich hat. Die Publikumsaktionäre lassen sich nicht für dumm verkaufen und mit einem schlechten Angebot abspeisen.

Vom 12. bis 25. Februar gibt es nun noch eine Nachfrist. Es ist durchaus möglich, dass es der Sawiris-Familie gelingt, dabei die Schwelle von 90% des Aktienkapitals zu überschreiten. Das bisherige Resultat wird auch nichts daran ändern, dass der Verwaltungsrat den angekündigten Plan umsetzt, die Aktien von Orascom DH im März von der SIX Swiss Exchange dekotieren zu lassen.

Aber das Signal, dass mehr als 10% der Publikumsaktionäre ihre Titel nicht zu 5.60 Fr. verkaufen wollten, kann Naguib Sawiris nicht ignorieren. Ich erwarte, dass er sein in mehreren Mediengesprächen geäussertes Versprechen einhält: Wer will, soll Aktionär von Orascom DH bleiben dürfen und wird nicht mit einer Zwangsabfindung (Squeeze-out) ausgekauft. Dann wird es einen ausserbörslichen Handel über die Zürcher Kantonalbank und die Bank Lienhardt geben.

Freundlich grüsst im Namen von Mrs Market

Gabriella Hunter

Exit mobile version