Mittwoch, Februar 26

Jodiertes Speisesalz ist enorm wichtig für die Gesundheit. Auf andere angereicherte Produkte kann man getrost verzichten. Welche Tipps Fachleute geben.

Leserfrage: Heutzutage sind so viele Lebensmittel mit irgendwelchen Nährstoffen angereichert. Wird das nicht langsam etwas viel und ungesund? Zum Beispiel ist meinem Salz mittlerweile nicht nur Jod, sondern auch Folsäure und Fluorid zugesetzt.

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Ein Supermarkt ist keine Apotheke. Trotzdem findet man dort vieles, was der Gesundheit zuträglich ist: Vitamin C, D, B12, Jod oder Folsäure zum Beispiel. Und zwar nicht nur natürlicherweise in Lebensmitteln, sondern auch in angereicherten Produkten. Ein prominentes Beispiel ist Jodsalz, es gibt aber auch Joghurt mit einer Extraportion Vitamin D oder Säfte mit Eisenzusatz. Ist das nützlich für die Gesundheit, nur Marketing oder sogar schädlich? «Kommt darauf an», sagt die Ernährungswissenschafterin Eva-Maria vom Bruch, eine vom Berufsverband Oecotrophologie zertifizierte Ernährungsberaterin: «Wie sieht meine Lebenssituation aus? Wo lebe ich? Um welche Mikronährstoffe geht es?»

Wohl & Sein antwortet

In der Rubrik «Wohl & Sein antwortet» greifen wir Fragen aus der Leserschaft rund um Gesundheit und Ernährung auf. Schreiben Sie uns an wohlundsein@nzz.ch.

Grundsätzlich lässt sich eine gute Nährstoffversorgung durch eine ausgewogene Ernährung sicherstellen. Trotzdem gibt es Szenarien, in denen es etwas mehr sein darf. «Einen erhöhten Bedarf haben zum Beispiel Sportler, Schwangere, Veganer, Vegetarier sowie ältere und kranke Menschen.» Für Veganer etwa ist angereicherte Pflanzenmilch eine gute Quelle für Kalzium und Vitamin B12, Schwangere profitieren von zusätzlicher Folsäure. Ob angereicherte Lebensmittel oder Supplemente sinnvoll sind, ist meist eine individuelle Frage – die sich im Zweifel durch einen Arztbesuch oder eine Ernährungsberatung klären lässt.

Weshalb Jod im Salz wichtig ist

Einige Mikronährstoffe aber muss man gesondert betrachten, weil eine Mangelversorgung grosse Bevölkerungsgruppen betrifft. In der Schweiz gilt das insbesondere für Jod, aber auch für Folsäure, Fluorid und Vitamin D. Weil Jod während der letzten Eiszeit ausgewaschen wurde, enthalten Böden und Grundwasser hierzulande nur geringe Mengen davon. «Für den Körper ist Jod aber essenziell, weil es für die Bildung von Schilddrüsenhormonen benötigt wird», erklärt Professor Martin Smollich, Ernährungswissenschafter am Universitätsklinikum Lübeck. «Ein Mangel kann unter anderem zu Schilddrüsenunterfunktionen, Stoffwechselerkrankungen und Wachstumsstörungen führen sowie während einer Schwangerschaft schwere Entwicklungsstörungen beim Kind verursachen.»

Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung 90 Mikrogramm Jod pro Tag für Kinder und 150 Mikrogramm für Jugendliche und Erwachsene. Für Frauen sind es während der Schwangerschaft und Stillzeit sogar 250 Mikrogramm pro Tag. Über die Ernährung lässt sich das nicht decken, zumal Quellen wie Algen und Seefisch in den betroffenen Regionen nur selten auf den Tisch kommen. Sowohl Smollich als auch vom Bruch raten deshalb zur sparsamen Verwendung von jodiertem Speisesalz – wohlgemerkt nicht von Meersalz, das kein Jod enthält. Sparsam deshalb, weil zu viel Salz wiederum negative gesundheitliche Auswirkungen hat.

Mit Folsäure, Fluorid und Vitamin D ist es etwas komplizierter. Fluoridiertes Speisesalz etwa ist vor allem für die Kariesprophylaxe relevant, bietet darüber hinaus aber keine gesundheitlichen Vorteile. «Laut derzeitiger Datenlage allerdings auch keine Nachteile«, betont Smollich. Wer trotzdem darauf verzichten will, sollte auf eine besonders gute Zahnpflege achten. Folsäure wiederum ist insbesondere für Frauen im gebärfähigen Alter wichtig, kann aber auch vor Herzkrankheiten schützen. Eva-Maria vom Bruch weist allerdings darauf hin, dass eine hohe Folsäurezufuhr vor allem bei älteren Menschen dazu führen kann, dass ein Vitamin-B12-Mangel unentdeckt bleibt. Ein solcher Mangel wiederum kann neurologische Probleme verursachen.

Weil der Nutzen nicht für alle gegeben ist, sind die Behörden deutlich zurückhaltender mit Empfehlungen. Während in Kanada, den USA und Australien mit Folsäure angereichertes Mehl Standard ist und nachweislich dazu beiträgt, Geburtsfehler zu verhindern, gehören solche Produkte in der Schweiz nicht zur Basisversorgung. «Wohl auch, weil Aufklärung und Gesundheitsversorgung von schwangeren Frauen hier besser funktionieren», vermutet vom Bruch.

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Und Vitamin D? Gerade in den Wintermonaten bekommen in unseren Breitengraden die wenigsten genug davon ab. «Wahrscheinlich hätte es gesundheitliche Vorteile, Lebensmittel mit Vitamin D anzureichern, aber derzeit reicht die Datenlage dafür nicht aus», sagt Smollich. Beide Experten raten dennoch, auf eine ausreichende Versorgung zu achten – und dazu können angereicherte Lebensmittel durchaus beitragen. Für alles andere, von ACE-Saft bis Vitaminwasser, gilt: «Mehr Vitamine bedeuten nicht automatisch mehr Gesundheit. Zudem sollte man den Zuckergehalt dieser Getränke im Blick behalten», so vom Bruch.

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