Die «Harry Potter»-Autorin greift Keir Starmer, derzeit Favorit für das Amt des britischen Premierministers, scharf an: Rowling wirft ihm und seiner Partei einen unglaubwürdigen Zickzackkurs in der Geschlechterdiskussion vor – aus wahltaktischen Gründen.

Sir Keir Starmer hat das Amt des britischen Premierministers fest im Auge. Dafür navigiert er seine Ansichten mit grosser Vorsicht. Das heisse Eisen der Transgender-Debatte würde er am liebsten gar nicht anfassen, so viel ist klar. Es ist ein Thema, das seine Labour-Partei gespalten und Starmer schon erhebliche politische Unannehmlichkeiten bereitet hat. Seine bisherigen Äusserungen dazu bezeichnen einen Zickzackpfad bei dem Versuch, der vorherrschenden Wählermeinung entgegenzukommen. Die «Harry Potter»-Autorin J. K. Rowling, die prominenteste Stimme für die Rechte der Frauen in dieser höchst umstrittenen Diskussion, hatte genug davon.

In einem Artikel für die «Times» kritisiert Rowling den Labour-Chef für seinen «abweisenden und oft beleidigenden» Umgang mit feministischen Anliegen. Sie schreibt, es falle ihr schwer, für die Partei zu stimmen, der sie einst angehört habe: weil sie Starmers Urteilsvermögen nicht traue. Mit ihrem Artikel reagiert sie auf ein Fernsehinterview, in dem Starmer eine Änderung seiner Position zu den Rechten von Transgender-Personen angedeutet hat.

Vagina und Penis

Zuvor hatte er Rosie Duffield, eine Abgeordnete der Labour-Partei, für ihre Aussage kritisiert, dass nur Frauen einen Gebärmutterhals hätten. Das war im Jahr 2021. Damals hatte Starmer erklärt, Duffields Äusserungen seien «etwas, das nicht gesagt werden sollte und nicht richtig war».

Starmers Haltung lag seinerzeit im Trend einer Mehrheit in seiner Partei. Auf die Frage, ob gewalttätige Transgender-Sexualstraftäter in Frauengefängnissen untergebracht werden sollten, hatte etwa Lisa Nandy, die Schattenministerin für internationale Entwicklung, gesagt: «Ich denke, Transfrauen sind Frauen, ich denke, Transmänner sind Männer, also denke ich, sie sollten in dem Gefängnis ihrer Wahl untergebracht werden.» Rowling erinnert sich auch an eine Äusserung des Schattenaussenministers David Lammy: «Soweit ich weiss, kann man einen Gebärmutterhals nach verschiedenen Verfahren und Hormonbehandlungen bekommen.»

Unterdessen scheint die Volksmeinung zu kippen. Und auf einmal rudert der Kandidat für das Amt des Premierministers zurück. Am vergangenen Donnerstag sagte Starmer in der BBC-Sendung «Question Time», er stimme nun mit Sir Tony Blair, dem ehemaligen Labour-Premierminister, überein, dass «biologisch gesehen eine Frau eine Vagina und ein Mann einen Penis hat». Auf seine früheren Äusserungen zu Duffield angesprochen – die seinerzeit nichts anderes gesagt hatte –, erwiderte Starmer, die damalige Debatte sei «sehr giftig, sehr gespalten, sehr hart» gewesen.

Tatsächlich hatte Rosie Duffield Morddrohungen erhalten. J. K. Rowling berichtet, Starmer habe Duffield in der Folgezeit in keiner Hinsicht unterstützt, auch nicht gegen Angriffe, «von denen einige aus der Labour-Partei kamen und die ihr Leben schwerwiegend und messbar beeinträchtigt haben».

«Beobachtbare Wahrheit»

Rowling, die selbst für ihre Ansichten in der Trans-Debatte wiederholt mit Anschlägen auf ihr Leben bedroht wurde, resümierte: «Keir Starmer hat es nicht geschafft, mich davon zu überzeugen, dass seine Partei ihre Haltung zu den Rechten der Frauen geändert hat – sie tut sich schwer damit zu sagen, was eine Frau überhaupt ist.»

Sie sei keineswegs dagegen, «dass Trans-Menschen die gleichen Rechte wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger geniessen und sich frei präsentieren und identifizieren können, wie sie wollen». Aber sie kämpfe für das Recht von Frauen und Mädchen, ihre Grenzen zu behaupten: «Es geht um Redefreiheit und beobachtbare Wahrheit. Es geht darum, mit schwindender Hoffnung darauf zu warten, dass die Linke aufwacht und erkennt, dass ihre faule Umarmung einer quasireligiösen Ideologie katastrophale Folgen hat.»

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