Die Finanzmarktaufsicht hat am Dienstag erklärt, dass die UBS auch mit höheren Kapitalanforderungen wettbewerbsfähig bleiben kann. Die Aufsichtsbehörde ist personell stark gewachsen und dürfte noch weiter zulegen.
Die Finanzmarktaufsicht (Finma) überwacht Hunderte von Banken und Versicherungen. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung sticht eines dieser Institute kraft seiner Bedeutung heraus: die UBS. In der Kontroverse um die künftige Grossbankenregulierung spielt auch die Finma eine wesentliche Rolle. Einige ihrer Forderungen im Nachgang zur Credit-Suisse-Krise wurden vom Bundesrat aufgenommen und von der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) bekräftigt: die Kompetenz zu früheren Interventionen bei Problemen von Finanzinstituten, eine Bussenkompetenz (der Bundesrat ist zumindest am Prüfen) sowie eine klarere Zuordnung von Verantworlichkeiten für höhere Bankkader bei Verfehlungen.
Ein besonders starkes Anliegen sei die Möglichkeit zu früheren Interventionen, sagte Finma-Direktor Stefan Walter am Dienstag an der Jahresmedienkonferenz der Behörde in Bern. Er lieferte ein Illustrationsbeispiel: Schreibe eine Bank hohe Verluste, zahle aber trotzdem noch hohe Boni aus, sollte die Finma intervenieren könne, auch wenn die Bank offizielle noch kein Sanierungsfall sei.
Raschere Sanktionen
Die klarere Zuordnung von Verantwortlichkeiten für hohe Kader soll dafür sorgen, dass bei Verfehlungen nicht jeweils ein direkter Zusammenhang zwischen den Verfehlungen und Anweisungen oder Unterlassungen der Manager zu beweisen ist. Dieser Beweis ist oft sehr schwierig zu erbringen. Mit dem vorgeschlagenen Verantwortlichkeitsregime müssten betroffene Kader rascher mit persönlichen Sanktionen rechnen – etwa mit einem Berufsverbot oder auch mit Bussen, falls die Finma eine solche Bussenkompetenz erhält. Das diskutierte Verantwortungsregime soll in erster Linie die Betroffenen zum vorbeugenden Nachdenken anregen.
Tendenz laut Finma-Spitze: Je grösser ein Institut ist, desto mehr Manager wären potenziell von einem solchen Verantwortlichkeitsregime betroffen. Wie viele wären es bei der UBS? Finma-Präsidentin Marlene Amstad nannte am Dienstag im Gespräch keine konkrete Zahl, doch sie lieferte einen Anhaltspunkt: Die Finma habe im Zusammenhang mit dem Milliardenverlusten der Credit Suisse durch die Geschäftsbeziehung mit dem amerikanischen Hedge-Fonds Archegos etwa 600 potenziell Verantwortliche geortet.
Streit um Kapitalvorgaben
Zu den Anliegen der Behörde zählt auch die Kompetenz, die Ergebnisse von Rechtsdurchsetzungsverfahren gegen fehlbare Institute publizieren zu können. Nach geltendem Recht ist dies nur ausnahmsweise zulässig. So habe die Finma 2024 total 38 Rechtsdurchsetzungsverfahren abgeschlossen, doch eine Publikation sei nur in fünf Fällen zulässig gewesen. Erweiterte Publikationsmöglichkeiten der Behörden sollen kraft der Schamwirkung die Hemmschwelle beaufsichtigter Institute gegenüber Verfehlungen erhöhen.
Zu den grössten Kontroversen über die künftige Grossbankenregulierung gehören die Kapitalanforderungen. Finma-Direktor Stefan Walter bekräftigte den Wunsch der Behörde, dass Banken ausländische Tochtergesellschaften zu 100 Prozent mit Eigenkapital unterlegen sollen, damit nicht mehr ein doppelter Fremdkapitaleinsatz (beim Stammhaus und bei der Tochtergesellschaft) möglich sein. Die Eigenmittelanforderungen für die UBS würden damit laut der Bank um etwa 25 Milliarden Franken steigen.
Die UBS wäre so nach eigenen Angaben international nicht mehr wettbewerbsfähig, da Eigenkapital viel teurer sei als Fremdkapital. Gemäss Kritikern der Vorschläge für verschärfte Eigenmittelanforderungen würde dies das Risiko einer Übernahme der UBS durch ein ausländisches Institut oder von einer Verlagerung des UBS-Hauptsitzes ins Ausland deutlich erhöhen.
Die Botschaft von Finma-Direktor Stefan Walter dazu: Gut kapitalisierte Banken seien erfahrungsgemäss auch nachhaltig wettbewerbsfähig; in Krisen seien es die bestkapitalisierten Banken, welche andere Institute übernähmen; die Analyse zum Verhältnis zwischen Eigenkapitaldecke und Börsenwert zeige keine systematische Tieferbewertung von Banken mit dickerer Eigenkapitaldecke.
Zur Frage, wie die Finma über das Risiko eines Wegzugs der UBS ins Ausland oder einer Übernahme durch eine Auslandsbank denke, blieb Walter unverbindlich: Die Aufsichtsbehörde müsse die richtigen Rahmenbedingungen zur Sicherung der Finanzstabilität setzen und nicht über mögliche Wegzüge oder Übernahmen spekulieren.
Börsentaucher im Fokus
Der von der USA befeuerte Handelsstreit und die jüngsten Börsenturbulenzen beschäftigen angesichts der Rückwirkungen auf die Finanzmarktstabilität auch die Finma. Auch hier hielt sich die Behörde aber mit Spekulationen zurück. Immerhin hatte Stefan Walter eine halbwegs beruhigende Botschaft zu verkünden: Die von der Aufsichtsbehörde verlangten Stresstests von den Banken seien wesentlich strenger als das, was in der jüngsten Zeit an den Börsen passiert sei. Zur Illustration: Am Dienstagmittag lag der Weltaktienindex von Morgan Stanley etwa 10 Prozent tiefer als Anfang April und nur knapp 4 Prozent tiefer als ein Jahr zuvor. Die gleichen Grössenordnungen gelten auch für den Schweizer Aktienindex SMI. Doch wie lange und wie stark der Baissetrend der letzten Zeit noch weitergeht, kann naturgemäss keiner sagen.
Auffällig ist das starke Personalwachstum der Finma. 2024 zählte die Behörde umgerechnet 634 Vollzeitstellen – über 20 Prozent mehr als drei Jahre zuvor. Die Behördenspitze liess durchblicken, dass der Personalbestand weiter wachsen dürfte.