Freitag, Januar 10

Die jüngste Vox-Analyse erklärt, weshalb der Bundesrat und das Parlament drei von vier Abstimmungen verloren. Und sie zeigt: Das Nein zum Autobahnausbau hat nichts mit der Zuwanderung zu tun.

Am 24. November 2024 lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger drei von vier Vorlagen der Eidgenössischen Volksabstimmung klar ab. Das dreifache Nein stand im Gegensatz zu den Empfehlungen des Bundesrates und des Parlaments. Dass die Vorlagen überhaupt vor das Volk kamen, liegt daran, dass links-grüne Kreise das Referendum ergriffen hatten.

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Wählerinnen stimmen anders

Wie die Vox-Analyse zeigt, waren es vor allem Wählerinnen und Wähler aus dem rot-grünen Spektrum, die den Entscheid herbeigeführt hatten – mit Betonung auf Wählerinnen.

Die Ausnahme war die Vorlage zur einheitlichen Finanzierung im Gesundheitswesen (Efas). Sie fand unerwartet Unterstützung über das traditionelle politische Spektrum hinweg, von links bis ganz rechts. Am meisten Zuspruch fand sie in der Basis der Mitte und bei Menschen mit höheren Einkommen und guter Bildung. Von der Gesundheitsreform versprachen sich die Stimmberechtigten zukunftsfähige Lösungen und die dringend erforderliche Kostendämpfung.

Dass es bei Efas gelang, der Bevölkerung die Notwendigkeit der Reform klarzumachen, bei der Erweiterung des Autobahnnetzes aber nicht, liegt auch daran, dass weniger Frauen mit Nein stimmten als bei den anderen drei Vorlagen. Denn bei der Geschlechterverteilung der Stimmen zeigt sich ein interessantes Muster: Frauen tendierten zur Ablehnung aller vier Vorlagen, während Männer die Vorlagen tendenziell guthiessen. Grundsätzlich wurden die Vorlagen differenziert betrachtet. Das zeige, schreiben die Studienautoren von GfS Bern, dass die Stimmbevölkerung ihren Entscheidungen intensive Auseinandersetzungen zugrunde gelegt habe.

Dies zeigte sich auch beim gescheiterten Autobahnprojekt. Obwohl die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer weiss, dass das bestehende Autobahnnetz überfordert ist, stimmte eine Mehrheit mit Nein. Weshalb?

Personen, die gegen den Ausbau der Nationalstrassen stimmten, wollten primär ein Zeichen gegen die Förderung und die Zunahme des Autoverkehrs setzen. Dieser Aussage stimmten in der Studie 44 Prozent der Befragten klar oder sehr klar zu. Offenbar überzeugte sie das Hauptargument der Gegnerschaft, die im Abstimmungskampf auf die Aussage «Mehr Strassen führen zu mehr Verkehr» gesetzt hatte.

Kein Grund für ein Nein waren hingegen die Zuwanderung und die Migration. Der SVP-Präsident Marcel Dettling hatte die auch in der Parteibasis verbreitete Skepsis gegen den Autobahnausbau damit begründet, dass die einheimische Bevölkerung unter Dichtestress leide und mit einem Nein gegen den notwendigen Ausbau der Infrastruktur ein Zeichen gegen die Zuwanderung setzen wolle. In der Umfrage wurde dieses Argument allerdings lediglich zwei Mal genannt wurde.

Auffällig gross waren der Bildungs- und der Geschlechtergraben: Während 57 Prozent der Männer mit Ja stimmten, waren es bei den Frauen nur 38 Prozent. Besonders skeptisch waren Akademiker und Personen mit tiefer Bildung.

Von Mietern und Vermietern

Eine Spaltung zeigte sich auch bei den beiden Mietvorlagen. Auf der einen Seite waren da die Mieterinnen und Mieter, die sich von einem Nein mehr Schutz und Sicherheit erhofften. Auf der anderen Seite die Eigentümer, die strengere Regeln für Untervermietungen und Erleichterungen beim Geltendmachen von Eigenbedarf befürwortet hätten.

Laut GfS zeugen die Abstimmungsergebnisse von der Komplexität und der Vielfalt der Schweizer Demokratie. Trotz engagierten Behördenkampagnen hätten die Bürgerinnen und Bürger ihre Entscheidungen unabhängig getroffen und den politischen Verantwortlichen in drei von vier Fällen widersprochen.

Es gelte die langfristigen Auswirkungen dieser Ablehnungen abzuwarten. Dem Bundesrat und dem Parlament bleibe in der Zwischenzeit nichts anderes übrig, als sich erneut an die Arbeit zu machen und alternative Lösungen aufzuzeigen.

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