Freitag, Oktober 11


Wir gratulieren

Vor dem Anschnallen kann man sich in der Schweiz nicht mehr drücken. Die Sicherheit geht vor. Doch bis dahin war es ein steiler Weg.

Man könnte ja meinen, so ein Gurt, der nichts anderes will, als für mehr Sicherheit im Strassenverkehr zu sorgen, würde als grosse Errungenschaft der Menschheit gefeiert. Doch das Gurtenobligatorium, 1976 zum ersten Mal eingeführt, erfuhr in der Schweiz heftige Widerstände.

Bis ins letzte Detail wurde diskutiert, ob es fair sei, dass sich Taxifahrer nicht anschnallen müssen, um sich im Falle eines Überfalls besser wehren zu können – während normale Autofahrer auch dann angeschnallt sein mussten, wenn sie ihnen unbekannte Autostöppler mitnahmen, die ein mindestens so grosses Überfallrisiko darstellten.

Der steinige Weg der Gurtenpflicht

Der Dreipunktgurt, vor 65 Jahren zum ersten Mal serienmässig in einem Auto eingebaut, wäre eigentlich auch so langsam im Pensionsalter – doch bewährt er sich bis heute. Das Deutsche Patentamt hat die Gurtkonstruktion des Volvo-Ingenieurs Nils Ivar Bohlin zu den Erfindungen gewählt, die den Menschen in den vergangenen 100 Jahren den grössten Nutzen beschert haben.

Doch dahin war es ein steiniger Weg: Ein Walliser Weinbauer zog gegen die Gurtenpflicht gar bis vors Bundesgericht, er fühlte sich in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt. Er bekam tatsächlich recht; das Obligatorium kam erst fast fünf Jahre später durch.

Fehlender Gurt sorgt für Kritik auf X

Mit lustigen Gurt-Debatten ist es aber auch heute noch nicht vorbei: Jüngstes Corpus Delicti war der ungesicherte Torso des SVP-Politikers Roger Köppel, den die Twitter-Polizei vergangenen Sommer erspähte. Der «Weltwoche»-Chef postete ein Bild von sich auf der Plattform X aus einem fahrenden Auto auf dem Weg nach Wien.

Für Aufregung sorgte nicht die populistische Caption «Wunderschöne Landschaften, freie Flächen, flüssiger Verkehr – das pure Gegenteil der Schweiz, die an der massiven Zuwanderung zugrunde geht» oder seine Polka-Dot-Krawatte, sondern das Fehlen des Sicherheitsgurts.

Das drang nicht nur bis zum «Blick», sondern gar bis zur Landespolizei Wien durch, die zwar unter dem Post auf den entsprechenden Gurtenpflicht-Paragraphen hinwies, aber allem Anschein nach weniger streng mit Roger Köppel war als die Ordnungshüter auf X: Sie erteilte ihm – soweit bekannt – keine Busse.

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