Freitag, November 22

Nach dem 1:2 gegen den FC St. Gallen ist GC Tabellenletzter. Der Klub sucht einen neuen Trainer. Und die grosse Frage bleibt: Was wollen die GC-Besitzer vom Los Angeles FC eigentlich?

Mit dem 1:2 gegen den FC St. Gallen endet für die Grasshoppers ein trostloser Sonntag nach einem trostlosen Spiel. Weil der FC Winterthur gegen Lausanne gewonnen hat, ist GC Tabellenletzter mit 9 Punkten nach 14 Spielen. Es ist die Bilanz eines Absteigers.

Vor einem Jahr hatte GC nach 14 Runden 14 Punkte auf dem Konto, in der Saison des Abstiegs aus der Zehnerliga 2019 ebenfalls. Die dürftige Vorstellung zeigte während 80 Minuten, dass die Entlassung des Trainers Marco Schällibaum keine Reaktion bei den Spielern ausgelöst hat. «Wir sind auf der Intensivstation», hatte Schällibaum gesagt. Auch ohne ihn liegt GC noch immer im Krankenbett.

Was nun, Stephan Schwarz? Der GC-Sportchef steht nach dem Match in der Mixed Zone im Letzigrund. Der neue Trainer müsse der Mannschaft wieder eine gemeinsame Idee vermitteln, sagt Schwarz. Wie weit er mit seiner Suche nach dem wichtigsten Angestellten ist, will er nicht preisgeben. Er gebe «keine Wasserstandsmeldungen» ab, sagt Schwarz.

Schwarz steht unter Druck. Seit knapp acht Monaten ist er bei GC, zwei Trainer mussten in dieser Zeit gehen. Der Neue müsste die Mannschaft nicht nur aus der Krise führen, sondern auch längerfristig weiterbringen. Aber was Schwarz im Sommer über ausgebliebene Spielertransfers sagte, gilt auch für Trainer: GC ist keine sonderlich attraktive Adresse. Und die missliche Situation macht den Klub momentan nicht verlockender.

Michael Wimmer ist ein Name, der schon im Mai rund um die Barrage gehandelt worden ist. Schwarz kennt den 44-jährigen Deutschen aus gemeinsamen Zeiten in Augsburg, «wir sind im Austausch, aber nicht befreundet», sagt Schwarz. Wimmer musste zuletzt nach einer enttäuschenden Saison bei Austria Wien wieder gehen.

Die Probleme liegen tiefer als die Trainerfrage

Patrick Rahmen wäre frei, Peter Zeidler, Raphael Wicky. Rahmen bezieht Lohn von YB, Zeidler vom VfL Bochum. Beide wären teuer, immerhin sass Zeidler am Sonntag dick vermummt im Letzigrund. Ein Zeichen? Schwarz sagt, er sei über Zeidlers Anwesenheit «erst im TV-Interview informiert» worden. Einer wie Wicky dürfte andere Pläne verfolgen, als bei GC anzuheuern. Immerhin ist der ehemalige YB- und FCB-Trainer gut bekannt mit Joe Thorrington, dem LAFC-Sportdirektor. Also doch Wimmer? Zeidler? «Nochmals: Sie werden von uns hören, wenn wir so weit sind», sagt Schwarz und wünscht einen schönen Sonntag.

Auf Schwarz dürften schwierige Stunden warten; schwierige Tage und Wochen liegen hinter ihm. Unter der Woche hatte der 54-Jährige über die Freistellung Schällibaums von einem «menschlich schwierigen Entscheid» berichtet, aber Fussball sei auch «Ergebnissport». Schällibaum wirkte seit dem 0:1 in Winterthur immer dünnhäutiger und nervöser. Zum fehlenden Glück im Spiel kam das Pech mit Schiedsrichterfehlern dazu, gegen Lugano und Luzern liessen sich seine Spieler nach Eckbällen zwei Mal nach gleichem Muster übertölpeln.

Mit Schällibaum wurde ein Trainer freigestellt, der nur 5 von 23 Meisterschaftsspielen gewonnen hat, darunter auch das entscheidende in der Barrage gegen Thun. Im Rückblick liessen sich Schwarz und die GC-Verantwortlichen wohl zu sehr von der Glückseligkeit über den verhinderten Abstieg hinreissen, mit Schällibaum in die neue Saison zu gehen.

Doch die Probleme bei GC liegen tiefer. Die Besitzer aus Los Angeles sind bis jetzt Antworten auf die Frage schuldig geblieben, was sie eigentlich mit GC im Sinn haben. Es gab immer wieder warme Worte und schöne Bekenntnisse, dass man sich «langfristig engagieren» werde, «etwas aufbauen» wolle und «den Klub und seine Menschen kennenlernen» wolle.

So wurde die Musik vor dem Match ausgewechselt, der Gummi-Heugümper beim Einlaufen der Spieler eingemottet, die Selbstbezeichnung als «Rekordmeister» auf den Index gesetzt. Das alles sind nette Zeichen, dass sich GC verändern möchte. Doch sie sind wertlos, solange die Mannschaft auf dem Platz nichts dazu beiträgt und im altbekannten Trott vor sich hin spielt. Ohne sportlichen Erfolg ist alles andere Kosmetik. Das gilt insbesondere für GC.

«Du musst gewinnen, immer, es gibt keine Alternative», sagte Thorrington nach der Übernahme Ende Januar. Thorrington sprach über das Selbstverständnis im Los Angeles FC, wo man den Klub innert wenigen Jahren aus dem Boden gestampft und zu einer erfolgreichen Franchise geformt hat. Am Freitag hat sich der LAFC gerade für den Halbfinal in der Western Conference qualifiziert. «Immer gewinnen»: Was in Los Angeles gilt, zählt für die LAFC-Akquise GC offenbar weniger.

Lauter schöne Ziele in weiter Ferne

Die Amerikaner zahlen zwar das Defizit von ungefähr 15 Millionen Franken, doch ohne Investitionen in die erste Mannschaft kommt der Klub nicht voran und bleibt, was er schon unter den Chinesen von Fosun war: ein Fass ohne Boden, an dem vier- oder fünftausend Zuschauer und Zuschauerinnen ihre Freude haben mögen, indem sie hoffen, dass die Mannschaft nicht absteigt. Was in Winterthur vielleicht funktionieren mag, hat für GC keine Zukunft.

Dass sich die Dinge nur schleppend verändern, zeigt beispielsweise der Blick auf den Nachwuchs: Die neue Führung hat es nicht geschafft, die Bedingungen für die Zertifizierung als Nachwuchsleistungszentrum zu erfüllen. So entgehen dem Klub einige hunderttausend Franken. Die U 21 spielt in der 1. Liga Classic gegen Amateurteams wie Courtételle, Muttenz oder Bassecourt. Das ist weit unter dem Leistungsniveau, wo Nachwuchsspieler Erfahrungen für das Profiteam sammeln können.

Fünf Jahre ist es her, dass mit Nedim Bajrami ein GC-Junior den Klub verlassen hat und nach vier Jahren in der Serie A jetzt mit den Glasgow Rangers in der Champions League spielt oder wie zuletzt an der EM für Albanien ein Tor erzielt. Die Besitzer haben als Ziel herausgegeben, dass in der Schweiz der Campus in Niederhasli zur ersten Adresse für Nachwuchsspieler werden soll. Ein schönes Ziel. GC hat viele schöne Ziele. Sie liegen alle in weiter Ferne.

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