Mittwoch, November 6

Die heutige 5-Prozent-Beteiligung der Stadt am Flughafen sei nicht mit den Klimazielen vereinbar, finden die Linksparteien. Im Stadtparlament kommt es zur Auseinandersetzung.

Er heisst zwar «Flughafen Zürich», doch auf dem Stadtgebiet befindet er sich nicht. Der grösste und wichtigste Flughafen der Schweiz liegt bekanntlich in der Agglo-Gemeinde Kloten.

Unabhängig von der genauen geografischen Lage ist aber klar: Dem Flughafen kommt für die Stadt Zürich eine enorme Bedeutung zu – für die hiesige Wirtschaft, die Hochschulen und den Tourismus.

Wie wichtig die Institution für die Stadt ist, drückt sich auch in den Besitzverhältnissen aus. Seit der Eröffnung des «interkontinentalen Flughafens bei Kloten» im Jahr 1948 ist sie finanziell beteiligt. Heute gehören der Stadt fünf Prozent der Aktien der Flughafen Zürich AG. Damit ist sie nach dem Kanton Zürich, der etwas mehr als einen Drittel hält, die grösste Eigentümerin.

Das gefällt nicht allen und sorgt im politischen Zürich immer wieder für Diskussionen. So stören sich namentlich die Grünen und die Alternative Liste an der Beteiligung. Am Mittwochabend sahen sie im Stadtparlament die Chance gekommen, die über 75-jährige Bande zwischen Stadt Zürich und Flughafen zu zerschneiden.

Der Anlass für das Angriff war eine finanzrechtliche Vorlage, über die das Parlament abzustimmen hatte. Der Stadtrat verlangte, die 5-Prozent-Beteiligung vom Finanz- in das Verwaltungsvermögen zu übertragen, ein buchhalterischer Vorgang. Die Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) sprach in ihrem Votum von einer «ausgesprochen technischen Angelegenheit», die man schon seit langem hatte vornehmen wollen.

Wie gross ist der Einfluss der Stadt wirklich?

Auftritt Felix Moser, Sprecher der Grünen: «Der Vorschlag des Stadtrats geht in die falsche Richtung», leitete er ein. Weder habe es die Stadt nötig, sich aus wirtschaftlichen Gründen am Flughafen zu beteiligen, noch sei sie für den internationalen Flugverkehr zuständig. «Das ist keine kommunale Aufgabe.» Darum gebe es nur einen Weg: Die Stadt müsse sich von ihren Aktien trennen. Die Grünen und die AL beantragten eine Rückweisung mit entsprechendem Auftrag.

Für die Linksparteien ist der Flughafen vor allem aus ökologischen Gründen ein rotes Tuch. «Der Flugverkehr steht im Widerspruch zu den Klimazielen unserer Stadt», meinte Moser. Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Flughafen-Aktien solle die Stadt besser in «nachhaltige Verkehrsmittel» investieren. Als Beispiel nannte er: mehr Velowege.

Die AL-Sprecherin Tanja Maag fand, dass die Bedeutung des Flughafens überhöht werde. Internationale Beziehungen könne man beispielsweise auch ohne Aktienpaket pflegen. «Wir haben ja auch einen grossen Bahnhof.»

Zudem, ergänzte Felix Moser, habe die Stadt mit lediglich fünf Prozent der Aktien ohnehin kaum Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Flughafens. Mit anderen Worten: Ob die Stadt beteiligt ist oder nicht, spielt gar keine Rolle.

Das stellte die Stadtpräsidentin Mauch in Abrede. Sie sitzt als Interessenvertreterin der Stadt persönlich im achtköpfigen Verwaltungsrat des Flughafens. Als Aktionärin verfolge man im Gremium klare strategische Ziele im öffentlichen Interesse. «Wir wollen mitreden und mitgestalten», sagte sie. Dies sei auch in der erst kürzlich verabschiedeten Eigentümerstrategie der Stadt festgehalten.

Im erwähnten Dokument heisst es unter anderem, dass sich die Stadt einsetzen soll gegen übermässigen Fluglärm, für die regionale Wertschöpfung, für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Flugbetriebs – aber auch für «Klima-, Umwelt- und Sozialziele», an denen sich die Stadt orientiert.

Auf diesen Punkt ging Florian Blättler ein. Er vertrat die Positionen der mit Abstand grössten Fraktion im Stadtzürcher Parlament, der SP. Es stimme zwar, dass der Einfluss der Stadt klein sei, sagte er. «Aber immerhin haben wir Einfluss.» Bei der Flughafen-Beteiligung gehe es um die demokratische Mitsprache bei einer der wichtigsten Verkehrsinfrastrukturen des Landes.

Dem Anliegen der linken Schwesterparteien erteilte Blättler eine Absage: «Nur, weil wir unsere Aktien abstossen, wird kein Flugzeug weniger von Zürich aus abheben.» Schlimmer noch: es sei gut vorstellbar, dass sich Investoren die Zürcher Aktien sicherten, die weniger hehre Ziele verfolgten als die Stadt. Dabei spielte er auf die Expansionsgelüste Chinas an.

Stimmvolk wird entscheiden

Da auch die übrigen Parteien im Rat sich gegen einen Verkauf aussprachen, hatte der Antrag der Grünen und der AL letztlich keine Chance. Markus Haselbach (Mitte) rief die Bedeutung des Flughafens für die Region mit rund 30 000 Arbeitsplätzen in Erinnerung. Martin Bürki (FDP) wies auf die finanzrechtlich notwendige Übertragung hin, um die es ja eigentlich ging. Und Johann Widmer (SVP) wehrte sich dagegen, unnötig «Tafelsilber zu verscherbeln» für «Velo, Netto Null und das ganze Zeug, das man sowieso nicht braucht».

Die rund 1,5 Millionen Aktien mit einem Wert von aktuell knapp 200 Franken pro Stück bleiben damit bis auf weiteres im Besitz der Stadt. Weil die Umbuchung auf dem Papier zu einer Reduktion des Finanzvermögens von rund 300 Millionen Franken führt, wird das Stimmvolk darüber an der Urne befinden müssen. Die Abstimmung dürfte im ersten Halbjahr 2025 stattfinden.

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