Dienstag, November 26

In einer Welt, die den «Genozid an Palästinensern» zulasse, sei «Klimagerechtigkeit unmöglich», schreiben die Klimaaktivisten auf Instagram und rufen die Sympathisanten dazu auf, sich bei Pro-Palästina-Komitees zu informieren.

Am Samstag, 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, verbreitet die Gruppe Klimastreik Schweiz auf dem Kurznachrichtendienst X folgende Botschaften: «In Gedenken an die Opfer der Shoah und die Befreiung von Auschwitz», «Klimaschutz heisst Antifaschismus». «#NieWiederIstJetzt».

Gleichzeitig postet die Gruppe auf Instagram ein Pamphlet unter dem Titel «Was der Genozid an Palästinenser*innen mit ökologischen Krisen zu tun hat». Man habe, heisst es da, einige Zeit gebraucht, sich eine Meinung zu bilden. Doch nun sei diese gemacht: «Der genozidale Angriff der israelischen Truppen auf Zivilist*innen im Gazastreifen» sei nicht nur eine humanitäre Katastrophe, sondern habe auch ökologische Auswirkungen. So überlege sich Israel, Tunnelsysteme der Hamas mit Salzwasser zu fluten. Für die ohnehin schon prekäre Wasserversorgung im Gazastreifen hätte das gravierende Konsequenzen.

Wörtlich heisst es: «In einer Welt, die Genozide toleriert, ist Klimagerechtigkeit unmöglich. Also informiert euch (beispielsweise bei den Palästinakomitees Bern, Basel und Zürich, Alliance for Palestine und Jüdisch Antikolonial) und solidarisiert euch mit dem politischen Kampf für ein freies Palästina. #CeasefireNow.»

Damit begibt sich Klimastreik Schweiz auf den Weg, den Greta Thunberg längst geht. Die hoch mobile Klima-Heilige aus Schweden unterbricht ihre Klima-Auftritte seit Wochen immer wieder mit Pro-Palästina-Demonstrationen. Vor vier Tagen war sie in Leipzig, vor zwei Tagen in Den Haag. Ihre Botschaft: «Niemand kann schweigen, wenn ein Völkermord im Gange ist und wenn Menschen die grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse verweigert werden.»

Aus der Klimaaktivistin, die laut einer Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne aus dem Jahr 2019 ein Drittel der Schweizer Bevölkerung dazu gebracht hat, sich umweltgerechter zu verhalten, ist eine Anti-Israel-Hasspredigerin geworden.

Mit der Instagram-Botschaft vom Wochenende hat auch die Gruppe Klimastreik Schweiz die Maske fallen lassen. Im Vordergrund steht nicht mehr der Klimaschutz, sondern der Kampf gegen alles, was irgendwie «kolonial» ist, und dazu gehört auch Israel.

Fakten sind offenbar zweitrangig, es zählen Vermutungen. Der Verweis auf die Salzwasser-Flutungen der Hamas-Tunnel erinnert jedenfalls fatal an die antisemitischen Brunnenvergifter-Mythen aus dem Mittelalter. Zwar hat die israelische Armee tatsächlich Versuche unternommen, die Tunnel mit Salzwasser zu fluten, doch bis heute blieb es bei Einzelfällen. Seit Kriegsbeginn sind nur wenige Tunnels zerstört worden. Israelische und amerikanische Experten gehen davon aus, dass etwa 80 Prozent noch funktionsfähig sind.

Zweifel an ihrem Post sind der Gruppe aber offenbar auch im Nachhinein nicht gekommen. Ein Mediensprecher verweist auf mehrere Quellen, die man benutzt habe, um das Vorgehen der israelischen Armee einzuordnen, und teilt mit: «Wir sind uns bewusst, dass die ‹Brunnenvergiftung› seit Jahrhunderten eine antisemitische Trope ist und dass entsprechende Berichte mit Vorsicht zu behandeln sind.» Medienberichte, Fotos und Satellitenaufnahmen wiesen jedoch auf Pumpen an der östlichen Küstenlinie Gazas hin, welche Millionen Liter Meerwasser in die Tunnels der Hamas pumpen könnten.

Und als Anmerkung: «Es gibt derzeit viele Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den Angriffen der israelischen Regierung auf die palästinensische Zivilbevölkerung um einen Genozid handelt. Eine entsprechende Einordnung des Internationalen Gerichtshofes dürfte noch Jahre dauern.»

Ein Teil der Anhängerschaft scheint die Ansichten der Gruppe zu teilen. Vor allem bei Instagram, das sich eher an Jüngere richtet als Twitter, fielen die Reaktionen mehrheitlich zustimmend aus («voll schön, hendr de post gmacht»). Auf dem ehemaligen Twitter hingegen setzte es Kritik ab. Tenor: Schämt euch!

Exit mobile version