Mittwoch, Februar 5

Die Besitzerfamilie Rihs bindet den langjährigen Sportchef in die Eigentümerschaft ein. Geht Spycher mit seinem Vermögen «all in» wie David Degen im FC Basel?

Christoph Spycher ist die starke Figur beim Branchenleader YB, vor bald zwei Jahren stieg er vom Sportchef zum Verwaltungsrat auf – mehr Macht war eigentlich kaum mehr möglich für den Funktionär eines Schweizer Fussballklubs. Und doch erlangt, oder: übernimmt er sie.

Am Donnerstagvormittag gaben die Young Boys bekannt, dass Spycher Miteigentümer wird. Es ist eine Entwicklung, die über Monate geplant worden ist. Sogar schon fast drei Jahre ist es her, dass Insider darauf verwiesen, dass es genau dieses Szenario der Teilhaberschaft benötigte, um Spycher im Klub zu halten. Zuvor war er beispielsweise von Eintracht Frankfurt und vom Schweizerischen Fussballverband umworben worden.

Das Aktionariat besteht künftig aus drei Personen: aus dem langjährigen Eigentümer Hans-Ueli Rihs, der YB einst noch mit dem 2018 verstorbenen Bruder Andy besessen hatte; aus Hans-Ueli Rihs’ Sohn Stefan und Spycher. Zu den genauen Besitzverhältnissen macht YB keine Angaben. Hans-Ueli Rihs bleibt Mehrheitsaktionär, Stefan Rihs ist laut Communiqué «substanziell» beteiligt, aber doch nicht so sehr, dass Spychers Anteil eine blosse Formalie wäre.

Als die Brüder Rihs von 50 investierten «Kisten» sprachen

Aber Spycher, der frühere National- und Bundesligaspieler, dürfte auch nicht «all in» gegangen sein und bei YB sein Vermögen aufs Spiel setzen – im Gegensatz zu David Degen, dem Mitbesitzer des FC Basel, früher ebenfalls im Nationalteam und in der Bundesliga. Degen sagte in einem Interview mit «CH Media» unlängst wieder einmal: «Ich habe sehr, sehr viel Geld von meinem Vermögen investiert. Wieso ich dermassen ‹all-in› ging? Das weiss ich bis heute nicht.»

Was im Fall Degens kolportiert wird, dürfte auch bei Spycher gelten: Beide wären kaum in der Lage, substanzielle Finanzlöcher zu stopfen. Doch Spycher hat selber dafür gesorgt, dass derlei Probleme heute oder morgen kaum auftreten sollten. Unter seiner Führung ist YB zu einer Maschine geworden, die nicht nur sportlich, sondern auch finanziell funktioniert. Ende 2022 hatte YB Eigenkapital von fast 45 Millionen Franken verbucht. Dank Transfer- und Champions-League-Einnahmen müsste dieser Beitrag bis Ende Jahr um 20 bis 30 Millionen gewachsen sein, bald gesellt sich der Erlös aus dem Verkauf des jungen Innenverteidigers Aurèle Amenda hinzu. Am Mittwoch gab YB bekannt, dass Amenda im Sommer zu Eintracht Frankfurt wechselt; in diesem Fall darf von einer Ablösesumme von mindestens 10 Millionen ausgegangen werden.

In den letzten Jahren schaffte es YB wiederholt, bedeutende Abgänge aufzufangen – und als das Team ein einziges Mal alles in allem zu schwach war, um Meister zu werden, gelang es dem Klub, nicht auseinanderzubrechen. YB ist weit entfernt von schwierigen Jahren mit Aufbrüchen und Abstürzen, vom 19. September 2016, als Andy und Hans-Ueli Rihs nach Chaos-Tagen mit diversen Abschieden auf Führungsebene (Fredy Bickel, Alain Kappeler, Urs Siegenthaler) ausnahmsweise vor die Medien traten, einen Sparkurs ankündigten und von den «50 Kisten» redeten, die sie bisher in YB investiert hätten.

Nur wenige Tage später gab YB die Beförderung Spychers vom Talentmanager zum Sportchef bekannt. Schon damals startete Spycher mit einer stattlichen Hausmacht, und er sagte: «Ich stellte die Bedingung, in Ruhe arbeiten zu können. Wir steckten ab, dass der Verwaltungsrat nicht operativ tätig wird, wie es zuletzt vielleicht ein wenig der Fall war.»

Und jetzt: «Einmal YB, immer YB?»

So kam es, 2018, 2019, 2020, 2021 und 2023 gewann YB den Meistertitel, und es ist davon auszugehen, dass Spycher auch vor dem jüngsten Schritt «abgesteckt» hat, was ihm wichtig ist.

Zum Beispiel: dass ihm persönlicher Spielraum bleibt. Spycher, bald 46 Jahre alt, schätzt dieses verstärkte Vertrauensbekenntnis der Familie Rihs ihm gegenüber, und er wird auch als Mitbesitzer als prägender Verwaltungsrat mit der sportlichen Verantwortung weiterarbeiten. Aber ein Wechsel, beispielsweise als Sportvorstand zu einem Bundesligaklub, bleibt nicht ausgeschlossen. Als er gefragt wird: «Einmal YB, immer YB?» – da sagt er unter anderem, es sei «schwierig, ellenweit in die Zukunft zu blicken». Und: «Ganz sicher werde ich in irgendeiner Form immer mit YB eng verbunden bleiben.»

Und nicht zu unterschätzen ist ohnehin das Zeichen, das die Young Boys in der Gegenwart senden: dass sie Kontinuität anvisieren auf Besitzerebene und keinen Verkauf anstreben, schon gar nicht in ein internationales Klubgeflecht, in das letzthin die Grasshoppers gewoben worden sind.

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