Die SNB-Zinssenkungen hinterlassen Spuren: Sinkt der Durchschnittssatz der inländischen Hypotheken noch etwas weiter, könnten Mieter Senkungen von Mietzinsen einfordern.
Viele Mieter haben am Montag gespannt auf die Bekanntgabe des neuen Referenzzinssatzes gewartet. Für die Entwicklung der Mieten in der Schweiz ist dieser entscheidend. Vor allem Mieter in der Stadt hoffen seit Monaten, dass der Referenzzinssatz wieder sinkt und ihnen dies etwas finanzielle Entlastung beschert.
Aber der Satz verharrt für die nächsten drei Monate auf 1,75 Prozent, wie das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) bekanntgegeben hat. Damit können Mieter und Vermieter zum dritten Mal in Folge keinen Anspruch auf Senkung oder Erhöhung der Miete geltend machen – das könnte sich aber bald ändern.
Schliesslich lag der Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen per Stichtag 30. Juni nur noch bei 1,67 Prozent. Bei unter 1,63 Prozent würde abgerundet werden und der Referenzzinssatz auf 1,5 Prozent fallen. Dann könnten Mieter eine Senkung des Mietzinses einfordern. Im Vorquartal hatte der Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen noch 1,72 Prozent betragen.
Vorerst keine Senkung im Dezember erwartet
Ist in baldiger Zukunft damit zu rechnen, dass dieser Durchschnittszinssatz unter 1,63 Prozent sinkt? Der Referenzzinssatz wird vierteljährlich festgelegt, und zwar zu Beginn der Monate März, Juni, September und Dezember. Das nächste Mal wird das BWO seine Entwicklung also Anfang Dezember mitteilen.
Die Geldpolitik der SNB ist mitentscheidend: Eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung des Referenzzinssatzes spielt die SNB. Sie hatte ihren Leitzins im Juni dieses Jahres zum zweiten Mal in Folge um einen Viertelprozentpunkt reduziert, derzeit liegt der Leitzins bei 1,25 Prozent. Der nächste Zinsentscheid steht am 26. September an.
Lukas Vogt, Chef des Hypothekenvermittlers Moneypark, geht davon aus, dass der Referenzzinssatz im Dezember bei 1,75 Prozent bleiben dürfte, selbst wenn die SNB den Leitzins erneut senkt. Eine Senkung werde vom Markt bereits erwartet und sei de facto eingepreist, sagt er. Um den Referenzzinssatz nach unten zu bewegen, müsste die SNB den Leitzins wohl noch einmal senken.
Der Referenzzinssatz ist träge: Den hypothekarischen Referenzzinssatz müsse man sich wie einen «Tanker» vorstellen, der sich langsam bewege, sagt Vogt. Bei dem Durchschnittszinssatz, auf dem er beruht, werden sowohl die Zinssätze von Geldmarkt- beziehungsweise Saron-Hypotheken als auch diejenigen von Festhypotheken eingerechnet.
Derzeit laufen viele Festhypotheken mit niedrigen Zinssätzen aus und werden in der Durchschnittsberechnung durch solche mit vergleichbaren oder höheren Sätzen ersetzt. Bei den Geldmarkt- beziehungsweise Saron-Hypotheken wäre eine Zinssenkung der SNB direkt spürbar, was den Durchschnittssatz etwas drücken könnte. Dies dürfte aber vorerst nicht ausreichen, um den Referenzzinssatz zu senken – schliesslich machen Festhypotheken den grössten Teil des Bestandes aus.
Zinsrutsch im August könnte Auswirkungen haben: «Trotzdem hätte Anfang dieses Jahres kaum jemand erwartet, dass die Hypothekarzinsen so schnell nach unten gehen», sagt Dirk Renkert, Finanzexperte beim Online-Vergleichsdienst Comparis. Damals seien viele Beobachter davon ausgegangen, dass der Referenzzinssatz sogar noch weiter steigen werde. Dies wäre dann mit weiteren möglichen Erhöhungen der bestehenden Mieten einhergegangen. Diese Dynamik nach oben sei nun eindeutig gebrochen, sagt er.
Die Angst vor weiteren Mieterhöhungen sei inzwischen einer vagen Hoffnung auf Mietzinssenkungen gewichen, kommentiert auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einer Stellungnahme. Zudem seien die Zinsen für neu abgeschlossene Festhypotheken jüngst markant gesunken. Zehnjährige Festhypotheken wurden laut der ZKB zu Beginn des vergangenen Jahres noch zu 3 Prozent angeboten, nun lägen die Angebote teilweise bei unter 2 Prozent.
Die Marktverwerfungen Anfang August, gekoppelt mit einer Flucht von Kapital in den sicheren Hafen Schweiz, hat die Zinsen hierzulande gedrückt – auch bei den Festhypotheken. «Der Referenzzinssatz ist zwar aufgrund seiner Berechnungsmethode ein Tanker, er könnte sich jetzt aber schneller bewegen als ursprünglich erwartet», sagt Renkert. Mit einer Senkung des Referenzzinssatzes bereits im Dezember rechnet aber auch er aufgrund der Trägheit des Satzes nicht.
Deutliche Mieterhöhungen nach SNB-Zinsschritten
Im Jahr 2023 war der hypothekarische Referenzzinssatz in zwei Schritten von 1,25 auf 1,75 Prozent gestiegen. Dies war eine Ausnahmesituation, die den raschen Zinserhöhungen der SNB geschuldet war. Die Nationalbank hatte den Leitzins von –0,75 Prozent Mitte 2022 innerhalb eines Jahres auf 1,75 Prozent erhöht, also um 2,5 Prozentpunkte.
In der Folge hatten viele Vermieter die Mieten deutlich erhöht. Laut Mietrecht haben sie den Anspruch, den Mietzins um 3 Prozent pro Viertelprozentpunkt zu erhöhen. Häufig seien bei den Mieterhöhungen noch ein Teil der Inflation sowie eine Kostenpauschale hinzugekommen, heisst es bei der ZKB. Relevant für die Mieterhöhungen ist der Referenzzinssatz, der dem Mietzins zugrunde liegt und der zumeist im Mietvertrag erwähnt ist. Ausgenommen davon sind Mietverträge mit indexierten oder gestaffelten Mietzinsen sowie Umsatzmieten bei Geschäftsräumen, wie das BWO mitteilt.
Vogt geht davon aus, dass die allermeisten Vermieter nach dem Anstieg des Referenzzinssatzes die Mieten erhöht haben. «Folglich dürften die Mieter sensibilisiert sein, um eine Senkung einzufordern, falls der Referenzzinssatz in absehbarer Zukunft sinken sollte», sagt er. «Schliesslich haben viele Mieter ja zuletzt Schritte in die andere Richtung erlebt.» Viele Miethaushalte mussten sich in den vergangenen Jahren auf höhere Kosten einstellen – neben den gestiegenen Mieten machte sich auch die Inflation im Portemonnaie bemerkbar.