Freitag, Oktober 18

Am 3. März befinden die Zürcherinnen und Zürcher über die «Mythenpark»-Initiative. Die wichtigsten Antworten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die IG Seepärke will, dass am Zürichsee ein grosser, zusammenhängender Park entsteht. Rot-Grün lehnt dies mehrheitlich ab. Als einzige Partei überhaupt unterstützt die AL das Anliegen.
  • Der Park würde die Umleitung des Verkehrs vom Mythenquai weg voraussetzen. Dies sei nicht oder nur über den Bau eines teureren Tunnels möglich, sagt der Stadtrat. Die Initianten widersprechen: Mit dem nötigen Willen lasse sich ihre Idee umsetzen. Abgestimmt wird am 3. März nicht über den Tunnel, sondern die grundsätzliche Idee.

Worüber wird abgestimmt?

Die Volksinitiative fordert, dass die Stadt am linken Seeufer zwischen dem Strandbad Mythenquai und dem General-Guisan-Quai einen durchgehenden Grünstreifen schafft. Dieser soll zu einem einzigen Park werden. Angesichts der Verdichtung fehle es in Zürich zunehmend an Freiflächen, dies gelte es zu kompensieren. Die Initiative ist als allgemeine Anregung formuliert.

Herzstück des «Mythenparks» wäre eine vergrösserte neue Sukkulentensammlung. Die heutigen Gewächshäuser würden ersetzt durch einen grossen, gläsernen Neubau, in dem auch ein Schmetterlingshaus und die Voliere, die heute im Arboretum steht, Platz fänden.

Voraussetzung dafür ist, dass der Verkehr umgeleitet wird. Der Mythenquai soll zwischen Alfred-Escher-Strasse und General-Guisan-Quai aufgehoben werden. Der Verkehr soll nach der Vorstellung der Initianten auf die Alfred-Escher-Strasse verlagert werden und hinter den Gebäuden der Zurich-Versicherungen und der Swiss Re fliessen statt, wie heute, davor. Der Stadtrat spricht hingegen davon, die Strasse in den Untergrund zu verlegen.

Strassenabschnitt, der aufgehoben oder untertunnelt werden soll

Verlagerung des Verkehrs via Alfred-Escher-Strasse

Wer steht hinter der Initiative?

Eine Interessengruppe namens IG Seepärke. Im Komitee figurieren unter anderem der ehemalige «Sonntags-Zeitung»-Chefredaktor Andreas Durisch, der ehemalige Zoo-Direktor Alex Rübel oder die FDP-Alt-Nationalrätin Doris Fiala. Am Ursprung der Pläne stand die geplante Sanierung der Sukkulentensammlung beim Hafen Enge. Der Architekt Walter Wäschle, der schon mehrmals Projekte in der Stadt Zürich angestossen hat, entwickelte daraus die Idee des zusammenhängenden Mythenparks.

Wer ist gegen das Vorhaben?

Eine riesige Grünanlage und die Befreiung eines Areals am See vom Verkehr: Es klingt nach einem Plan, der von der Zürcher Politik mit offenen Armen entgegengenommen werden müsste. Doch dem ist nicht so. Der Stadtrat findet die Idee der Initianten zwar sympathisch. Aber eine Verlagerung des Verkehrs vom Mythenquai auf die Alfred-Escher-Strasse sei nicht umsetzbar. Sämtliche Parteien im Stadtparlament – mit Ausnahme der Alternativen Liste – teilen diesen Standpunkt. Aus diesem Grund lehnen sie die Volksinitiative ab.

Ist eine Verkehrsverlagerung realistisch?

Dies ist die Kernfrage der Abstimmung. Der Stadtrat sagt, er habe die Verlagerung eingehend geprüft. Sie sei bei den bestehenden Verkehrsmengen nicht möglich, vor allem, weil die Kreuzung General-Wille-Strasse nicht in der Lage sei, den Verkehr abzuwickeln.

Bei Aufhebung des Mythenquais würde er zu 160 Prozent be- und damit überlastet. Der Knoten müsste somit massiv ausgebaut werden. Dafür müssten private Gebäude abgerissen werden, die teilweise im Inventar der Denkmalpflege stünden. Nach Einschätzung der Stadt wäre dies auch aus städtebaulicher Sicht problematisch. Auch auf den Achsen Tunnelstrasse und General-Guisan-Quai brauchte es Anpassungen. Wie viel all dies kosten würde, ist nicht bekannt.

Hinzu kommt, dass die Anwohnerinnen und Anwohner der Alfred-Escher-Strasse durch den Mehrverkehr stark belastet würden.

Die einzige Variante aus Sicht des Stadtrats zur Umsetzung der Initiative ist deshalb, den Mythenquai unter die Erde zu verlegen. Der Stadtrat ist aber gegen diesen Tunnel. Er wäre 700 Meter lang und würde eine Viertelmilliarde Franken kosten. Er würde lange Rampen sowie Portale umfassen. Das stehe in keinem Verhältnis zu den 4500 Quadratmetern zusätzlicher Grünfläche, die dadurch geschaffen würden, so der Stadtrat.

Die Initianten sind überhaupt nicht einverstanden mit der Einschätzung des Stadtrats. Sie wollen keinen Tunnel, sondern beharren auf der Umleitung des Verkehrs über die Alfred-Escher-Strasse.

Die Stadt habe die Machbarkeit alternativer Lösungen, anders als dargestellt, zu wenig genau geprüft. Letztlich sei die Verkehrsverlagerung nur eine Frage des politischen Willens.

Klar ist, dass eine grundsätzliche Kapazitätsbeschränkung des Verkehrs nicht infrage kommt. Denn der Mythenquai ist eine Kantonsstrasse, und die kantonale Verfassung verbietet einen Kapazitätsabbau, sofern dieser nicht im umliegenden Strassennetz kompensiert werden kann.

Der Stadtrat sagt, die Seeanlagen würde ohnehin aufgewertet. Stimmt das?

Am See gibt es mehrere Grünanlagen, die jedoch nicht alle miteinander vernetzt sind. Diesbezüglich dürfte sich in den kommenden Jahren allerdings unabhängig vom Ausgang des Urnengangs einiges ändern. So wird der Hafen Enge zu einem Park umgestaltet. Die Swiss Re übernimmt die 127 öffentlichen Parkplätze in ihre Tiefgarage.

Zudem plant die Stadt bei der Badi Mythenquai radikal neu. 260 Parkplätze sollen gestrichen werden, die Sukkulentensammlung soll abgerissen und an anderer Stelle neu errichtet werden.

Die Forderung der Initiative nach mehr grünem Freiraum am See werde mit den geplanten Projekten bereits umgesetzt, findet der Stadtrat.

Was passiert, wenn die Initiative angenommen wird?

Dann muss der Stadtrat entgegen seinem Willen eine konkrete Umsetzung der Initiative ausarbeiten. Nach heutigem Stand dürfte dies auf die Tunnelvariante hinauslaufen. Der Tunnelbau würde dem Stimmvolk erneut unterbreitet werden.

Die Parolen der Parteien

Nur die AL steht hinter der Initiative

Die Position der NZZ

Die NZZ lehnt die Initiative ab. Zürich ist mit Grünflächen keineswegs unterversorgt. Hinzu kommen die laufenden Bestrebungen, die Grünanlagen am See besser zu vernetzen. Das ist ausreichend. Zwar ist die Vision der Initianten bestechend, aber sie ist nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand umsetzbar. Gemäss heutigem Stand ist es unwahrscheinlich, dass eine Verlagerung des Verkehrs auf die Alfred-Escher-Strasse gelingen kann. Und eine teure Verlegung des Mythenquais in den Untergrund wäre völlig übertrieben.

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