Freitag, Oktober 18

Israel begehe im Gazastreifen einen Genozid und betreibe Apartheid, behauptet die Juso. Deshalb befürwortet sie die historisch belastete Forderung, keine israelischen Produkte zu kaufen.

Ein Jahr nach den brutalen Anschlägen der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 hat die Juso Schweiz einen brisanten Beschluss gefasst. An ihrer letzten Delegiertenversammlung vom 28. September verabschiedete sie eine Resolution zur Unterstützung der BDS-Bewegung. BDS steht für Boycott, Divestement, Sanctions. Die international agierende Organisation zieht eine direkte Linie vom südafrikanischen Apartheidstaat zu Israel und fordert zum Boykott von israelischen Gütern und Dienstleistungen auf.

Ein Instagram-Post der Berner Juso-Sektion vom Donnerstag macht den Beschluss bekannt. Die BDS-Kampagne ziele auf spezifische Produkte, Unternehmen und Institutionen ab, die sich an der Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung beteiligten «und die Besetzung, Apartheid und den Genozid durch Israel stützen», heisst es dazu in dem Post. Auf der Website der Juso ist die Resolution nicht aufgeführt. Gegenüber der NZZ bestätigt Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann jedoch deren Verabschiedung.

Die Juso erachte die Mittel der BDS als legitim, um «die israelische Kriegskasse auszutrocknen», erklärt Hostetmann. Sie widerspricht der Auffassung, wonach solche Massnahmen antisemitisch seien. Boykotte seien ein gängiges Mittel, um politischen Forderungen Nachdruck zu verschaffen, erklärt sie. Im Fall der südafrikanischen Apartheid sei es sogar die örtliche Bevölkerung selber gewesen, die auf solche Massnahmen gedrängt habe.

Im Fokus der deutschen Staatsschützer

Die vor knapp 20 Jahren gegründete BDS-Bewegung verlangt einen wirtschaftlichen Boykott, den Abzug von Investitionskapital sowie Sanktionen gegen Israel. Sie gilt als klar israelfeindlich und wird teilweise als antisemitisch eingestuft. Tatsächlich erinnert das Vorgehen an die Nazi-Parole «Kauft nicht bei Juden». Nach Ansicht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes haben die Handlungsmuster und Methoden der BDS-Bewegung einen eindeutig antisemitischen Anstrich. Mehrere Länder halten die Bewegung offiziell für antisemitisch, so Deutschland, Tschechien oder Österreich.

Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die BDS-Bewegung erst vor wenigen Monaten als extremistischen Verdachtsfall eingestuft. Sie weise «Bezüge zum säkularen palästinensischen Extremismus» auf, schrieb er im Juni. BDS verlange ein Ende der Besatzung «allen arabischen Landes», was der Forderung nach dem Ende der Existenz des Staates Israel entspreche. Der schweizerische Nachrichtendienst hat sich bisher nicht zu der Bewegung geäussert. In dessen Kompetenzbereich fällt Extremismus gemäss schweizerischem Gesetz einzig, sofern dieser einen Gewaltbezug aufweist.

Juso-Geschäftsleitung wollte Resolution verhindern

Wie heikel die offene Unterstützung von BDS für die Juso ist, muss der Geschäftsleitung der Juso bewusst gewesen sein: Sie versuchte die Resolution zu verhindern, indem sie an der Delegiertenversammlung eine eigene Resolution zur Diskussion stellte. Darin wäre die BDS laut Hostetmann nicht namentlich genannt und deren Unterstützung nicht gefordert worden. Die Fassung der Geschäftsleitung hätte zwar ähnliche Ziele verfolgt, wäre aber offener formuliert gewesen. Der Entscheid zugunsten der BDS-Variante fiel mit 53 zu 24 Stimmen bei sechs Enthaltungen klar, aber keineswegs geschlossen aus.

Die Verbindungen zwischen BDS und dem linken Lager haben eine lange Tradition. Zahlreiche Persönlichkeiten und Politiker aus der Schweiz haben sich für die BDS-Bewegung einspannen lassen. Auf der Website von BDS Schweiz waren bis vor kurzem viele prominente Politikerinnen und Politiker mit Namen und Bild zu finden. Auch Kulturschaffende und Journalisten wie der Filmemacher Samir oder der frühere (und inzwischen verstorbene) NZZ-Nahost-Korrespondent Arnold Hottinger wurden aufgeführt.

Nach dem Terroranschlag der Hamas wuchs jedoch die Kritik an BDS. Zurzeit sind auf der BDS-Website keine Personen mehr aufgeführt, die die Bewegung namentlich unterstützen. Die SP Schweiz hat zur Resolution der Juso auf eine Anfrage bisher nicht reagiert.

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