In Italien schliessen sich immer mehr Banken zusammen. Womöglich könnte auch die Generali Teil eines neuen Finanzkonzerns werden.
Die teilstaatliche Monte dei Paschi di Siena (MPS) will für 13,3 Milliarden Euro Italiens grösste Investmentbank Mediobanca übernehmen. Damit geht die beispiellose Konsolidierungswelle in Italiens Bankensystem weiter. MPS bietet den Mediobanca-Anteilseignern 2,3 neue Aktien für ein Mediobanca-Papier. Das entspricht einem Preis von 15,992 Euro je Aktie oder einem Aufschlag von 5,03 Prozent gegenüber dem Mediobanca-Schlusskurs vom Donnerstag. An der Börse legten die Mediobanca-Aktien um mehr als sechs Prozent zu, MPS-Papiere gaben um mehr als fünf Prozent nach.
Überraschender Schritt
Monte die Paschi erklärte, einen neuen nationalen Champion schaffen zu wollen, der in zentralen Sektoren wie der Vermögensverwaltung, dem Retail-Banking, bei Konsumentenkrediten und im Fusionsgeschäft die Nummer Drei im Land sein werde. An der Börse wäre das neue Gebilde nach derzeitigen Kursen etwa 22 Milliarden Euro wert.
Der Schritt der ältesten noch existierenden Bank der Welt kommt völlig überraschend. Bisher galt es als ausgemacht, dass die langjährige Krisenbank, die 2017 mit einer staatlichen Kapitalspritze von 5,4 Milliarden Euro gerettet werden musste, selbst übernommen wird. Im Herbst hatte Italiens drittgrösste Bank BPM vom italienischen Staat fünf Prozent der MPS-Anteile übernommen. Doch die BPM ist selbst Gegenstand eines Kaufangebots: Italiens zweitgrösste Bank Unicredit will die BPM für zehn Milliarden Euro erwerben.
«Mit dieser Transaktion industrieller Natur wollen wir einen neuen Ansatz auf dem Weg der Konsolidierung des Bankensektors markieren, der auf innovative Art und Weise sowohl für die Aktionäre von MPS und Mediobanca als auch, wie ich glaube, für das gesamte System des Landes unmittelbar Werte schafft», sagte MPS-CEO Luigi Lovaglio.
Eine Übernahme könnte sogar der Startschuss für die Bildung eines riesigen neuen Banken- und Versicherungskonzerns in Italien sein. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Offerte ohne die Zustimmung der Monte-dei-Paschi-Aktionäre Francesco Caltagirone, einem Bau- und Medien-Unternehmer, sowie der Holding Delfin der Erben des verstorbenen Grossaktionärs von Essilor Luxottica, Leonardo Del Vecchio, erfolgt ist.
Die beiden Aktionäre halten zusammen 14,8 Prozent der Anteile. Sie sind ausserdem mit insgesamt 29,72 Prozent an der Mediobanca beteiligt. In dem neuen Gebilde würden Delfin 15,7 Prozent und Caltagirone 6,6 Prozent kontrollieren. Der italienische Staat, der seine Monte-dei-Paschi-Beteiligung zuletzt von 64 Prozent auf 11,7 Prozent reduziert hat, und 4,8 Prozent einer neuen Grossbank kontrollieren würde, hat laut Lovaglio keine Einwände gegen die Transaktion gehabt. Mediobanca nahm zunächst nicht Stellung.
Die Transaktion könnte noch erhebliche Weiterungen haben. Denn Caltagirone und die Delfin Holding, die vom CEO von Essilor Luxottica geführt wird, halten gemeinsam 17 Prozent der Anteile an der Versicherung Generali. Die beiden Unternehmer handeln meist im Einklang miteinander. Sie haben etwa Vorbehalte gegenüber der geplanten Bildung eines Joint-Ventures in der Vermögensverwaltung mit der französischen Natixis geäussert. Grösster Anteilseigner der Generali ist die Mediobanca mit 13 Prozent. Im Fall einer Übernahme der Bank durch die MPS könnte auf absehbare Zeit ein riesiger neuer Finanzkonzern aus Monte dei Paschi, Mediobanca und Generali entstehen.
Die Schwerpunkte der Mediobanca liegen in der Vermögensverwaltung und in der Konsumentenkredit-Sparte. Das Institut war über Jahrzehnte Strippenzieher bei fast allen grossen wirtschaftlichen Transaktionen in Italien. Die Mediobanca ist hoch profitabel, im Bereich Fusionen und Übernahmen (M&A) führend in Italien, aber auch stark in Frankreich und Spanien. Die Bank ist auch in Deutschland und in der Schweiz tätig.
MPS hat sich nach einer Kapitalerhöhung 2022 vom hässlichen Entlein in einen Schwan verwandelt. Der Nettogewinn stieg per Ende September 2024 um 69 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.
Die Transaktion würde es der Monte dei Paschi nach eigenen Angaben erlauben, in den nächsten sechs Jahren von Steuergutschriften (DTA) von 2,9 Milliarden Euro zu profitieren. Die Synergien eines Zusammenschlusses werden mit 700 Millionen Euro angegeben, die Integrationskosten mit 600 Millionen Euro.