Freitag, Oktober 4

Über die App hätten nicht nur öffentliche Transportmittel, sondern auch E-Trottinette oder Taxis gebucht und bezahlt werden sollen.

Für Nutzer des öffentlichen Verkehrs ist ein gemeinsamer Verkaufskanal ein grosser Vorteil. Wer etwa von der Berufsschule in Aarau an den Paradeplatz in Zürich gelangen will, nutzt drei verschiedene Verkehrsmittel von drei verschiedenen Anbietern in zwei verschiedenen Kantonen: zuerst einen Aarauer Stadtbus, dann einen Zug der SBB und schliesslich ein Tram der VBZ.

Drei separate Billette aber sind für die Reise nicht notwendig, es reicht ein einziges Ticket, das man bequem in der SBB-App kaufen kann. Dort kann auch der detaillierte Fahrplan eingesehen werden.

Die Städte Zürich, Bern und Basel wollten diese Idee auch auf andere Verkehrsträger ausweiten, zum Beispiel auf Mietvelos, E-Trottinette oder Taxis. Mit einer neuen App sollte die ganze Reise nicht nur geplant, sondern auch gebucht und bezahlt werden können. So sollten mehr Reisende dazu gebracht werden, auf möglichst umweltfreundliche Transportmittel umzusteigen und das Auto stehen zu lassen.

Noch im März war die Zürcher Stadtregierung mit einer entsprechenden Vorlage an das städtische Parlament gelangt. Kosten sollte die neue Mobilitäts-App die Stadt Zürich 7,25 Millionen Franken für die Einführung und die ersten fünf Betriebsjahre, danach jeweils knapp 1,4 Millionen Franken pro Jahr. In Basel und Bern waren ähnliche Vorlagen in der Pipeline. Die Gesamtkosten sollten sich auf rund 18 Millionen Franken belaufen. Vorgesehen war zudem, dass sich andere Städte anschliessen können.

Doch aus diesen Hoffnungen und Erwartungen wird nun nichts. Die drei Städte haben die Notbremse gezogen und ihr Projekt gestoppt. Dies geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Mitteilung hervor. Der Grund für den Übungsabbruch: überschiessende Kosten.

«Wir hätten weitere Beschaffungen tätigen müssen, etwa eine zeitgemässe Bezahlfunktion», sagt Roger Schaad vom Tiefbauamt der Stadt Zürich. «Es hätte das Risiko bestanden, dass die Kosten deutlich höher als geplant ausgefallen wären und die finanziellen Reserven bereits zu Beginn des Projekts zu stark beansprucht hätten.»

Eine erste App ist schon wieder weg

Die Stadt Zürich hatte sich schon früher mit der Idee von Mobilitäts-Apps beschäftigt, die ganz unterschiedliche Verkehrsmittel beinhalten.

Bereits vor vier Jahren hatte die Stadt in einem Pilotprojekt eine App auf den Markt gebracht, welche ansatzweise in die gewünschte Richtung ging und verschiedene Verkehrsmittel für die gewünschte Destination anzeigte.

Damals schon fehlte aber die Möglichkeit, die ganze Reise auch zu buchen und zu bezahlen. Stattdessen wurde man jeweils auf die Apps anderer Anbieter umgeleitet. Bei den Nutzern kam diese Idee nicht gut an, die App wurde kaum genutzt, und sie ist inzwischen nicht mehr erhältlich.

Damals wie heute stellte sich noch eine andere Frage, ob es nämlich überhaupt eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist, eine solche integrierte Buchungsplattform zu entwickeln und zu betreiben. Denn private Anbieter wie Uber bieten bereits jetzt die Möglichkeit, nicht nur Autos, sondern auch E-Trottinette zu buchen. Rein technisch wäre es möglich, ÖV-Anbieter ebenfalls in die App aufzunehmen.

Wer schlicht wissen will, mit welchem Verkehrsmittel man am schnellsten von A nach B gelangt, findet in Karten-Apps wie von Google oder Apple sowieso ausgereifte Lösungen, die weltweit funktionieren.

Der Kanton Zürich hatte schon früher Zweifel

Ein grosses Fragezeichen hinter die Idee einer umfassenden Mobilitäts-App aus städtischer Hand setzte bereits im April die Zürcher Kantonsregierung. Zwei bürgerliche Kantonsparlamentarier hatten damals im Rahmen einer Anfrage von der Regierung wissen wollen, wie sie zum Projekt steht.

Die Antwort fiel eindeutig aus: Das Projekt funktioniert in den Augen der Regierung nicht, und es ist zu teuer. Aufgrund der Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten und des zu erwartenden Kosten-Nutzen-Verhältnisses sei eine finanzielle Beteiligung nicht erstrebenswert, schrieb die Regierung in ihrer Antwort.

Die Kantonsregierung bezweifelte auch, dass eine solche neue App tatsächlich mehr Reisende zum Umsteigen bewegen würde. Denn schon heute gebe es einen flächendeckenden und niederschwelligen Zugang zu ÖV-Angeboten.

Ausserdem sei es gesetzlich bereits jetzt vorgesehen, dass auch Privatunternehmen über ihre Apps künftig ÖV-Billette verkaufen könnten. Private Anbieter könnten früher oder später also integrierte digitale Vertriebskanäle auf den Markt bringen.

Ganz abschreiben wollen die drei Grossstädte die Idee einer allumfassenden Verkehrs-App dennoch nicht. Sie schreiben, dass sie es sich vorstellen können, sich in anderer Form an einer Mobilitäts-App zu beteiligen. Ausserdem wollen sie im Bereich der kombinierten Mobilität weiter zusammenarbeiten.

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