Donnerstag, Mai 8

Ein branchenfreundliches Gesetz steht plötzlich auf der Kippe. Die Demokraten warnen davor, dass es korrupten Unternehmen und ausländischen Akteuren die Türen zum Weissen Haus öffne.

Die Wahl von Donald Trump sollte für die Krypto-Branche in den USA der Startschuss für Grosses werden. Dank dem Unterstützer im Weissen Haus glaubten viele, dass es möglich würde, eine branchenfreundliche Regulierung umzusetzen. Und man könnte endlich den sehr kritischen Chef der Aufsichtsbehörde SEC, Gary Gensler, in die Wüste schicken.

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Tatsächlich stellten sich erste Erfolge ein; Gensler wurde an der SEC-Spitze durch einen früheren Krypto-Lobbyisten ersetzt. Trump selbst hatte Kryptowährungen früher als Spielwiese für Drogendealer und Betrüger bezeichnet. Im Wahlkampf 2024 präsentierte er sich dann aber als Champion der Branche und wollte die USA zur «Krypto-Hauptstadt des Planeten» machen. Er gab Anfang Jahr sogar eine eigene Kryptowährung heraus. Jetzt könnte ausgerechnet der Präsident – und sein Enthusiasmus für Krypto-Anlagen – zum Stolperstein werden, der die regulatorischen Erleichterungen verhindert.

Parlamentarier hintersinnen sich

Im Senat wird derzeit über ein Gesetz verhandelt, das der Branche sehr wichtig ist; in US-typischer Unbescheidenheit wird es als Genius Act bezeichnet. Es soll Herausgebern von sogenannten Stablecoins einen besseren Rechtsrahmen geben.

Stablecoins sind spezielle Kryptowährungen, die als Brücke zum traditionellen Finanzsystem dienen. Ihre Herausgeber versprechen, dass sich ihre Stablecoins stets zu einem fixen Kurs in Dollar umtauschen lassen. Die Käufer können die Coins für digitale Transaktionen aller Art verwenden. Die Krypto-Dienstleister verdienen Geld, indem sie die Dollar, die sie im Gegenzug erhalten, am Finanzmarkt anlegen.

Das Gesetz passierte die vorberatende Senatskommission mit einer breiten Mehrheit, auch zahlreiche Demokraten stimmten zu. Krypto-Unternehmen hatten zuvor den Wahlkampf von Demokraten wie Republikanern unterstützt und insgesamt viel Geld in die Beziehungspflege in Washington investiert.

Nun fürchten sie, um die Früchte ihrer Lobbyarbeit gebracht zu werden. Führende Demokraten wehren sich plötzlich gegen das Gesetz und rufen auch ihre Parteikollegen auf, dagegen zu stimmen. Trumps Republikaner haben im Senat eine knappe Mehrheit, was für die Annahme des Stablecoin-Gesetzes aber nicht reicht.

Die Gunst der Präsidentenfamilie

Die Demokraten nennen unter anderem eine mangelnde Abwehr von Geldwäscherei und zu laxe Vorgaben für ausländische Krypto-Firmen als Grund für ihren Widerstand. Ein weiterer Grund sind jedoch neue Berichte der «New York Times», wonach die von Trumps Familie kontrollierte Krypto-Firma World Liberty Financial von ihrer Verbindung zum Präsidenten profitieren kann. Die Gefahr besteht, dass sich ausländische Regierungen und Bittsteller aller Art die Gunst Trumps erkaufen, indem sie in die Kryptowährung und weitere Geschäfte des Unternehmens investieren.

Die Liste der Partner umfasst gemäss der Zeitung etwa einen Krypto-Unternehmer, gegen den die SEC ermittelt hatte. Diesen Februar, wenige Monate nachdem er 75 Millionen Dollar in die Kryptowährung von World Liberty investiert hatte, wurde sein Fall von der SEC eingestellt.

Ein Sprecher von World Liberty sagte, es sei «falsch, absurd und gefährlich», zu insinuieren, dass sich Geschäftspartner durch Deals mit dem Unternehmen politische Gegenleistungen erkaufen könnten. Eine Sprecherin Trumps wiederum beschied der «New York Times», dass der Präsident keinen Interessenkonflikt haben könne, weil sich seine Vermögenswerte in einem Trust befänden, der von seinen Kindern geführt werde.

Vielbeschäftigte Söhne

Das Stablecoin-Gesetz könnte World Liberty zugutekommen, da das Unternehmen im März einen eigenen Stablecoin herausgebracht hat. Auch dieses Geschäft ermöglicht es Dritten, ihr Geld über World Liberty anzulegen, so dass Trumps Familie wirtschaftlich davon profitiert. Ein Fonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hat kürzlich eine Investition von 2 Milliarden Dollar angekündigt. Manche Krypto-Unternehmer kritisieren diese Geschäfte offen, weil sie ein schlechtes Licht auf die ganze Branche werfen könnten.

Wie weit der Widerstand gegen die Genius Act trägt, ist noch offen. Branchenvertreter weibeln in Washington weiterhin für das Gesetz. Sogar der Tether-Chef Paolo Ardoino liess sich im März erstmals in Washington blicken; er traf sich mit Kongressabgeordneten zum Lunch und für Fachgespräche. Auch eine Unterredung mit einem Vertreter von World Liberty stand offenbar auf dem Programm: Ardoino traf Zach Witkoff, den Sohn von Trumps Chefunterhändler in Russland, Iran und im Nahen Osten.

Tether ist der grösste Stablecoin-Anbieter weltweit. Das Unternehmen hat sich aus regulatorischen Gründen in den USA aber rargemacht und in El Salvador angesiedelt. 2021 musste die Firma in einem Vergleich mit der New Yorker Bundesstaatsanwaltschaft 18,5 Millionen Dollar zahlen, um den Vorwurf auszuräumen, seine Reserven nicht korrekt ausgewiesen zu haben.

Inzwischen hat Tether offengelegt, dass es zwei Drittel seiner Anlagen in amerikanische Staatsanleihen investiert hat. Ein beträchtlicher Teil dieser Anlagen wird von Cantor Fitzgerald verwaltet – dem Finanzunternehmen, das jahrzehntelang vom jetzigen Handelsminister Howard Lutnick geführt wurde. Jetzt sind dort Lutnicks Söhne am Ruder.

Nun könnte Tether bald von einem Passus im Stablecoin-Gesetz profitieren, wonach ausländische Emittenten nicht alle neuen Regeln einhalten müssen, wenn sie ihre Stablecoins in Amerika verkaufen.

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