Das Kunsthaus Zürich meldet ein Defizit von 4,5 Millionen Franken und rückläufige Eintrittszahlen. Gemessen an den Erwartungen an den Chipperfield-Neubau und die Strahlkraft der Bührle-Sammlung ist das ein Debakel.

Das Kunsthaus Zürich kommt nicht zur Ruhe. Nach jahrelangen Kontroversen um die Sammlung Bührle, die kein Ende nehmen wollen, schlittert das grösste Kunstmuseum der Schweiz nun auch in eine finanzielle Krise. Durch den Erweiterungsbau hat sich das Kunsthaus in seiner Grösse verdoppelt, damit einher geht eine massive Verschuldung. Die Trägerschaft der Zürcher Kunstinstitution am Pfauen – die Zürcher Kunstgesellschaft – weist ein Defizit von 4,5 Millionen Franken auf.

Dabei waren mit der Neuorganisation des Kunsthauses die Karten nicht schlecht. Die Zürcher Kunstgesellschaft entschied sich mit ihrem neuen Präsidenten für einen Finanzexperten höchsten Ranges. Philipp Hildebrand ist Ex-Nationalbank-Chef und heute bei einem der weltweit grössten Vermögensverwalter in führender Position tätig. Dass er nun bei einer Beratungsfirma Hilfe holen muss, um die finanzielle Schieflage des Kunsthauses in den Griff zu bekommen, wirkt blamabel. Erst recht, wenn er die hohle Hand machen würde: Ein Antrag bei der Stadt um Erhöhung der Subventionen steht ebenfalls zur Diskussion.

Mit der Wahl der neuen Direktorin Ann Demeester hat das Kunsthaus eine innovative Museumsleiterin engagiert. Von der belgischen Literaturwissenschafterin und Kunstkritikerin versprach man sich frischen Wind für den Ausstellungsbetrieb. Demeester ist nun etwas mehr als eineinhalb Jahre im Amt. Bis jetzt kann man bestenfalls feststellen, dass ihre Ausstellungen unkonventionell sind. Ein grosser Besucheransturm mit Blockbuster-Schauen, wie sie etwa die Fondation Beyeler mit Goya oder das Kunstmuseum Basel mit Picasso und El Greco ausrichten, blieb bisher aus. Die Eintrittszahlen sind sogar rückläufig.

Das Kunsthaus hat sich übernommen. Geklotzt wurde allerdings unter den Vorgängern. Die gross dimensionierte Erweiterung durch den Chipperfield-Bau erfolgte unter dem Kunstgesellschafts-Präsidium von Walter Kielholz und dem Direktorium von Christoph Becker. Zum ehrgeizigen Projekt gehörte vor allem auch, die hochkarätige Sammlung des Zürcher Rüstungsindustriellen Emil Bührle ins Haus zu holen. Diese bedeutende Sammlung des französischen Impressionismus einzugemeinden, war ein Coup. Und gleichzeitig ein PR-Desaster. Denn das Kunsthaus war völlig überfordert damit, die historisch belastete Sammlung angemessen darzustellen und über sie zu kommunizieren.

Als die Sammlung 2021 im Neubau des Architekten David Chipperfield Einzug hielt, begann eine vergiftete Debatte um Werke aus ehemaligem jüdischem Eigentum in den Beständen der Sammlung Bührle und die Rolle des Sammlers als Waffenproduzent im Zweiten Weltkrieg. Die Kunst rückte in den Hintergrund.

Das Kunsthaus Zürich war auf die Konsequenzen eines doppelt so grossen Betriebs schlecht vorbereitet. Man hat die Kosten falsch eingeschätzt und ins Blaue hinaus prognostiziert. Dabei war es klar, dass bei einem verdoppelten Betrieb auch die Ausgaben in die Höhe schiessen würden. Vor der Abstimmung über die Kunsthaus-Erweiterung im Jahr 2012 wurde die Erhöhung des jährlichen städtischen Beitrags an die Zürcher Kunstgesellschaft für Unterhalt, Betrieb und Personal des Kunsthauses auf 7,5 Millionen Franken angesetzt. Das war zu tief geschätzt. Mit diesen Zahlen wollte man wohl die Stimmbürger bei Laune halten.

Die unrealistische Kostenkalkulation rächt sich jetzt. Problematisch aber ist die von der Zürcher Kunstgesellschaft angestrebte Lösung: Massnahmen wie höhere Eintrittspreise, die ausgerechnet die Besucher zu spüren bekommen – und damit auch die Steuerzahler und Stimmbürger, die einst für die Erweiterung des Kunsthauses ihr Ja in die Urne gelegt haben. Sein Publikum gewinnt man mit überragenden Ausstellungen. Über Raum und Infrastruktur dafür verfügt das Kunsthaus Zürich. Jetzt muss es liefern.

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