Donnerstag, Februar 20

Aktien kauft man, wenn die Wirtschaft in der Rezession steckt und die Notenbanken die Zinsen senken. Das ist in Europa der Fall. Nur notieren die Kurse nicht in der Nähe der Tiefst, sondern auf Allzeithöchst. Dennoch bieten sich Chancen.

«Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch»
Ludwig Erhard, deutscher Ökonom und Politiker (1897–1977)

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Wer sich bereits Jahrzehnte mit den Hochs und Tiefs an den Börsen herumschlägt und als Antizykliker operiert, bei dem haben sich einige grundsätzliche Regeln eingebrannt:

Aktien kauft man am besten, wenn sie keiner haben will. Das ist oft in einer Rezession der Fall, wenn die Wirtschaft sich offensichtlich in der Krise befindet. Dies erkennt man an verschiedenen Indikatoren wie zum Beispiel dem Einkaufsmanager-Index, dem IFO-Geschäftsklima oder den ZEW-Erhebungen. Die Zeitungen müssen voll sein mit negativen Unternehmensmeldungen (Gewinnrückgänge, Dividendenkürzungen, düstere Ausblicke, Stellenabbau). Und idealerweise müssen sich die Notenbanken bereits mitten in einem Zinssenkungszyklus befinden, um die schwache Konjunktur zu bekämpfen.

Meist haben dann die Börsen ihren Tiefpunkt erreicht und man kann anfangen, günstig Positionen aufzubauen. All diese Punkte sind zum Beispiel in Europa gegeben, viele Branchen gehen am Stock (Chemie, Automobil mit Zulieferern, Maschinenbau, Stahl) und befinden sich in einer echten Strukturkrise. Der Schönheitsfehler liegt darin, dass sich die Aktienindizes derzeit nicht auf Tiefstkursen befinden, sondern immer neue Allzeithochs ansteuern. Getrieben wird diese Bewegung allerdings nur von einigen wenigen Wachstumswerten ähnlich wie in den USA von den Magnificent 7.

Das Interesse der Anleger konzentrierte sich bisher also fast ausschliesslich auf die Schaufelhersteller der Künstlichen Intelligenz mit ihren breiten Burggräben (Nvidia & Co). Doch deren heile Welt hat einen Riss bekommen durch einen Nobody aus China namens DeepSeek, der mit minimalem finanziellem Aufwand ein leistungsfähiges Konkurrenzprodukt auf den Markt gebracht hat.

Comeback der Kellerkinder?

Seitdem stellen sich immer mehr Anleger die Frage, ob in Zukunft vielleicht nicht die Schaufelhersteller von der disruptiven KI-Technologie profitieren, sondern diejenigen, die mit den Schaufeln arbeiten – und das wäre die Mehrzahl der Unternehmen, die dadurch signifikante Produktivitätsgewinne erzielt.

Damit wären wir wieder bei den Branchen, die sich derzeit in einer Strukturkrise befinden und deren Aktienkurse im Keller sind. Hier sind viele schlechte Nachrichten bereits in den Kursen enthalten. Die Börsenumsätze dieser Werte sind genauso ausgetrocknet wie die kalifornischen Wälder. Einige wenige Lichtblicke von der Bürokratiefront oder eine leichte Belebung der Nachfrage könnte hier einen Feuersturm entfachen – und sei es auch nur ein Strohfeuer. So soll sich doch tatsächlich ein Repräsentant der EU bereits für eine Entschärfung des Lieferkettengesetzes ausgesprochen haben. Ein sinnloses Bürokratiemonster weniger, das wäre schon was.

Contrarian wird in Europa fündig

Es bleibt allerdings dahingestellt, ob so ein Funken an Vernunft Realität wird. Die völlig einseitige Allokation der internationalen Anlagegelder in den US-Markt wegen der Hoffnung auf Bürokratieabbau, Deregulierung, Steuersenkungen und dem damit verbundenen Wirtschaftswachstum scheint jedenfalls überzogen. Allgemein gilt heute das Narrativ des amerikanischen Exzeptionalismus. Etwas Ähnliches hatten wir 1989 in Japan, als japanische Aktien im MSCI-World eine höhere Gewichtung erreichten als US-Titel. Die Folgen sind bekannt.

Der Contrarian wird also derzeit eher bei europäischen Werten fündig, insbesondere auch bei den lange vernachlässigten Valoren aus der zweiten Reihe wie dem MDax. Es gibt in Europa zahlreiche solide Substanzwerte mit einem einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis, bei denen bereits ein Worst-Case-Szenario eingepreist scheint. Wir haben deshalb im Januar bei weiteren US-Papieren Gewinne mitgenommen (3M, IBM, PayPal) und kleinere Positionen in europäischen Mid Caps aufgebaut. Echt antizyklisch eben!

Die Portfolio-Struktur bleibt dadurch unverändert. Wir bleiben konservativ investiert mit 60 bis 70% in niedrig bewerteten Substanzwerten, 5 bis 10% in physischem Gold und Silber sowie Anteilen an kurz laufenden Anleihen guter Bonität und Cash.

Peter E. Huber

Peter E. Huber ist Gründer und Geschäftsführer der Huber Portfolio GmbH in Oberursel. Er ist spezialisiert auf antizyklische Investitionen an den Aktien- und Anleihenmärkten. Zuvor war er Partner und Fondsmanager beim Vermögensverwalter StarCapital, den er 2016 an die Bellevue Group verkaufte. Huber hat in Mannheim Betriebswirtschaft studiert und danach für die Privatbank SMH in Frankfurt gearbeitet, bevor er sich 1981 selbständig machte.

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