Sonntag, April 20

Der Klub hat sich mit einem wilden Hin und Her im personellen Bereich in Schieflage gebracht. Fällt er am Ostermontag aus der Meistergruppe der Super League, steht er unter besonderer Beobachtung.

Ein paar Tage vor dem Match in Bern gegen YB wirft Ricardo Moniz einem Journalisten an den Kopf, dass er die «freche Frage direkt» stellen solle. Die Frage, was das für den Coach bedeuten könnte, ginge der Match verloren, würde der Klub auf der Ziellinie allenfalls vom FC Lausanne-Sport oder vom FC St. Gallen überholt. Also solle man, wenn schon, bitte schön fragen: «Wirst du im negativen Fall hinausgeschmissen?»

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Ricardo Moniz ist nicht zurückhaltend. Der FC Zürich und YB seien «krank», sagt der Trainer des FC Zürich, nachdem die zwei Klubs am letzten Wochenende gegen Basel (0:4) und in Luzern (0:5) untergegangen sind. Und: Er wolle sich mit Fussball und nicht mit dem «Scheiss» beschäftigen, der Dinge neben dem Terrain betreffe.

Der 60-jährige Ricardo Moniz, wie er leibt und lebt. Seit etwas mehr als einem Jahr ist er Cheftrainer des FC Zürich und trägt eine Umgestaltung mit, die den Klub schüttelt.

Das Präsidentenpaar Canepa schaut zu

Der frühere Spieleragent Milos Malenovic hat freie Hand, kann tun und lassen, was er will. Formt den FCZ rigoros um, wechselt Personal aus und ist auf dem Weg dazu, so etwas wie Generalmanager mit Vollmachten zu werden. Vielleicht ist das schon jetzt so, fehlt nur noch die Offizialisierung. Das Präsidenten- und Mäzenenpaar Canepa schaut zu, hofft und bangt. Auf dass alles gut komme. Mit Malenovic. Mit Moniz und allen Episoden, Gerüchten, Halbwahrheiten, Wahrheiten.

Eine Personalie, die als (PR-)Flop zu werten ist, heisst Benjamin Mendy. Der 30-jährige Franzose kam mit dem Leumund nach Zürich, wegen sexueller Übergriffe angeklagt gewesen zu sein. In ihm sah man einen Leader. Doch er ist im Schnellverfahren zum Ärgernis geworden. Nicht fit, fehlerhaft auf dem Rasen, ein Unruhe- und kein Stabilitätsfaktor. Am Samstag wird er beim 0:4 gegen Basel eingewechselt, spielt abermals schlecht, holt sich in der Wade eine Zerrung und bleibt laut Moniz so lange auf dem Rasen, bis sich die Zerrung zum Muskelfaserriss ausweitet. Was soll das?

Das ist noch nicht genug. In der Nacht nach dem 0:4 und der Verletzung, die ihn wochenlang vom Rasen fernhält, wird Mendy im Zürcher Nachtleben gesichtet, wie der «Blick» berichtet. Der humpelnde Mendy mitten in der Zürcher Nacht. Party statt Schonung. Er stelle sich vor jeden Spieler, sagt Moniz, «auch vor Mendy». Aber im Moment habe er «Zweifel», wenn er in die Zürcher Zukunft des Franzosen blicke, sagt der Trainer. Mendy, mit einem Vertrag bis 2026 ausgestattet, könnte schon bald wieder weg sein. Das Fass des Unerträglichen ist randvoll.

Eine andere Zumutung für den Trainer sind Bestimmungen, wonach er Spieler nicht einsetzen darf, die den Vertrag nicht verlängern oder ihre Agentur gewechselt haben. Wie Ifeanyi Mathew, Mirlind Kryeziu oder Junior Ligue. Wenn ein Spieler nicht nach der Pfeife der Kluboberen pfeift, suhlen sich diese im Trotz. Auch die Trennung von Cheick Condé verlief in dieser Saison unschön, brachte aber immerhin noch einen Transferbatzen ein.

Disziplinarfall Mendy, Disziplinierung von renitenten Spielern, stramme Befehle von oben sowie Irrungen und Wirrungen im Umgang mit dem Nachwuchs. Junge Spieler rein, wieder raus, wie mit David Vujevic (18 Jahre alt), Daniel Denoon (21), Miguel Reichmuth (21), Cosimo Fiorini (18), Jahnoah Markelo (22), Mohamed Bangoura (19), Vincent Nvendo (21) und selbst mit Cheveyo Tsawa (18) geschehen, der immerhin schon 18 Einsätze summiert.

Der FCZ setzt Nachwuchsspieler wirr ein

Ja, der FC Zürich reiht sich unter jenen Super-League-Klubs ein, die Junge forcieren. Ja, er ist in der Nachwuchs-Trophy der Liga, die den Einsatz von Schweizer U-21-Spielern belohnt, in der ersten Tabellenhälfte klassiert. Nur legte der Zusammenbruch gegen Shaqiri-Basel offen, dass in der Differenz zum FC Luzern das Konzept fehlt. In Zürich gilt: einmal so, einmal anders. Rein, raus. Wie so viel im FC Malenovic. Launenhaftigkeit statt Verlässlichkeit.

Junior Ligue kommt in der U-21-Trophy auf 1500 Einsatzminuten, am zweitmeisten in den Reihen der Zürcher weist Tsawa (750) auf. Da ist etwas, aber wenig im Vergleich zu den Luzernern, die bis jetzt sieben Jungen meist deutlich über 1000 Super-League-Minuten gegeben haben. Sie werden die Trophy abermals gewinnen und von der Liga eine Viertelmillion einstreichen. Und sie sind für die Meisterrunde qualifiziert – anders als der schlingernde FC Zürich.

Nach dem Unfall gegen Basel greift Moniz nach dem Strohhalm, setzt nach dem Jugendwahn auf den jüngst verletzten Jean-Philippe Gbamin, den 29-jährigen Ivoirer, der «dank seiner Erfahrung» die Balance wieder herstellen soll. Gbamin wurde 2019 für 25 Millionen Euro von Mainz nach Everton verkauft, verlor sich aber nachher, hatte kaum Premier-League-Einsätze und diente in Russland, in der Türkei und in der französischen Ligue 1 und Ligue 2. Ein Idealfall für die Super League. Doch gleich Zürcher Hoffnungsträger?

Milos Malenovic hat Vollmachten

Es kursieren in der Branche eigentümliche Momentaufnahmen aus dem Innern des FC Zürich. Eine Schilderung geht so: Nach einer Niederlage spricht der Sportchef Malenovic zur Mannschaft, nicht kurz, sondern über Gebühr lang. Moniz steht wortlos daneben. Dann zeigt Malenovic vor der versammelten Mannschaft auf einen jungen Spieler und weist diesem explizit Schuld zu.

Eine solche Erzählung passt zum Muster, wonach Malenovic über Gebühr Einfluss nimmt und in den Bereich des Trainers eingreift, Mannschaftsaufstellungen (mit-)bestimmt, Spieler sperrt, durchgreift.

Weil das Allgemeinwissen ist, kann es von Ricardo Moniz nicht abgestritten werden. Der Trainer macht, was er tun muss. Er lobt Malenovic als «einen der besten» Sportchefs, «er ist, wie er ist, kompromisslos, hart, ehrlich». Alsbald folgen Sätze, die tief blicken lassen – wie der zwanghafte Versuch, alles ins Positive zu kehren: «Es liegt an mir, wie weit das geht. Ich muss mit Milos diskutieren. Und ich muss mit ihm nicht einverstanden sein. Das ist oft so. Das ist für mich Freundschaft.»

Früher, zum Beispiel vor über zehn Jahren in Salzburg, sei er kompromissloser gewesen, lässt Moniz verlauten, «aber jetzt ordne ich mich unter». Dennoch sind immer mehr Risse in der Wand zu erkennen. Er wirkt so, als würde Moniz portionenweise Kritik tröpfeln lassen, als würde der Dampfkochtopf demnächst zu pfeifen beginnen.

Aber Moniz dreht die Deutung, sagt nicht, dass er ständig überstimmt und fremdbestimmt wird. Sondern: dass das fast eine Symbiose sei. Dass das eine aussergewöhnliche Freundschaft sei, die auf mehr als zwanzig Jahre zurückgehe, als Moniz GC-Nachwuchstrainer war und mit dem jungen Fussballer Malenovic zu tun hatte.

Alles zum Wohl des FC Zürich, der einen heftigen Rückschlag auf dem Weg zum FC Malenovic erleidet, sollte das am Ostermontag schiefgehen.

Alles liege noch drin, sagt Moniz, die Mannschaft sei gegen Basel «einen Tag tot» gewesen, doch jetzt habe sie sich aufgerappelt. Der Trainer spricht vom «Jahr der Transformation», von den vielen Wechseln. Er baut auf das «längerfristige Projekt» des FC Zürich, er hofft auf dessen «Durchbruch», für sich selbst, für Malenovic, für die Canepas, für die Liga und – ganz gross – gleich «für die Schweiz». Doch wird der Klub in die Relegationsgruppe verwiesen, wird er einem Stresstest ausgesetzt, weil sich das Saisonziel Europacup kurzerhand in Luft auflösen würde.

Das naheliegende Opfer wäre der Trainer. Moniz hat als Coach einen unsteten Weg hinter sich, diente meist nur wenige Monate in Deutschland, in England, in Salzburg für den Red-Bull-Konzern, in Polen, in den Niederlanden, in Ungarn, Kroatien. Trotzdem ist die Lage nicht so simpel, weil Malenovic mit im Trainerboot sitzt.

Was jetzt? Ein Sieg oder ein Punkt in Bern, Meisterrunde, Aussicht auf den Europacup. «Dann wird die Welt total anders aussehen», sagt Moniz. Die Welt des FC Zürich, die immer wieder von Befremden durchtränkt ist. Nächtliche Tour ein paar Stunden nach einem Muskelfaserriss? Nichts ist in dieser Welt unmöglich.

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