Freitag, April 18

Der amerikanische Präsident stoppt fast alle «reziproken» Strafzölle, weil die Allianz aus Politik und Unternehmertum, die ihn ins Amt brachte, zu bröckeln beginnt.

Macht macht trunken, das ist eine alte Weisheit. Donald Trump benimmt sich derzeit, als ob es für ihn keine Grenzen gäbe. Er lotet den Spielraum der Exekutive aus, er testet die Kompetenz der Gerichte und spielt mit der Weltwirtschaft wie Charlie Chaplin mit dem Erdenball in seinem Film «The Great Dictator».

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Aber die USA sind keine Diktatur, keine Neo-Monarchie und auch keine gelenkte Demokratie. Trump hat viel Macht in den Händen, aber allein deshalb, weil eine ganz spezielle Konstellation es erlaubt: Die Republikaner im Kongress haben ihrem Präsidenten Vasallentreue geschworen; die von der Inflation drangsalierten Wähler sahen in ihm den Garanten für ein «goldenes Zeitalter»; die Wirtschaftselite eiferte nach weniger Regulierung und Steuern. Und der Supreme Court hat ihm und künftigen Präsidenten «absolute Immunität» für Amtshandlungen eingeräumt.

Der Aufstand der Geldgeber

Donald Trump wurde der rote Teppich ausgerollt, aber der lässt sich auch wieder einrollen. Das hat offensichtlich auch Trump doch noch kapiert. Er stoppt die Strafzölle, die er unbegreiflicherweise «reziprok» nennt, für 90 Tage. Derweil erhöht er den Zoll auf chinesische Importe von 104 auf 125 Prozent, aber das ist symbolisch: Der Handel mit China war schon vorher komplett zusammengebrochen.

Trump ist damit einem Vorschlag gefolgt, den ihm Bill Ackman, sein Geldgeber und ein Hedge-Fund-Manager, dringend nahegelegt hatte. Er war nicht der einzige Magnat an der Wall Street, der sich vergangenes Wochenende gegen Trumps Zollfuror stellte. Ebenso kritisch äusserte sich der legendäre Investor Stan Druckenmiller, einstiger Chef von Finanzminister Scott Bessent. Beide unterstützten Trump im Wahlkampf. Auch republikanische Unternehmer machen ihrem Unbehagen Luft. Er verstehe «die gottverdammte Formel» nicht, anhand deren die Zollsätze für jedes Land festgelegt worden seien, sagte Ken Langone gegenüber der «Financial Times». Der Gründer von Home Depot ist einer der wichtigsten Geldgeber der Republikanischen Partei.

Der Strafzölle-Blitzkrieg hat die Trump-Apologeten an der Wall Street auf dem falschen Fuss erwischt. Wer konnte voraussehen, dass die Lage so schnell ausser Kontrolle geraten könnte? Wer hätte dem amerikanischen Handelsbeauftragten zugetraut, mit einer willkürlichen mathematischen Formel praktisch alle Handelspartner zu traktieren? Noch im Oktober wurde Trump im Economic Club in New York von den Wall-Street-Bankern bejubelt. Selbst der grosse James Dimon von JP Morgan Chase lobte die Wirtschaftskompetenz von Trump. Diese Woche stimmte er in einem pessimistischen Brief die Aktionäre auf eine Rezession ein.

Nun sehen die Milliardäre, unter ihnen etliche Trump-Geldgeber, ihre Vermögen und Anlageportfolios dahinschmelzen – und wandten sich von Trump ab.

Die Checks and Balances regen sich

Das alles schien Trump noch am Mittwochmorgen nicht zu kümmern. «Be cool! Alles wird gut herauskommen. Die USA werden grösser und besser als zuvor!», postete Trump auf Truth Social. Vier Stunden später folgte der Rückzieher. Ohne Geld läuft auch Trumps politische Maschine nicht.

Auch politisch hatte sich Trump verrechnet. Unter den ihm so ergebenen Republikanern wuchs die Nervosität stündlich. Sieben Senatoren haben Trump inzwischen offen kritisiert. Immer mehr Abgeordnete äusserten ihre Zweifel an Trump. Das ist kein Dammbruch, aber die Loyalitätsmauer im Kongress bröckelte. Zwar steht die republikanische Führung weiterhin zu Trump: Man müsse ihm Zeit geben, die Zölle zu «regeln». Doch hinter den Kulissen müssen auch sie Trump angefleht haben, die wahnwitzige Aktion zu stoppen.

Von den Gerichten könnte der Druck erst noch kommen. Die rechtliche Basis für Trumps Strafzölle – ein Notstandsgesetz aus den siebziger Jahren – ist nämlich wacklig. Herrscht in den USA wirklich ökonomischer Notstand? Nein, Trump übernahm von seinem Vorgänger Joe Biden eine relativ gesunde Wirtschaft. Erste Klagen wurden bereits eingereicht.

Letztlich ist das Volk das wichtigste Korrektiv von Trump. In achtzehn Monaten sind Zwischenwahlen. Die Mehrheit der Amerikaner wählte Trump, damit er die Inflation senkt, nicht um ihre Altersersparnisse und die Collegefonds für ihre Kinder zu vernichten. Den Republikanern droht ein Desaster; sie könnten die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren – und Trump verlöre damit seine Machtbasis in Washington. Das hat ihm jedoch erst gedämmert, als das Chaos angerichtet war.

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