Daniela Cavallo, höchste Arbeitnehmervertreterin bei VW, hatte eine schlechte Woche. Das Einwandererkind steht massiv unter Druck, denn sie muss ein Heiligtum retten: die Jobgarantie für deutsche Volkswagen-Angestellte.
«Das ist Ihre Antwort auf die Krise? Ist das alles, was Ihnen einfällt?» Daniela Cavallo wusste 9500 VW-Angestellte hinter sich, als sie das Management des grössten europäischen Autokonzerns frontal angriff. Sie honorierten Cavallos Brandrede mit Standing Ovations.
Am Donnerstag kündete der VW-CEO Oliver Blume vor Angestellten in einer Werkshalle in Wolfsburg ein verschärftes Sparprogramm an. Die Jobgarantie für 110 000 deutsche Angestellte soll fallen. Fabrikschliessungen sind wahrscheinlich.
Die Betriebsratschefin Cavallo, sie ist die höchste Arbeitnehmervertreterin bei VW, will mit aller Kraft dagegenhalten. Nie im Leben werde sie Werkschliessungen und Entlassungen zulassen, schwor sie. Es ist Cavallos letztes Gefecht. Die Tochter von italienischen Gastarbeitern schuftete sich seit 1994 bei Volkswagen hoch. Als erste Frau wurde sie 2021 zur Vorsitzenden des Konzernbetriebsrates gewählt.
Als solche bringt sie die Sicht der Angestellten in die Konzernstrategie ein. Der VW-Betriebsrat gilt als mächtigste Arbeitnehmervertretung der Welt. Das sogenannte VW-Gesetz räumt den Angestellten so viel Einfluss ein, wie das sonst in keinem anderen börsennotierten Unternehmen der Fall ist. Das führte schon zu absurden Auswüchsen: 2007 wurde ein VW-Manager verurteilt, weil er den Betriebsrat mit Privatflügen und Bordellbesuchen bestochen hatte, um diesen gnädig zu stimmen.
Cavallo steht für eine neue Generation von Arbeitnehmervertretern. Integer und rechtschaffen. Aber Volkswagen ist hochdefizitär. Laut dem Management fehlen dem Konzern 500 000 Autoverkäufe pro Jahr – das entspricht etwa der Produktion von zwei Autowerken. Das Traditionsunternehmen muss Milliarden einsparen. Wie das ohne Jobabbau gehen soll, diese Antwort blieb Cavallo am Donnerstag schuldig. Eine Bilderbuchkarriere droht mit einer gewaltigen Niederlage zu enden.
