Donnerstag, August 28

Daniel Küblböck wurde mit der ersten Staffel von «Deutschland sucht den Superstar» berühmt. Eine Doku-Serie rekonstruiert das Leben des Musikers bis zu seinem rätselhaften Tod.

Daniel Küblböck aus Niederbayern ist sechzehn Jahre alt, als er 2002 am Casting bei «Deutschland sucht den Superstar» (DSDS) teilnimmt. Singend und Gitarre spielend betritt er den Raum, obwohl Instrumente eigentlich verboten sind. Der damalige Juror Thomas Stein sagt in einer neuen ARD-Doku, Daniel Küblböck «konnte wirklich nicht singen». Er sei aber ein lustiger Zeitgenosse gewesen. Charismatisch. Er tritt vollkommen unbefangen auf und schafft es bis ins Halbfinale. «Das Ende der irren Küblböck-Ära», titelt der «Spiegel» nach seinem Ausscheiden. Doch der «Spiegel» irrt sich.

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Küblböcks Auftritte fallen in den Höhepunkt des Trash-TV. Der Sänger ist anders als andere. Und «anders» bringt Einschaltquoten, Diskussionsstoff und Schlagzeilen. Innert kürzester Zeit wird Küblböck zum gehassten und geliebten Star. Ab 2018 identifizierte sich Küblböck als Lana Kaiser. Und noch im gleichen Jahr verschwand Kaiser von Bord des Kreuzfahrtschiffs «Aida Luna» unter ungeklärten Umständen in den Fluten des Atlantiks vor Neufundland. Eine dreiteilige ARD-Doku-Serie widmet sich nun diesem Leben in der Öffentlichkeit.

«Du bist falsch»

Der erste Teil von «Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser» befasst sich mit dem steilen Aufstieg von Daniel Küblböck. Der Teenager, der es trotz gesanglicher Schwäche in die DSDS-Live-Shows schafft, wo er die Massen fasziniert und in der Öffentlichkeit mitpolarisiert. An seinem ausgefallenen Kleidungsstil, seiner «femininen» und quirligen Art störten sich viele. Die Doku zeigt eindrücklich, wie die Medien aus ihm ein Feindbild schufen, über das sich die Öffentlichkeit lustig machte. Immer wieder wird Küblböck nach seinen Auftritten ausgebuht, trotzdem wählen ihn die Zuschauer Woche um Woche in die nächste Runde.

Man hört anfangs viel von Küblböck selbst. In Interviews gibt er sich stark, steht für sich ein, ist die Fröhlichkeit in Person. In seiner Autobiografie «Ich lebe meine Töne» (2003), die er auch als Hörbuch eingelesen hat, zeigt er sich zerbrechlich. Der Hass macht ihm zu schaffen. «Kann ich denen, die mich nicht mögen, nicht einfach egal sein? Ich tue keinem etwas Böses.»

Küblböcks Eltern lassen sich scheiden, als er fünf Jahre alt ist. Er lebt danach bei der alkoholkranken Mutter. Eines Nachts habe sie ihn angeschrien: «Du bist falsch! Du bist schlecht! Du bist nichts, du wirst auch nichts werden!» Die Medien stürzen sich auf seine schwierigen Familienverhältnisse.

Der zweite Teil der Serie handelt von Küblböcks Karriere nach DSDS. Dieter Bohlen produziert 2003 sein erstes Album «Positive Energie», es wird zum Hit. Seine Fans nennen sich «Faniels». Belächelt wird er immer noch. «Schräger Daniel quäkt sich auf Platz 1», titelt die «Bild»-Zeitung.

Für viele missverstandene Jugendliche sei er zum Vorbild geworden, «ein queerer Meilenstein», sagt der queere Entertainer Riccardo Simonetti. Gleichzeitig organisieren sich auch die Kritiker, sie kaufen Konzerttickets, um Küblböck bei den Shows auszubuhen. Als er 2004 ohne Führerschein Auto fährt und mit einem Lastwagen kollidiert, wird er auch dafür belächelt. In den folgenden Tagen gibt es Live-Schaltungen ins Spital: Küblböck mit Halskrause im Bett. Sogar Thomas Gottschalk kommt zu Besuch, um eine Wettschuld einzulösen.

Küblböck sucht weiter nach Anerkennung, nach Wegen, endlich ernst genommen zu werden. 2004 versucht er sich als Schauspieler und spielt im künstlerisch-experimentellen Film «Daniel der Zauberer» unter der Regie von Ulli Lommel sich selbst. Der Film floppt, wird in den Medien zerrissen, und seine Plattenfirma sagt als Folge die geplante Veröffentlichung seines zweiten Albums ab.

Das Album erscheint schliesslich 2005, kann aber an den Erfolg seines Erstlings nicht anknüpfen. In der folgenden Zeit durchläuft Küblböck einen Imagewechsel. Er will als Sänger ernst genommen werden, macht eine Gesangsausbildung, trägt kurzes Haar und wechselt zu einem unauffälligen Kleidungsstil. Die Medien loben ihn für seinen Wandel, doch seine Fans wenden sich von ihm ab. Auch die Doku-Serie behandelt seine darauffolgende Musikkarriere im Jazz-Genre nur knapp. Sein gemässigter Auftritt scheint nicht spannend genug.

Die Suche nach sich selbst

2011 zieht er in seine Wahlheimat Mallorca. Es wird ruhiger um ihn, er verschwindet aus der Öffentlichkeit. Ebenso aus der Doku-Serie – sein Leben wird im dritten Teil hauptsächlich von Vertrauten erzählt. Von dem Ex-Freund Robin Gasser, von der Freundin und Dragqueen Olivia Jones, von Gitti, einer Kneipenbesitzerin in Berlin.

2018 outet sich Küblböck auf Facebook als trans. Lana Kaiser, wie sie nun genannt werden möchte, unterzieht sich einer Hormonbehandlung. Ohne ärztliche Kontrolle, wie einige Wegbegleiter in der Doku-Serie sagen. Die Informationen über diese kritische Phase in Kaisers Leben bleiben in der Doku spärlich. Von Alkoholproblemen ist die Rede, vom vermasselten Abschluss an der Schauspielschule.

Am 29. August 2018 betritt Kaiser ein Kreuzfahrtschiff. Die Zerrissenheit wird in der letzten Sprachnachricht an einen Freund deutlich: «Ich bins, Daniel, also die Lana eigentlich. Ich wollte dir nur sagen, ich möchte gern von diesem Schiff runter, ich würde gern nach New York fliegen.» Kaiser verschwindet wenig später von Bord des Kreuzfahrtschiffs und wird 2021 für tot erklärt. Von Suizid ist in der Serie nicht die Rede, stattdessen betonen die Wegbegleiter in der Doku, wie sehr Kaiser das Leben geliebt habe. Am 27. August 2025 wäre Kaiser vierzig Jahre alt geworden.

«Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser» ist in der ARD-Mediathek abrufbar. Teil 2 und 3 laufen am Donnerstag im BR-Fernsehen ab 22.45 Uhr.

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