Dienstag, November 26

Die Migros bezeichnete sich in ihrer neusten Kampagne als «den grössten Hofladen der Schweiz». Da haben sich andere Unternehmen in diesem Jahr schon viel grössere Fauxpas geleistet. Eine Übersicht.

Werbekampagnen sollen auffallen. Im besten Fall wecken sie positive Emotionen und generieren neue Kunden. Nur manchmal kommt die Werbung nicht bei allen so an, wie sie geplant war: Die Migros etwa bezeichnet sich seit vergangener Woche auf Plakaten, in sozialen Netzwerken und in TV-Sports als den «grössten Hofladen der Schweiz».

Der Schweizerische Bauernverband schrieb kurz nach der Lancierung der Kampagne auf der Plattform X: «Echt, Migros? Ihr wollt euch mit fremden (falschen) Federn schmücken? Ziemlich frech, finden wir!»

Die Bauernorganisation Uniterre schreibt in einer Mitteilung: «Wie kann die Migros denken, sie sei ein Hofladen?» Bei einem Hofladen handle es sich um einen Direktverkauf, ohne Zwischenhändler und ermögliche faire Preise. Ganz im Gegensatz zur Migros: «Gewährleistet die Migros den Produzenten kostendeckende Preise? Wir bezweifeln dies stark.»

Ist das ein Shitstorm? Eher nicht. Die Migros hat am Donnerstag trotzdem mitgeteilt, dass sie die Kampagne teilweise stoppe und anpasse. Man habe nicht provozieren wollen, sagte ein Sprecher der Migros.

Von Interdiscount bis Adidas

Hofläden sind in der Schweiz beliebt. In den vergangenen Jahren setzte selbst in den Städten der Trend ein, Produkte von Landwirtschaftsbetrieben aus der nächsten Umgebung zu kaufen. Spätestens seit der Corona-Pandemie bieten Gemüsehändler Abos an, bei denen die Konsumenten wöchentlich regionales Gemüse vor die Haustür geliefert bekommen. Zudem verbreiten sich Selbstbedienungsläden, die regionale Produkte anbieten. Die Bauern profitieren davon, weil sie ihre Produkte zu höheren Preisen verkaufen können.

Die Migros hat mit ihrer Kampagne die Bauern verärgert, weil sie sich mit einer Eigenschaft schmückt, die sie laut den Bauern als Zwischenhändlerin nicht kennzeichnet. Die Migros, so kann man die Kritik lesen, habe versucht, von der Beliebtheit der Hofläden zu profitieren, und würde damit den Bauern noch mehr schaden, als sie es mit ihren tiefen Preisen bereits tue.

Dabei ist die angebliche Marketing-Panne der Migros im Vergleich zu den Pannen anderer Kampagnen von Schweizer und internationalen Unternehmen in den vergangenen Monaten banal.

Vergangene Woche löste der deutsche Sportartikelhersteller Adidas einen weltweiten Shitstorm aus. Adidas engagierte das Model Bella Hadid für die Kampagne für einen neuen Sportschuh, der an das Modell der Sommerolympiade von 1972 in München erinnern soll.

So weit, so normal. Doch an den Olympischen Spielen von München wurden elf Mitglieder des israelischen Teams von palästinensischen Terroristen getötet. Bella Hadid hat palästinensische Wurzeln, gilt als aktivistisch und ist in der Vergangenheit mit antisemitischen Aussagen aufgefallen.

Auf die Kampagne von Adidas folgten heftige Proteste. Adidas schrieb: «Wir sind uns bewusst, dass Verbindungen zu tragischen historischen Ereignissen hergestellt wurden – auch wenn diese völlig unbeabsichtigt sind –, und wir entschuldigen uns für jegliche Verärgerung oder Leid, die dadurch verursacht wurden.»

Dating-Plattform gegen das Zölibat

Dass aufwendige Werbekampagnen gestoppt oder geändert werden müssen, liegt auch an fehlenden Sensibilitäten in den Marketingabteilungen. Für historische Ereignisse, für Sexismus oder schlichtweg für den Zeitgeist. Und manchmal, so wirkt es, sind Marketingabteilungen von ihren Sprüchen dermassen begeistert, dass sie nicht merken, wenn ein Shitstorm direkt um die Ecke lauert.

Eine Kampagne des Elektronikhändlers Interdiscount lässt sich anders nicht erklären. Im vergangenen März veröffentlichte Interdiscount neue Slogans. Einer lautete: «Wir bieten mehr Service als Ihre Ex.»

Interdiscount sagte, dass mit «Ex» nicht die Ex-Partnerin gemeint sei, sondern dies auf die Mitbewerber von Interdiscount abziele, die Verkaufsstandorte schlössen oder sich aus dem Markt zurückzögen. Die Kundinnen und Kunden in den sozialen Netzwerken empfanden den Spruch als sexistisch. Interdiscount entschuldigte sich und entfernte den Slogan.

Und dann war da noch die Kampagne der Dating-Plattform Bumble im Mai. Bumble schmückt sich damit, eine Plattform zu sein, die Frauen vor Sexismus und übergriffigem Verhalten von Männern schützt. Doch die Nutzerzahlen in den USA sinken. Um neue Kundinnen zu gewinnen, wollte Bumble Frauen ansprechen, die dem Daten abgeschworen haben und das Single-Leben bevorzugen.

Und so schrieb Bumble in den USA in Grossbuchstaben auf riesige Werbetafeln: «Sie wissen genau, dass ein Zölibats-Gelübde nicht die Lösung ist.» Und: «Sie sollten das Dating nicht aufgeben und Nonne werden.»

Alleinstehende Amerikanerinnen empfanden die Sprüche als respektlos. Es hiess, Bumble mache sich über die schlechten Dating-Erlebnisse ­der Frauen lustig. Womöglich hat die Kampagne Bumble den Ruf als Frauenversteherin gekostet.

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