Die Bundesanwaltschaft führt ein neues Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Milliardenkredit der Credit Suisse (CS) an Moçambique. Der Skandal brachte das ostafrikanische Land an den Rand des Ruins.
Eigentlich glaubte man bei der UBS, eine der unangenehmsten Altlasten definitiv vom Tisch zu haben. Ein halbes Jahr nach der vom Staat orchestrierten Übernahme der Credit Suisse einigte sich die UBS Ende September 2023 mit Moçambique in einem aussergerichtlichen Vergleich, dessen Einzelheiten nicht offengelegt wurden. CS-Mitarbeiter hatten im ostafrikanischen Land mitgeholfen, Milliardenkredite zu organisieren, die durch nicht deklarierte Staatsgarantien gedeckt waren.
Fast gleichzeitig, am 19. September 2023, eröffnete die Bundesanwaltschaft (BA) aber ein neues Strafverfahren gegen Unbekannt, wie einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss des Bundesstrafgerichts zu entnehmen ist. Und zwar wegen des Verdachts auf Geldwäscherei.
Es geht um eine Zahlung von 7,9 Millionen Dollar mutmasslich deliktischer Herkunft zulasten des Wirtschafts- und Finanzministeriums von Moçambique auf ein bei der CS geführtes Konto, lautend auf eine Firma. Die BA untersucht die Umstände der darauffolgenden Kontoschliessung, ohne dass die Bank eine Geldwäscherei-Verdachtsmeldung erstattete. Infrage kommen mögliche strafrechtsrelevante Unterlassungen oder gegebenenfalls Handlungen unbekannter Mitarbeiter der früheren CS-Gruppe, wie das Bundesstrafgericht schreibt.
Vergeblich mit Anwaltsgeheimnis argumentiert
Im anonymisierten Beschluss werden weder die UBS noch die CS namentlich genannt. Aus der Schilderung des Sachverhalts geht aber eindeutig hervor, dass es um die beiden im Frühling 2023 fusionierten Grossbanken geht. Das neue Verfahren der BA wurde nun bekannt, weil die UBS im Namen von drei Banken der ehemaligen CS-Gruppe die Siegelung von Unterlagen und Angaben beantragte, deren Herausgabe die BA verlangt hatte.
Eine Durchsuchung der Unterlagen sei unzulässig, da ein hinreichender Tatverdacht fehle, begründeten die UBS-Anwälte das Siegelungsgesuch. Zudem stünden dem Eingriff überwiegende Geheimhaltungsinteressen und das Anwaltsgeheimnis entgegen. Darauf müsse sich die Bank berufen können, da die Untersuchung auf eine potenzielle Strafverfolgung der Bank und/oder ihrer Mitarbeitenden abziele. Es gehe auch nicht darum, missbräuchlich ein langwieriges Entsiegelungsverfahren auszulösen.
Das Bundesstrafgericht wies alle Einwände der UBS ab und hielt unter anderem fest: «Die Beschwerdeführerinnen verkennen mit ihrer strafprozessualen Argumentation durchgehend die ihnen als Finanzintermediären vom Gesetzgeber zugeteilte Funktion bei der Abwehr der Geldwäscherei.» Die UBS kann den Beschluss des Bundesstrafgerichts noch vor Bundesgericht anfechten. Auf Anfrage wollte sich die Bank nicht dazu äussern.
Verfahren im Finanzdepartement hängig
Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts enthält eine weitere Neuigkeit: Die Bundesanwaltschaft hat demnach auch Akten einer verwaltungsstrafrechtlichen Untersuchung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) gegen die drei Banken der CS-Gruppe beigezogen. Das EFD äusserte sich auf Anfrage nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens. Es gebe in diesem Zusammenhang kein abgeschlossenes Verwaltungsstrafverfahren. Zu allenfalls laufenden Verfahren gebe man keine Auskunft. Das heisst, dass das im Beschluss des Bundesstrafgerichts erwähnte Verfahren noch im Gang ist.
Denkbar wäre zum Beispiel, dass das EFD die Verletzung der Geldwäschereimeldepflicht ahnden würde. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma war in ihrem Enforcementverfahren unter anderem zum Schluss gekommen, dass die CS im Zusammenhang mit einer über die Bank erfolgten Zahlung von rund acht Millionen Dollar an einen Berater von Moçambique keine Geldwäscherei-Verdachtsmeldung abgesetzt habe.
Ermittlungen auch wegen Korruption
Die Bundesanwaltschaft erklärte auf Anfrage der NZZ, ihr neues, vor Jahresfrist eröffnetes Geldwäschereiverfahren sei auch auf Grundlage von Erkenntnissen des Finma-Enforcementverfahrens eröffnet worden. Zum ersten Verfahren von 2020 gab die BA weiter bekannt, dass diese zunächst gegen Unbekannt geführte Untersuchung im Mai 2022 auf zwei natürliche Personen und auf den Verdacht der Gehilfenschaft zur Bestechung fremder Amtsträger ausgedehnt wurde.
Entgegen dem bereits von der CS im Oktober 2021 angestrebten Schlussstrich – damals mit Bussen und einem Schuldenerlass von insgesamt 475 Millionen Dollar verbunden – sind im Zusammenhang mit dem Moçambique-Skandal also noch immer zwei Geldwäscherei- und Korruptionsverfahren bei der BA und ein Verwaltungsstrafverfahren im EFD hängig. Die BA scheint nach anfänglicher Zurückhaltung – sie wurde erst nach einer Strafanzeige einer NGO tätig – die Schweizer Aspekte der beispiellosen Finanzaffäre inzwischen intensiver aufzuarbeiten. In London und New York sind inzwischen erste Urteile gegen Verantwortliche gefallen, die das ostafrikanische Land ruinierten.
Beschluss BB.2024.99-101 des Bundesstrafgerichts vom 25. 9. 2024.