Montag, Februar 3

Der US-Präsident hat Mexiko, Kanada und China mit hohen Zöllen belegt, Massnahmen gegen die EU sollen folgen. Was der neue Handelskrieg für die Börse bedeutet.

Wer gehofft hatte, dass ein Handelskrieg unter Donald Trump ausbleiben würde, wurde am Wochenende eines Besseren belehrt. Die US-Regierung kündigte an, Zölle in der Höhe von 25 Prozent auf Waren der beiden grössten Handelspartner der USA, Mexiko und Kanada, zu verhängen. Gegen China erhöhte er die Zölle um 10 Prozent.

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Am Montag kündigte Trump zudem an, er wolle auch Güter aus der EU mit Zöllen belasten. Brüssel erklärte, sie werde «entschlossen reagieren», wenn es so weit komme. Auch Mexiko, Kanada und China kündigten Gegenmassnahmen an. Trump stellte zudem Zölle auf Stahl, Kupfer, Aluminium, Halbleiter und Pharmazeutika in Aussicht.

Diese aggressiven Massnahmen habe an den Börsen Angst vor einem globalen Handelskrieg ausgelöst. Europäische Börsen-Indizes wie der DAX oder der französische CAC40 haben am Montagvormittag mit deutlichen Verlusten eröffnet. Auch der Schweizer Leit-Index SMI notierte im roten Bereich. In Asien erlitten mitunter der Nikkei in Tokyo, der Hang Seng in Hongkong und die Börse in Seoul schwere Verluste.

Es ist unklar, wie lange der neue US-Präsident fallende Börsenkurse und einen starken Dollar als Folge der Marktunsicherheit in Kauf nehmen wird. Doch die konsequente Durchsetzung seiner politischen Agenda könnte Investoren das Anlagejahr vermiesen.

Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Folgen des Handelskrieges auf die Finanzmärkte.

Weshalb reagieren die Börsen plötzlich so nervös?

Donald Trump hatte während des Wahlkampfs klargemacht, dass Zölle wie früher zu seiner Handelspolitik gehören würden. Doch in seiner ersten Amtszeit setzte er letztlich nur ein mildes Zoll-Regime ein, das in Europa nur Einzelbranchen betraf. Nun wurden die Märkte auf dem falschen Fuss erwischt, sie rechneten mit einer langsameren Umsetzung. Die ersten Zölle gegen Kanada und Mexiko sollen bereits am Dienstag in Kraft treten.

Gemäss Karsten Junius, Chefökonom bei der Bank Safra Sarasin sind Zölle auf breiter Front, wie sie Trump nun beschlossen hat, die «ökonomisch schlechteste Variante». Gezielte Zölle gegen einzelne Branchen oder Produkte, wie sie in Trump ersten Amtszeit beschloss, würden weniger Schaden anrichten. Auch gingen viele davon aus, dass es wie im Fall Kolumbiens bei Drohungen bleibt und sich der Streit mit Verhandlungen schnell beilegen lässt.

Was bedeuten die Zölle für die Unternehmen, welche Sektoren sind betroffen?

Zölle belasten Unternehmen und schmälern ihre Gewinnaussichten. Höhere Material-Kosten können in der Regel nicht vollständig an die Kunden weitergeben können, der Absatz leidet. Zölle in Höhe von 10 Prozent auf europäische Waren würden nach Schätzungen der Citigroup die Unternehmensgewinne je Aktie um 1 bis 2 Prozent mindern. Die Folge sind, einfach ausgedrückt, tiefere Aktienkurse.

Gemäss Junius dürfte der Handelskrieg die Konjunktur als Ganzes belasten. Betroffen seien besonders Zykliker und Industrie-Unternehmen. Im Auto-Sektor gehören Hersteller wie Stellantis oder Volkswagen zu den Leidtragenden. Der Autobauer stellt rund 65 Prozent der Fahrzeuge, die er in die USA liefert, in Mexiko her. Die Schweizer Börse könnte grundsätzlich etwas weniger leiden, weil sie defensiver ausgerichtet ist, glaubt Junius.

Aber auch Schweizer Unternehmen sind betroffen. Gemäss Einschätzung der Bank Vontobel dürften vor allem Automobilzulieferer oder Unternehmen wie Landis+Gyr, Logitech oder Pierer Mobility negativ beeinflusst werden. Sollten die Zölle mittelfristig zu Verschiebungen in der Lieferkette führen, könnten der Logistiker Kühne+Nagel oder der Warenprüfer SGS aber auch potenzielle Nutzniesser sein.

Der Handelskrieg trifft risikoreiche Werte wie Kryptowährungen generell hart. Die digitale Leitwährung Bitcoin verlor über das Wochenende mehr als 8 Prozent und handelt nun unter 95 000 Dollar. Andere Tokens wie Ether oder Ripple verloren zweistellig. Das als sicherer Hafen geltende Gold hat seinen Höhenflug dagegen fortgesetzt, und wird zusätzlich von Notenbank-Käufen gestützt.

Sollten Anleger jetzt das Portfolio umschichten?

Um jetzt noch schnell Massnahmen im Portfolio zu ergreifen, ist es zu spät. Hätte man gezielt etwas tun wollen, hätte man Aktien, die stark den USA ausgesetzt sind und mit geringer lokaler US-Produktion aus dem Portfolio entfernen können, sagt Thomas Heller, Anlagechef bei der Frankfurter Bankgesellschaft. Doch ob das viel bringt, ist fraglich: Wenn sich die Situation wieder entspanne, sei man ohne diese Titel plötzlich wieder im Nachteil.

Können sich Anleger gegen ein solches Szenario schützen?

Wenn man davon ausgehe, dass der Schaden künftig noch grösser werde als der bisher erlittene, dann könne man das Portfolio über Puts oder Futures absichern, sagt Heller. Doch das birgt auch Nachteile. Wenn man sich für eine Absicherung nach unten entscheide, sei man auch nicht dabei, wenn es zu einer Erholung komme, gibt er zu bedenken.

Wie werden die Notenbanken auf die neuen Zölle reagieren?

Die Zölle gegen die zwei wichtigsten Handelspartner der USA, Mexiko und Kanada, könnte zu einem vorübergehenden Preis-Schock führen. Das könnte die US-Zentralbank Fed daran hindern, ihren eingeschlagenen Kurs sinkender Zinsen fortzusetzen.

Das Fed sei aber auf die Situation vorbereitet und habe Zinssenkungen auch vom politischen Umfeld abhängig gemacht, bemerkt Karsten Junius. «Vorerst ist nicht mit weiteren Zinssenkungen zu rechnen», glaubt er. Doch angesichts der guten konjunkturellen Lage seien Senkungen immer noch möglich.

Eine Zinserhöhung hält er hingegen für weniger wahrscheinlich, weil die Zölle die Konjunktur belasten. Die Zölle würden vorerst wie ein einmaliges Ereignis wirken. Dieses schlage zwar auf die Inflation durch, doch das Fed müsse nur dann mit höheren Zinsen reagieren, wenn es zu Zweitrundeneffekten komme.

Thomas Heller glaubt ebenfalls nicht, dass die Zölle einen erheblichen inflationären Druck ausüben werden. Sie könnten das Preisniveau einmalig etwas anheben. Im nächsten Jahr wäre dieser Effekt wieder verschwunden. Die Zölle wirken also nicht langfristig inflationär. Bei den Zinserwartungen ist bislang keine Veränderung eingepreist. Die Märkte rechnen nicht mit einem anhaltenden Anstieg der Inflation.

Wann muss Trump mit negativen Auswirkungen seines Zoll-Regimes rechnen?

Mit einer starken amerikanischen Wirtschaft im Rücken kann Trump aus einer Position der Stärke agieren. Auch die neuesten US-Konjunkturdaten dürften weiterhin robustes Wachstum signalisieren, während sich die Disinflation fortsetzen dürfte.

Doch gemäss Einschätzung der ZKB muss auch die US-Wirtschaft mit negativen Auswirkungen auf Wachstum und Inflation rechnen, wenn die Zölle länger Bestand haben. Trump irritiere kaum etwas wie ein starker Dollar oder fallende Aktienmärkte. Deshalb gehen die ZKB-Analysten davon aus, dass der Zollstreit auf absehbare Zeit deeskalieren werde.

Auch Heller glaubt, dass Trump früher oder später nachgeben muss. Er könnte bei seinen Forderungen Abstriche machen, wenn er merke, dass die Märkte die Zölle negativ aufnehmen. Der einmalige Anstieg der Inflation werde auch bei seiner Wählerschaft nicht unbemerkt bleiben, zumal er mitunter gewählt wurde, um die Teuerung zu bekämpfen, sagt der Anlageexperte.

Dass sich Trump von der Börse beeinflussen lässt, ist aber nicht sicher. Junius gibt zu bedenken, dass Trump schon im Jahr 2017 während des ersten Handelskonflikts mit China eine längere schlechte Börsenphase in Kauf genommen hat. Die negative Marktreaktion komme für die US-Regierung nicht überraschend: «Es ist ein politisches Kalkül, Trump will diesen Handelskrieg».

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