Donnerstag, Februar 6

Michail Fridman und Pjotr Awen wollen wieder Zugriff auf ihre Vermögen in der EU, Grossbritannien und den USA. Es ist fraglich, ob das gelingt.

Die russischen Geschäftsmänner Michail Fridman und Pjotr Awen haben das Herzstück ihrer einstigen Beteiligungen, die Alfa-Bank und die Versicherungsgesellschaft Alfa Strakhovanie, nach langem Ringen abgestossen. Das berichtete am Donnerstag die «Financial Times», gestützt auf eingesehene Dokumente der Transaktion. Demnach übernahm Andrei Kosogow, ein langjähriger Geschäftspartner der beiden Milliardäre und der dritte verbliebene Eigentümer der beiden Firmen, die Anteile Fridmans und Awens an Russlands grösstem privaten Kreditgeber und dessen Versicherung für umgerechnet 2,5 Milliarden Dollar.

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Ärger über westliche Einschränkungen

Das Geschäft, das bereits im vergangenen Jahr abgewickelt worden sein soll, wollte keiner der drei kommentieren. Es erscheint aber plausibel, zumal seit März 2023 davon die Rede gewesen war und Kosogow ebenfalls der «FT» damals die Kaufabsicht bestätigt hatte.

Der frühere Chef der Investment-Einheit der Bank ist damit vom einst unbedeutendsten Teilhaber zum Mehrheitseigner geworden. Er hatte bereits früher die Anteile von Alexei Kusmitschow und German Chan übernommen. Im Unterschied zu seinen vier Mitstreitern untersteht Kosogow keinen westlichen Sanktionen. Theoretisch läuft er Gefahr, im Zuge des Gewichts, das er durch die Kontrolle der Finanzhäuser gewonnen hat, nun ebenfalls ins Visier der EU, der USA und Grossbritanniens zu geraten.

Fridman und Awen haben ihrerseits mit dem Schritt gerade das Umgekehrte im Sinn: Sie wollen endlich die Sanktionen loswerden, mit denen sie nach Russlands Grossangriff auf die Ukraine zunächst von Grossbritannien – dem damaligen Aufenthaltsort der beiden – und von der Europäischen Union, später auch von den USA belegt worden waren. Auch die Alfa-Bank steht unter Sanktionen der drei Entitäten.

Fridman, geboren und aufgewachsen in der Westukraine und russisch-israelischer Doppelbürger, und Awen, der auch die lettische Staatsbürgerschaft besitzt, hatten sich kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 bitterlich darüber beklagt, auf die Sanktionsliste gesetzt worden zu sein. Damit wurde die Verfügbarkeit über ihr Vermögen eingeschränkt. Sie hatten sofort alle Mandate in der Alfa-Bank und ihrer Beteiligungsgesellschaft Letter One niedergelegt. Kusmitschow und Chan veräusserten bald darauf ihre Anteile an Kosogow.

Russland will Firmen zurückholen

Fridman hatte zu den ersten russischen Geschäftsleuten gehört, die in einer internen Nachricht an die Mitarbeiter den Krieg verurteilten. Die Vorstellung, er, Awen und ihre ebenfalls mit Sanktionen belegten Mitstreiter bei Letter One und Alfa-Bank hätten zum innersten Zirkel um den russischen Präsidenten Wladimir Putin gehört und seien damit in die Entscheidungen um Krieg und Frieden involviert gewesen, hatte Fridman stets als weltfremd zurückgewiesen. Vor dem Gericht der EU hatten er und Awen mit dieser Argumentation 2024 einen Teilerfolg erzielt. Sie blieben aber dennoch auf der Sanktionsliste. Fridman kehrte im vergangenen Herbst nach Moskau zurück, wo ihn die westlichen Sanktionen zumindest im Alltag nicht einschränken.

Dass sich durch den Verkauf ihrer wichtigsten verbliebenen russischen Unternehmensanteile etwas ändert, ist eher unwahrscheinlich. Nur ganz wenigen ist es bis heute gelungen, von diesem Mühlstein am Hals wieder befreit zu werden. Eher noch könnte die Alfa-Bank davon profitieren, dass sie in rein russischen Besitz überführt wurde. Formal gesehen war sie davor von der in Luxemburg domizilierten und auf Zypern registrierten Holding Awens und Fridmans kontrolliert worden, zudem noch von zwei Eigentümern mit doppelter Staatsbürgerschaft. In Zeiten, in denen der russische Staat westliche, «unfreundliche» Besitzverhältnisse einflussreicher Unternehmen zum Vorwand für deren Enteignung nimmt, ist es von Vorteil, eine formal rein russische Firma zu sein.

Wie die «FT» schreibt, hatte die grosse Verzögerung beim Verkauf der Anteile an Kosogow mit der lange ausstehenden Genehmigung durch die zypriotischen Behörden zu tun. Beschleunigt wurde die Übernahme dann durch ein russisches Gesetz, das es dem Staat erlaubt, «wirtschaftlich bedeutsame» Unternehmen zwangsweise von westlichen in russische Jurisdiktionen zu überführen. Auch die Alfa-Bank und Alfa Strakhovanie wurden dazu gezählt. Im vergangenen Mai urteilte ein russisches Gericht zuungunsten der zypriotischen Holding und verfügte, Fridman und Awen könnten frei über ihre Anteile verfügen und brauchten keine Rücksicht auf EU-Erlaubnisse zu nehmen.

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