Dienstag, Oktober 8

Kamala Harris gibt sich angriffig, kampflustig und optimistisch. Sie spricht von Freude und Hoffnung. Und ja, man hat das Gefühl, sie freut sich richtig auf diesen Wahlkampf gegen Donald Trump.

Die Demokraten sind geradezu euphorisch, dass nun Kamala Harris ihre Kandidatin ist. Es ist ein Fieber in der Partei zu spüren, das es wahrscheinlich seit Barack Obama nicht mehr gegeben hat.

Auch die Republikaner stehen voll und ganz hinter ihrem Kandidaten Donald Trump. Die Partei ist so geeint wie nie zuvor, das hat sich sogar seit 2020 noch gesteigert. Die Parteitage der Demokraten und der Republikaner haben gezeigt, dass da zwei ganz kontrastreiche Kandidaten gegeneinanderstehen. Aber es gibt auch einige, vielleicht etwas überraschende, Gemeinsamkeiten.

Am republikanischen Parteitag trat Donald Trump zum ersten Mal seit dem Attentat in Butler, Pennsylvania, das er überlebt hat, auf. Der Anlass hatte fast etwas Religiöses.

«Ich stehe heute allein durch die Gnade des Allmächtigen auf dieser Bühne.»

Die Teilnehmer am Parteitag zeigten sich solidarisch mit Donald Trump, sehr solidarisch. Sie trugen sogar Bandagen am Ohr, um das zu demonstrieren. Donald Trump sprach in seiner Rede davon, wie er fast gestorben war.

«Überall war Blut.»

Und die Menge weinte mit ihm. Er stellte so etwas wie einen Märtyrer dar.

Die Republikaner glauben, dass es eine Art sozialistische Verschwörung gegen sie gibt, und sie wollen «ihr Amerika» bewahren.

«Gebt Amerika nicht auf.»

«Fight, fight, fight» wurde zum grossen Slogan am republikanischen Parteitag.

Ebenso kampflustig sind die Demokraten. In der Partei herrscht eine Euphorie rund um die Kandidatur von Kamala Harris und Tim Walz.

«Wenn wir kämpfen, gewinnen wir.»

Der Parteitag war ein Riesenfest mit Pop-Stars und prominenten Fernsehstars, die aufgetreten sind. Es wurde viel gelacht, es gab auch viel Humor am demokratischen Parteitag.

«Wer sagt ihm denn, dass der Job, um den er sich gerade bewirbt, so ein ‹Job für Schwarze› ist?»

Pop und Rock gab es an beiden Parteitagen, aber die Demokraten konnten ein Staraufgebot mobilisieren, das definitiv grösser war als jenes bei den Republikanern.

«Lasst uns gemeinsam Kamala Harris wählen!»

Unterschiede gibt es auch beim Aufgebot von Rednern und Rednerinnen. Die Republikaner hatten ihren Ex-Präsidenten zum Beispiel nicht auf dem Programm. Es waren vor allem Trump-Anhänger, die auf der Bühne waren, Entertainer und die Familie Trump. Die republikanische Partei ist ganz auf Trump eingestellt. Trump, Trump, Trump – das sind die Republikaner.

Anders ist es bei den Demokraten. Da sind verschiedene Parteigrössen aufgetreten, unter anderem die Ex-Präsidenten mit den ehemaligen First Ladies. Die Obamas waren da, die Clintons waren da. Und ja, auch Joe Biden ist aufgetreten, der Präsident, der seine Kandidatur für Kamala Harris aufgegeben hat.

«Ich war zu jung, um Senator zu sein – noch keine dreissig; jetzt bin ich zu alt, um Präsident zu bleiben. Aber ich habe euch mein Bestes gegeben.»

Es war ein spezieller Moment. So ganz freiwillig ist Joe Biden ja nicht gegangen. Und trotzdem unterstützt er Kamala Harris mit einer feurigen Rede. Das zeigt, wie geeint die Demokraten im Kampf gegen Donald Trump sind.

Das Einzige, was die Eintracht der Demokraten störte, waren die propalästinensischen Proteste in Chicago, die allerdings kleiner ausgefallen sind als erwartet.

Die Demokraten am Parteitag ignorierten diese Proteste. Es traten dann aber die Eltern einer Hamas-Geisel auf, Hersh Goldberg-Polin, der immer noch vermisst ist. Man kann das als proisraelisches Zeichen lesen.

Wir haben also zwei starke Parteien, die geeint hinter ihren Kandidaten stehen. Und auch thematisch gibt es gewisse Überschneidungen, zum Beispiel bei der Wirtschaftspolitik. Da schlagen beide Seiten populistische Töne an.

Donald Trump spricht von «America first». Er will wirtschaftspolitisch die USA schützen, indem er Schutzzölle einführen will. Er verspricht damit Wohlstand.

«Wenn sie nicht einverstanden sind, klatschen wir einen 100- oder 200-prozentigen Zoll auf jedes Auto»

«Gebaut in Amerika, und nur in Amerika.»

Kamala Harris will konsequent gegen die Inflation vorgehen, zum Beispiel, indem sie Preiskontrollen einführt bei Lebensmitteln, die ihrer Ansicht nach zu teuer sind und die Inflation unnötig angetrieben haben.

Solche Markteingriffe, wie Kamala Harris und Donald Trump sie vorschlagen, halten die allermeisten Ökonomen für keine gute Idee.

Mit Tim Walz hat Kamala Harris einen Vizepräsidentschaftskandidaten gewählt, der sehr hemdsärmelig ist, der aus dem Mittleren Westen kommt und der eine Brücke schlagen kann zu den weissen, unabhängigen Wählern im Mittleren Westen.

In seiner Rede versprühte Tim Walz Freude. Und ja, er kann als ehemaliger Footballcoach die Mengen richtig gut motivieren.

«Es ist der letzte Abschnitt, und wir sind im Rückstand, aber wir sind im Angriff und im Ballbesitz.»

Mit J. D. Vance, dem Senator aus Ohio, wählt Donald Trump einen jüngeren und recht angriffigen Kandidaten, der beim harten Kern der Partei gut ankommt.

«Ein Anführer, der sich nicht an multinationale Unternehmen verkauft. Ein Anführer, der Joe Biden und Kamala Harris’ grünen Betrug ablehnt.»

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Demokraten mit Kamala Harris die Freude wiederentdeckt haben und eine Kampfeslust und auch eine Art Humor, eine Leichtigkeit, die sie verloren haben.

Die Republikaner sind vollständig auf Donald Trump eingeschworen und wollen mit «America First»-Parolen und Patriotismus die Wahlen gewinnen.

Amerikanische Parteitage sind vor allem Wohlfühlanlässe für die Basis und die Geldgeber. Da feiert man und ist optimistisch. Aber jetzt beginnt dann erst der heisse Wahlkampf. Man darf gespannt bleiben.

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