Der Bund will das Vorsorgekapital stärker besteuern. Damit wird es noch attraktiver, für den Ruhestand ins Ausland zu ziehen. Selbst ein Umzug nach Deutschland kann sich lohnen.

«Wer zahlt schon gerne Steuern?», so bringt es ein in Thailand lebender Rentner in einer TV-Reportage auf den Punkt. Niemand kann sich dem Fiskus so leicht entziehen wie die Pensionierten. Diesen Vorteil nutzen sie auch fleissig aus. Allein in Thailand leben Tausende Schweizerinnen und Schweizer im Ruhestand. Sie profitieren von einem Sondervisum, für das sie lediglich ein monatliches Einkommen von 1600 Franken nachweisen müssen. Im Gegenzug sind die Rentenzahlungen aus der Heimat völlig steuerfrei.

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Ein Nachteil von Ländern wie Thailand ist ihre mangelnde Rechtssicherheit. So hat eine Ankündigung der Behörden, man prüfe die Aufhebung dieser Privilegien, für Unsicherheit unter den Ausgewanderten gesorgt. Manche sind bereits in andere steuergünstige Länder wie die Philippinen, Vietnam oder Malaysia weitergezogen.

Doch die Gefahr, dass Steuerregeln abrupt geändert werden, beschränkt sich keineswegs auf sogenannte Bananenrepubliken. Auch die Schweizer Regierung hat mit ihrem Plan, höhere Steuern auf dem Kapitalbezug aus der Pensionskasse und der Säule 3a zu verlangen, einen mächtigen Wirbel ausgelöst. All jene, welche bei der Pensionierung ohnehin auswandern wollen, sehen sich in ihrem Vorhaben bestärkt.

Tatsächlich, so bestätigen Steuerexperten, kommt es oft deutlich günstiger, wenn man vor dem Bezug der Vorsorgegelder seinen Wohnsitz ins Ausland verlagert hat. Davon profitieren nicht nur Schweizer Staatsangehörige, die für den Lebensabend wegziehen, sondern ebenso ausländische Arbeitskräfte, welche in ihre Heimat zurückkehren. Gemäss Statistik wohnen 800 000 Rentnerinnen und Rentner ausserhalb der Schweiz – doppelt so viele wie noch vor 20 Jahren.

Die Kaufkraft spricht fürs Auswandern

Kaum jemand werde einzig wegen dieser Steuererhöhung die Schweiz verlassen, betont Marcel Chevrolet. «Doch der Unmut darüber, dass der Bund nun plötzlich die Vorsorgesparer schröpfen will, ist riesig», sagt der Gründer der Firma Chevrolet Consulting. Er sehe die Massnahme daher als Initialzündung, die bei vielen Unentschlossenen zu einem Umdenken führen könne.

Erstens seien die Senioren heute mobiler als früher. Zudem spiele zweitens neben den Steuern auch die Kaufkraft eine wichtige Rolle. Deshalb interessiere das Thema nicht nur die Reichen. «Ich kenne viele Leute, die hart gearbeitet und trotzdem wenig verdient haben. Im Ausland können sie sich dank der höheren Kaufkraft einen besseren Lebensstandard leisten.»

Für solche Personen sei es substanziell, ob sie für den Bezug des PK-Vermögens ein paar zehntausend Franken mehr oder weniger Steuern zahlten, betont Chevrolet. «Der Unterschied macht oft ein halbes oder sogar ein ganzes Jahreseinkommen aus.» Demnächst reise er für Ferien selbst nach Thailand, um einige frühere Kunden zu treffen, die dort nun ein zufriedenes Leben führten.

Doch warum fahren angehende Pensionierte besser, wenn sie die Schweiz verlassen, bevor sie ihr Vorsorgekapital beziehen? Der Grund liegt darin, dass die Kapitalbezugssteuer nur dann Gültigkeit hat, wenn sich der Wohnsitz im Inland befindet. Für alle andern kommt die Quellensteuer zum Einsatz. Und deren Tarife sind in der Regel deutlich tiefer.

Es genügt eine Überweisung nach Schwyz

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die grossen Unterschiede zwischen den kantonalen Steuertarifen. Bei der Kapitalbezugssteuer allerdings kann man nur davon profitieren, wenn man effektiv in einen Tiefsteuerkanton umzieht. Ganz anders bei der Quellensteuer: Dort genügt es, das Vorsorgegeld einem Anbieter im Kanton Schwyz zu überweisen, welcher klar die tiefsten Tarife anbietet.

Ein Beispiel: Wer als Alleinstehender in der Stadt Zürich wohnhaft ist und von der Pensionskasse 1 Million Franken bezieht, zahlt dafür eine Kapitalbezugssteuer von 112 000 Franken – die geplante Erhöhung des Bundes ist darin nicht berücksichtigt. Hat sich dieselbe Person aber ins Ausland abgemeldet und das Geld nach Schwyz transferiert, so wird darauf lediglich eine Quellensteuer von 48 000 Franken fällig. Das bedeutet eine Einsparung von 64 000 Franken. Kommt der Bundesrat mit seinen Plänen durch, so wächst der Spareffekt weiter an.

Womöglich kommt man als Auswanderer aber noch günstiger weg. Das Zauberwort lautet hier: Doppelbesteuerungsabkommen. Philipp Zünd, Steuerexperte und Partner der Beratungsfirma KPMG, erklärt: «Die Schweiz hat mit vielen Ländern eine Vereinbarung getroffen, die es ermöglicht, die bereits bezahlte Quellensteuer zurückzufordern, sofern man sich im neuen Land ordnungsgemäss registriert hat.» In diesem Fall ist ein Transfer in den Kanton Schwyz gar nicht nötig.

Hier lohnt sich also eine genaue Prüfung: Wer beispielsweise in die Steueroase Dubai zieht, erhält die Quellensteuer nicht zurück. Dafür könne die Ersparnis in anderen Ländern, welche sonst eher hohe Steuern verlangten, umso grösser ausfallen, sagt Zünd. Was viele überraschen dürfte: Deutschland sei für Auswanderer, welche die Pensionskassengelder beziehen, oftmals eine sehr attraktive Wahl – nicht nur dank der Rückvergütung der Quellensteuer. Denn Auszahlungen aus PK-Leistungen, die über das gesetzliche Obligatorium hinausgingen, seien beim deutschen Fiskus je nach Situation steuerfrei – was gerade bei Gutverdienern einschenke.

Keine Quellensteuer auf der AHV-Rente

Laut Zünd gibt es etliche europäische Länder, die mit Steuerprivilegien auf zahlungskräftige Rentner abzielen. Während Portugal und Italien ihre Rabatte inzwischen wieder reduziert hätten, habe Griechenland jüngst an Attraktivität gewonnen.

Für AHV-Renten gilt derweil: Die Schweiz erhebt in keinem Fall eine Quellensteuer für ausländische Empfänger – unabhängig davon, ob mit dem Land ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht oder nicht. «Damit privilegiert der Schweizer Fiskus ausgewanderte Rentnerinnen und Rentner bei der AHV», so Zünd. Diese Kulanz kann man laut dem KPMG-Experten durchaus hinterfragen.

Überdies rät Zünd dringend davon ab, eine Auswanderung lediglich vorzutäuschen. «Wer die Schweiz verlässt, muss diesen Schritt konsequent vollziehen. Das bedeutet, dass man höchstens noch für Ferien in die Heimat zurückkehren kann.» Schöpft der Fiskus einmal Verdacht, so kann er allfällige Betrüger dank den hinterlassenen Datenspuren leicht überführen. Dies wurde auch dem früheren Novartis-Manager Daniel Vasella zum Verhängnis, der einen Umzug nach Monaco vorgetäuscht hatte. Die Schweiz bietet eben auch eine hohe Lebensqualität, auf die man als Ausgewanderter verzichten muss.

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