Mittwoch, März 12

Nach zuvor einem einzigen Sieg aus elf Partien ringt der Servette FC den Leader Basel 2:1 nieder und sorgt für einen neuerlichen Zusammenschluss an der Tabellenspitze.

Die «Tribune de Genève» hat dafür gesorgt, dass eine eigenartige Dynamik um den Servette FC entstanden ist. Die Zeitung wurde nicht müde, eine Polemik um Dereck Kutesa herbeizuschreiben, den besten Torschützen der Super League. Die Klubführung dränge den Offensivspieler dazu, ein Angebot von Al-Ahly anzunehmen, dem von Marcel Koller gecoachten Spitzenklub aus Kairo. Der ägyptische Rekordmeister hat so viel Gefallen an Kutesa gefunden, dass er 2,5 Millionen Franken Ablöse bot. Und Kutesa ein Gehalt von mehr als vier Millionen. Netto und pro Saison. Es ist eine Summe, die er in Europa nirgendwo auch annähernd verdienen wird.

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Der Vertrag von Kutesa, 27, läuft Ende Juni aus. Er hat Servette darüber informiert, dass er nicht verlängern und sein Glück noch einmal im Ausland versuchen möchte. Das ist selbstredend sein gutes Recht. Nur: Die Klubführung würde ihren Job nicht machen, würde sie nicht darauf hinweisen, dass eine Ablöse von 2,5 Millionen viereinhalb Monate vor dem Vertragsablauf ein attraktives Geschäft für den Verein wäre. Daraus fehlende Wertschätzung konstruieren zu wollen, so wie es die Lokalmedien taten, ist absurd. Aber natürlich eine dankbare Methode, Zeitungen zu verkaufen und Klicks zu generieren.

Noch wirrer ist es, zu insinuieren, die Chefetage habe es dem Coach Thomas Häberli vorgeschrieben, Kutesa auf der Bank zu belassen. So wie am Mittwoch, beim 3:3 in Sitten. Häberli, 50, ist ein Mann, der in diesen Tagen um seinen Job spielt. Einen einzigen Sieg hatte Servette unter ihm in den letzten elf Partien errungen. Es ist weitgehend unvorstellbar, aus dieser talentierten Mannschaft weniger herauszuholen.

Häberli liess oft jeglichen Mut vermissen und hat im letzten halben Jahr eigentlich nie den Eindruck vermitteln können, der richtige Trainer für diesen ambitionierten Klub zu sein. Zuletzt wirkte er selbst resigniert. Die Diskrepanz zu seinem Vorgänger René Weiler, der Servette im Juni mit dem Cup-Sieg den ersten Titel seit 23 Jahren bescherte, ist augenfällig. Mit Ausnahme von Kutesa ist kein einziger Spieler im Kader in der Ära Häberli besser geworden – im Gegenteil.

Kutesa schwingt sich zum Matchwinner auf – und lässt sich theatralisch feiern

Der Entscheid, Kutesa wie am Sonntag beim 2:1 gegen Basel erst in der Pause einzuwechseln, war etwas, was man von Häberli zu selten gesehen hat: ein Wagnis. Wobei auch zu sagen ist, dass Kutesas stolze Torquote durchaus ihren Preis hat: Er hat bestenfalls eine entfernte Vorstellung davon, was Defensivarbeit bedeutet und wie die eigene Platzhälfte aussieht. Seine Bilanz ist auch das Produkt davon, dass er alle Freiheiten der Welt geniesst.

Vergangenen Mittwoch im Tourbillon brachte Servette sich mit zwei Handspenaltys in den letzten zehn Minuten um den Sieg. Gegen Basel am Sonntag aber ging der Plan auf. Servette feierte mit einem 2:1 einen raren Heimsieg. Kutesa rannte dem nicht zum ersten Mal überforderten Basler Aussenverteidiger Kevin Rüegg um die Ohren. Kutesa bereitete das 1:0 vor und erzielte den zweiten Treffer selbst. Er zog danach sein Trikot aus und liess sich theatralisch feiern. Es fehlte nur noch der bedeutungsschwangere Kuss aufs Klublogo, doch als selbstloser «Clubiste» eignet er sich schlecht: Noch im August hätte er zu gerne ein Angebot aus Saudiarabien angenommen.

Der Sieg, gepaart mit dem Umstand, dass das Transferfenster in Ägypten am Samstag schloss, dürfte dafür sorgen, dass die Gemüter sich beruhigen. Trotz den peniblen Ergebnissen der letzten Monate fehlen Servette nur noch vier Punkte zum Leader Basel.

Basels Captain Xherdan Shaqiri blieb beim dritten Spiel innert Wochenfrist sehr blass

Dieser Leader wirkte in Genf nie wie ein potenzieller Meister. Sondern wie ein arg durchschnittliches Team, das vor allem davon lebt, bei den Standardsituationen sehr viel besser zu sein als die Konkurrenz. Aber für einmal gab es keine Penaltys und keine Freistösse, die Xherdan Shaqiri hätte verwandeln können. Man sah ihn eigentlich kaum – und wenn, dann nur, weil er, mit dem Schiedsrichter hadernd, die Hände verwarf. Es schien, als sei das Pensum von drei Spielen innert acht Tagen zu viel für ihn.

Auch die Basler haben Sorgenkinder im Kader, den Stürmer Albian Ajeti zum Beispiel, der in Genf gesperrt fehlte. Die FCB-Führung sucht einen Abnehmer für ihn, er ist auch Servette angeboten worden. Aber das Geld für Verstärkungen sitzt nicht allzu locker bei Servette, einem Klub, dessen strukturelles Defizit selten bei weniger als sieben Millionen Franken liegt. Und von der Fondation Hans Wilsdorf, der caritativen Stiftung des verstorbenen Rolex-Gründers, gedeckt wird.

Ein Kutesa-Verkauf hätte ebenso andere Verpflichtungen ermöglicht wie ein Transfer des japanischen Rechtsverteidigers Keigo Tsunemoto, der aber in letzter Sekunde verworfen wurde.

Vom Kaderluxus der Young Boys ist Servette weit entfernt, finanziell trennen die Klubs Welten. Und es hilft auch nicht, dass die Genfer Altlasten plagen, die sich nicht von der Lohnliste streichen lassen. Moussa Diallo ist so eine, ein französischer Aussenverteidiger, der letztmals im Mai 2023 in der Liga für Servette auf dem Feld stand. Aber eine Viertelmillion Franken pro Jahr verdient.

Selbst in der Challenge League gab es in den letzten zwei Jahren keinen Abnehmer für ihn; in dieser Spielzeit kommt er nicht einmal bei der zweiten Mannschaft zum Einsatz, in der 1. Liga, wo der ehemalige Aarau- und Thun-Coach Jeff Saibene wirkt. Saibene, 56, wäre ad interim ein möglicher Häberli-Ersatz gewesen.

Diese Rochade ist vom Tisch, für den Moment jedenfalls. Servette schielt wieder nach oben, so schnell geht das in dieser bizarren Super-League-Saison.

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