Donnerstag, Oktober 10

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat zum 22. Mal die Rangliste zur globalen Pressefreiheit veröffentlicht. Die Schweiz verbessert sich um drei Plätze. Das ist aber kein Fortschritt.

Die Lage der Pressefreiheit hat sich weltweit deutlich verschlechtert. Das geht aus der neuen Rangliste zur globalen Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen hervor. In der jährlich aktualisierten Rangliste wird die Situation für Journalisten und Medien in insgesamt 180 Staaten verglichen. Und die Lage ist laut der Organisation in vielen Ländern «besorgniserregend».

Im vergangenen Jahr sei eine Rekordzahl von Ländern mit «katastrophalen Bedingungen» für Journalistinnen und Journalisten registriert worden. Laut der Analyse befinden sich 36 Länder in der schlechtesten Kategorie. «Unabhängige journalistische Arbeit ist in diesen Ländern praktisch unmöglich», schreibt Reporter ohne Grenzen.

Eritrea und Syrien auf den letzten Plätzen

Besonders der Nahe Osten und Nordafrika schneiden schlecht ab. Auch die Türkei, Russland, China und Weissrussland rangieren auf den hintersten Plätzen. Den letzten Platz belegt Eritrea. Die Diktatur von Präsident Isayas Afewerki lasse keine frei zugänglichen Nachrichten und Informationen zu, schreibt Reporter ohne Grenzen. Es gebe lediglich einen unabhängigen und politisch unparteiischen Radiosender. Dieser sende aus dem Exil, das Signal werde in Eritrea oft blockiert.

In Eritrea und Syrien herrscht am wenigsten Pressefreiheit

Punktzahl der Länder im World-Press-Freedom- Index (0–100)

Syrien rangiert auf dem vorletzten Rang. Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs hat sich die ohnehin katastrophale Lage laut Reporter ohne Grenzen weiter verschlechtert. Journalisten seien Einschüchterungen und Gewalt ausgesetzt. Die Regierung verfüge über spezielle Gerichte für Cyberkriminalität und bekämpfe damit die freie Berichterstattung im Internet. Von den neuen syrischen Medien, die von Bürgerjournalisten kurz nach dem Beginn der Aufstände im Jahr 2011 geschaffen wurden, hätten nur wenige überlebt.

Schweiz wieder in den Top Ten

Die weltweiten negativen Entwicklungen bringen die Schweiz wieder in die Top Ten. Sie verbessert sich im Vergleich zum Vorjahr um drei Ränge auf Platz 9. Laut Reporter ohne Grenzen stelle dies aber keinen Fortschritt dar. Die bessere Platzierung spiegle lediglich den Rückgang von drei anderen Ländern, die im Vorjahr vor der Schweiz lagen (Litauen, Osttimor und Liechtenstein).

Die Organisation schreibt in ihrem Lagebericht zur Schweiz: «Die pressefeindlichen Tendenzen in der Gesellschaft nehmen zu, was Zensur oder Selbstzensur fördern kann.» Eine schlechte Bewertung erhält die Schweiz wegen des Bankgeheimnisses, das den Journalismus einschränke. Das Problem der Anwendung der Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über die Banken auf Medienschaffende sei noch immer nicht gelöst. Hinzu komme das Öffentlichkeitsprinzip, das von Verwaltungen immer wieder umgangen werde. Hingegen habe sich die Sicherheit der Medienschaffenden im vergangenen Jahr verbessert.

In Deutschland häuft sich Gewalt gegen Journalisten

Direkt hinter der Schweiz rangiert Deutschland – es verbessert sich im Ranking um elf Plätze. Hingegen bewertet Reporter ohne Grenzen die Sicherheit von Journalisten schlechter als in der Schweiz. Die Zahl der physischen Übergriffe gegen Medienschaffende sei in Deutschland zwar rückläufig, aber immer noch fast dreimal so hoch wie 2019. Im vergangenen Jahr hat Reporter ohne Grenzen in Deutschland 41 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten gezählt.

Die gefährlichsten Orte für Medienschaffende seien politische Versammlungen wie Parteiveranstaltungen, Demonstrationen oder Protestaktionen. Zu Beginn des Jahres 2024 habe sich die Gewalt gegen Medienschaffende wieder gehäuft. Allein für den Monat Januar prüft die Organisation neun Hinweise auf Angriffe gegen Journalisten.

«Superwahljahr» besonders gefährlich

Weltweit spiegelt sich im Bericht von Reporter ohne Grenzen eine zunehmende Zahl von Übergriffen im Umfeld von Wahlen. Die Organisation nennt die Wahlberichterstattung in vielen Ländern als Risiko. Besonders vor und nach Wahlen würden Medienschaffende beschimpft, bedroht oder festgenommen.

Mit Blick auf das «Superwahljahr 2024» – unter anderem stehen in den USA und in Indien Wahlen an – sei dies besonders gefährlich, schreibt Reporter ohne Grenzen. «Demokratische Regierungen müssen sich mehr für den Schutz von Medienschaffenden engagieren.» Die Pressefreiheit sei eine Voraussetzung, um eine informierte Wahlentscheidung treffen zu können.

Skandinavien an der Spitze

Am besten schneiden im Ranking die skandinavischen Länder ab. Norwegen liegt zum achten Mal in Folge auf dem Spitzenplatz. Reporter ohne Grenzen streicht die grosse Unabhängigkeit der Medien in Bezug auf die Politik, den gesetzlichen Schutz der Informationsfreiheit sowie den traditionellen Pluralismus der norwegischen Medienlandschaft hervor.

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