Donnerstag, Oktober 3

Eine von Zürichs Hauptverkehrsachsen steht auf instabilem Untergrund. Neun Jahre nach dem letzten Umbau kündigt sich daher der nächste an.

Seit über 140 Jahren verbindet die Quaibrücke im Zentrum von Zürich den Bürkliplatz und das Bellevue. Die Trams von fünf Linien sowie Tausende Autos, Velofahrer und Fussgänger verkehren täglich darüber, um von einer Seite der Limmat auf die andere zu gelangen. An Grossanlässen wie der Street Parade, dem Silvesterzauber oder dem Züri-Fäscht gehört die Quaibrücke zu den neuralgischen Punkten und ist zum Bersten voll.

Doch die rege genutzte Brücke ist weniger stabil, als man meinen – oder hoffen – würde. Wie die Stadt Zürich am Mittwoch in einer Mitteilung schreibt, sind Fachleute Ende letzten Jahres zum Schluss gekommen, dass die Tragsicherheit des Widerlagers Bürkliplatz «rechnerisch nicht mehr nachgewiesen werden kann und dass es theoretisch jederzeit versagen könnte».

Grund für die nachlassende Tragsicherheit des Widerlagers – also der Teile, die den Übergang zwischen Brücke und Festland bilden – dürfte sein, dass die Brücke nicht auf dem stabilsten Untergrund erstellt wurde. Ihr Fundament besteht aus weicher Seekreide und Schüttungen. Das Widerlager auf der Bürkliplatz-Seite verschiebt sich deshalb um rund einen Millimeter pro Jahr.

Seit den 1990er Jahren werden die Bewegungen der Brücke präzise gemessen und regelmässig beurteilt. Seit einem halben Jahr überwacht die Stadt nicht nur das linksufrige Widerlager, sondern die gesamten Unterbauten der Quaibrücke in Echtzeit – und kann Entwarnung geben: Die Messergebnisse zeigten keine Auffälligkeiten, schreibt die Stadt. «Solche würden automatisch Alarm auslösen.»

Notfallkonzepte sind bereit

Beim Stadtzürcher Tiefbauamt geht man davon aus, dass «ein allfälliges Ereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit frühzeitig erkannt und entsprechend interveniert werden könnte». Will heissen: Ein Einsturz würde sich ankündigen und käme nicht aus heiterem Himmel.

Akute Massnahmen, etwa eine Sperrung der Brücke, seien dementsprechend nicht nötig, sind sich Stadt und Fachleute einig. Street Parade und Silvesterzauber könnten ohne Einschränkung durchgeführt werden. Die Belastung sei bei solchen Grossanlässen vergleichbar mir der unter intensivem Normalbetrieb, heisst es vonseiten der Stadt.

Sollte sich der Zustand des Widerlagers entgegen allen Erwartungen stark verschlechtern und eine Sperrung notwendig werden, würden koordinierte Notfallkonzepte zum Einsatz kommen. «Diese haben die betroffenen Departemente bereits erarbeitet», schreibt die Stadt.

Sanierungsumfang ist noch unklar

Mit einer blossen Überwachung der Bewegung ist es aber nicht getan. Um die Tragsicherheit der Quaibrücke langfristig zu gewährleisten, haben im April Projektierungsarbeiten für eine Sanierung begonnen. Ob dabei nur das Widerlager oder auch andere Brückenteile erneuert werden müssen und in welchem Umfang, kann laut der Stadt noch nicht gesagt werden.

2021 hatte der Stadtrat einen Kredit von 5,3 Millionen Franken genehmigt, um unter anderem mehr über die Ursachen für die fortschreitende Bewegung des Widerlagers beim Bürkliplatz herauszufinden. Letzten Dezember erhöhte der Stadtrat den Kredit um rund 500 000 Franken.

Die letzte umfassende Erneuerung der Quaibrücke ist neun Jahre her. Für gut 20 Millionen Franken wurde die Brücke damals einen Meter breiter gemacht, um Velo- und Fussverkehr zu entflechten.

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