Montag, September 30

Ein 33-jähriger Schweizer wurde wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt. Nun hat er erfolgreich gegen die Auferlegung der Räumungskosten seiner Hanf-Indooranlage geklagt.

Dass ein wegen Drogendelikten Verurteilter die Kosten der Räumung seiner illegalen Hanf-Indooranlage selber bezahlen muss, erachtet ein Laie wohl als selbstverständlich.

Nachlässigkeiten von Behörden können allerdings im Dschungel von Justizverfahren zu Entscheiden führen, die nicht wirklich dem Rechtsempfinden des Durchschnittsbürgers entsprechen, wie ein neues Urteil des Obergerichts zeigt.

Das Bezirksgericht Dietikon sprach einen heute 33-jährigen Schweizer am 11. Januar 2023 wegen mehrfachen Vergehens und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes schuldig. Ihm wurden die Kosten der Untersuchung von 2100 Franken und des gerichtlichen Verfahrens von 1500 Franken auferlegt. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.

Fünf Tage später, am 16. Januar 2023, sandte eine Firma, die mit der Räumung und Vernichtung der Hanf-Indooranlage des Beschuldigten beauftragt war, dem Bezirksgericht Dietikon eine Rechnung in der Höhe von 11 084 Franken und 85 Rappen dafür zu. Die Räumung hatte allerdings schon im Mai 2022 stattgefunden.

Das Bezirksgericht Dietikon fällte am 25. Mai 2023 ein weiteres Urteil als Nachtrag zum Urteil vom 11. Januar 2023 und auferlegte dem Beschuldigten nun zusätzlich zu den ihm bereits im Januar verrechneten Kosten auch die Räumungskosten. Zudem sollte er auch die Entscheidgebühr des zusätzlichen neuen Entscheids von 600 Franken bezahlen.

Fehlender Vorbehalt im ersten Urteil

Gegen dieses Nachtragsurteil legte der Beschuldigte Berufung ein. Die Staatsanwaltschaft beantragte dessen Bestätigung. Das Obergericht führte dann das weitere Verfahren – wie in solchen Fällen üblich –schriftlich ohne mündliche Verhandlung durch. Es hat seinen Entscheid nun veröffentlicht.

Aus dem schriftlichen Urteil geht hervor, dass das Bezirksgericht Dietikon die Auferlegung der nachträglichen Kosten für die Entsorgung zusammengefasst damit begründete, es handle sich um Kosten im Sinne von § 59 lit. a des Polizeigesetzes des Kantons Zürich und damit um Verfahrenskosten gemäss Artikel 422 der Strafprozessordnung, die der Beschuldigte als Inhaber der Hanf-Indooranlage und aufgrund seiner Verurteilung zu tragen habe.

Der Beschuldigte liess mit seiner Berufungsbegründung hingegen geltend machen, im Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom Januar 2023 sei über die Verfahrenskosten abschliessend befunden und auf einen Vorbehalt allfälliger nachträglicher Kosten verzichtet worden. Diese Kostenfolgen seien rechtskräftig und könnten nicht im Rahmen eines selbständigen nachträglichen Entscheids berichtigt werden.

Die Kosten im Zusammenhang mit der Räumung der Hanfanlage im Mai 2022 seien offensichtlich schon vor dem Urteilszeitpunkt im Januar 2023 bekannt gewesen oder hätten bei sorgfältiger Überprüfung der Verfahrenskosten bereits bekannt sein müssen. Deshalb wäre es den Strafverfolgungsbehörden ohne weiteres möglich gewesen, über diese Räumungskosten im erstinstanzlichen Urteil zu befinden oder zumindest eine spätere Forderung gegenüber dem Beschuldigten vorzubehalten.

Dem Nachtragsurteil vom 25. Mai 2023 fehle es an der rechtlichen Grundlage, so der Berufungskläger. Deshalb sei es aufzuheben. Seine Verteidigung machte zudem geltend, bei den Kosten der Räumung handle es sich um eine Entschädigung an Dritte. Der Firma wäre es ohne weiteres zumutbar gewesen, ihre Forderung nach der Räumung geltend zu machen. Und es wäre Aufgabe der Staatsanwaltschaft gewesen, die Firma auf ihren Entschädigungsanspruch hinzuweisen.

Nachträgliche Berichtigung nicht gesetzeskonform

Das Obergericht kommt in seinem Urteil nun zum Schluss, dass der Beschuldigte insbesondere aufgrund des fehlenden Vorbehalts im Nachgang zum Urteil vom 11. Januar 2023 nach Treu und Glauben nicht mit zusätzlichen Kosten in der ihm von der Vorinstanz auferlegten Höhe rechnen musste. Solche Räumungsarbeiten würden in der Regel von der Polizei besorgt und im Rahmen der Gebührenfestsetzung oder von zusätzlichen polizeilichen Auslagen berücksichtigt.

Die nachträglichen Kosten der Entsorgung der Hanf-Indooranlage durch die Drittfirma könnten deshalb nicht dem Beschuldigten auferlegt werden und seien demnach auf die Gerichtskasse zu nehmen.

Die 11 000 Franken bezahlt nun also der Staat. Auch die Gerichtsgebühr von 600 Franken des Entscheids vom Mai 2023 und die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für das Berufungsverfahren in der Höhe von 1614 Franken und 70 Rappen werden auf die Gerichtskasse genommen.

Urteil SB230388 vom 21. 6. 2024, noch nicht rechtskräftig.

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